Darf man als Katholik patriotisch sein?

Fragestellung. Auf der gesellschaftlich-politischen Diskussionsebene des letzten Jahrzehnts tauchte in Deutschland immer wieder mal die Frage nach der Erlaubtheit und dem Maß der Identifikation mit dem eigenen Land auf. Einmal, im Jahr 2006 während der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland, fragte man sich, ob man denn bedenkenlos die deutsche Fahne aushängen oder wehen dürfe. Ein anderes Mal entstand bei uns die kontroverse Diskussion nach der christlichen Leitkultur, ob man diese als solche zunächst überhaupt artikulieren und dann auch den ausländischen Zuwanderern gesellschaftlich-politisch zur Orientierung dringend anempfehlen dürfe. Und zuletzt, Ende 2014, flammten analoge Fragen deutschland- und europaweit im Zusammenhang mit der ursprünglich in Dresden entstandenen PEGIDA-Bewegung auf, die u.a. auch für Inhalte eintritt, welche ja schon in ihrem Name selbst deutlich Erwähnung finden: Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes.
Als gemeinsame Wurzel aller dieser Phänomene erscheint die Frage nach dem Patriotismus, ob denn dieser als solcher grundsätzlich zulässig sei und man stolz auf sein Land, auf dessen Leistungen und Geschichte sein dürfe.
Nein, hieß und heißt es in vielen mainstream-konformen Blättern, Parteiversammlungen und leider auch von nicht wenigen Kanzeln herab völlig undifferenziert, Patriotismus sei als solcher immer “Ausgrenzung” anderer Menschen, weil gewisse Hervorhebung einer Nation, und somit grundsätzlich eindeutig böse. Auch ein katholischer Christ dürfe nicht einmal ansatzweise in diese Richtung denken (als ob das Christentum und seine Prinzipien allein genügen würden, wird da gemeint), sondern sich durch fremde Religionen und Kulturen bitte nur “bereichert” fühlen, ohne welche ihm etwas Wesentliches fehlen müsste.
“Patriotismus” aus katholischer Sicht. Wie ist also aus christlich-katholischer Sicht der Begriff “Patriotismus” zu bewerten? Darf man überhaupt ein “Patriot” sein oder vertritt man dann gegebenenfalls sofort ein Gedankengut, welches etwa auch dem Christentum diametral entgegenstehen und den betreffenden Menschen sogar zu einem rassistischen Rechtsradikalen machen würde? Wird uns dies ja heute sowohl durch unsere liberalen Medien als auch nicht wenige der „Kirchenvertreter“ massiv suggeriert.
Nun, sprachlich leitet sich der Begriff “Patriotismus” vom lateinischen Wort “patria”- “Vaterland” ab. Und dieses führt auf das Wort “pater” - “Vater” zurück. Somit bedeutet “Patriotismus” in der Logik der Sprache selbst so viel wie die Liebe zum eigenen Vater, zu den eigenen Eltern und in der logischen Folge auch zu seiner Großfamilie und seinem Volk - eben zu seinem Vaterland! Ist ja die eigene Familie und das Volk als ein Teil unserer Identität sehr prägend für uns alle, das geistige Nest halt, in welches hinein wir geboren und aus welchem heraus wir dann sozusagen flügge werden!
Und diese Liebe ist nicht möglich, ohne dass man sich in einem bestimmten Umfang bzw. bis zu einem bestimmten Grad mit seiner Familie und deren Geschichte identifiziert. Somit teilt man dann logischerweise auch gemeinsam die moralischen Grundwerte, worauf sich die eigene Familie und Sippe bzw. das eigene Volk, welches ja einen ähnlichen geistigen und gesellschaftlich-historischen Hintergrund hat, als eine konkrete Schicksalsgemeinschaft von Menschen in der eigenen Umgebung stützen bzw. was ihr gemeinsames geistiges Fundament bildet. Sollte es eine solche wenigstens teilweise Identifikation der Grundwerte in einer Familie oder einem Volk nicht geben, sind die einzelnen Mitglieder derselben nicht hinreichend miteinander verbunden und zerfallen als Gemeinschaft früher oder später bei Auftreten von Krisensituationen.
Grundgelegt ist dieses christliche Verständnis von “Patriotismus” eigentlich schon im 4. Gebot Gottes, welches uns ja dringend ans Herz legt, “Vater und Mutter (zu) ehren”! Die eigenen Eltern “ehren” bedeutet aber, nicht nur sie selbst als Privatpersonen zu achten bzw. ihnen gesunden Gehorsam und den ihnen schuldigen Respekt entgegenzubringen, sondern auch all dem mit Hochachtung zu begegnen, was deren eigene geistige Welt ausmacht. Wer in seiner Kindheit die elterliche Liebe und Geborgenheit und den Schutz in der Familie erfahren hat, wertet dies meistens als sehr positiv bzw. will diese Werte dann auch selbst als Erwachsener leben bzw. seinen eigenen Kindern weitergeben. Das ist eben das starke Identifikations- und Verbindungselement einer Familie und eines Volkes! Daraus erwächst dann der gesunde Patriotismus als die Liebe zu seiner Familie bzw. dem eigenen Vaterland.
Ein Mensch aber, der in seiner Kindheit entweder keine genügende Liebe seitens seiner Eltern erfahren hat oder dann später selbst irgendwie gegen das Elternhaus rebelliert und sich in der Folge vielleicht auch noch vom christlich-katholischen Glauben als der religiösen Komponente lossagt, ist irgendwie entwurzelt und somit umso stärker für Verirrungen substanzieller Art anfällig. Es wäre höchst interessant zu untersuchen, um wie viel häufiger sich jene Leute gegen traditionelle familiäre und christliche Werte aussprechen, die die betreffende Liebe der Eltern und die Geborgenheit einer gesunden Familie selbst nicht erfahren konnten, im Vergleich zu denen halt, die das betreffende Glück sehr wohl hatten.
Es ist also erkennbar, dass die geistigen Wurzeln einer Familie und eines Volkes zu den elementaren Bestandteilen eines gesunden Patriotismus gehört. Somit ist der “Patriotismus” eines Katholiken ohne die Bejahung der christlich-katholischen Wurzeln, auf welchen seine Heimat aufgebaut und gewachsen ist, nicht wirklich möglich. Allerwenigstens muss da vorausgesetzt werden, dass die entsprechenden christlichen Wurzeln Deutschlands und Europas sowohl grundsätzlich Respekt als auch in der Praxis bevorzugte Berücksichtigung erfahren.
Diese Liebe zu und die Identifikation mit den eigenen familiären und völkischen geistigen Wurzeln führen im nächsten logischen Schritt zum ehrlichen Wunsch, dieses geistige Vaterhaus bzw. Vaterland solle unbedingt sowohl grundsätzlich erhalten als auch vor Gefahren von innen wie von außen beschützt werden! Wie z.B. jeder Vater seine Familienangehörigen und Kinder nur dann wirklich liebt, wenn er bereit ist, sie notfalls auch vor jeglichem inneren Übel wie äußeren Gegner zu beschützen, so ist auch ein christlicher Patriot, der diesen Namen verdient, vital daran interessiert, die christliche Identität seiner Familie und seines Volkes zu bewahren, zu schützen und sogar noch weiter auszubauen. Auf keinen Fall kann sich ein echter Patriot damit abfinden, dass die christliche Identität seines Vaterlandes leichtfertig auf Spiel gesetzt, geleugnet geschweige denn abgeschafft würden! Man macht sich Sorgen um seine Familie und Volk und leidet mit ihnen gegebenenfalls auch stark mit.
Umso mehr muss er dann aber auch die Verpflichtung verspüren, selbst die im eigenen Vaterland entstehenden oder entstandenen Probleme zur Sprache zu bringen bzw. vernünftige Kritik an den betreffenden Missständen zu üben. Wie ein Freund eigentlich der erste sein sollte, um seinen Freund besorgt zu sein und ihn auf vernünftige Weise auf dessen Fehler aufmerksam zu machen, so führt auch die sogenannte Selbstkritik eines seine Familie und sein Volk liebenden Menschen eher zur positiven Korrektur der Zustände, als wenn sie von außen, geschweige denn von erklärten Gegnern kommen sollte. Eben das aufrichtige Interesse um das Wohlergehen und die ehrliche Sorge um die Zukunft des eigenen Landes veranlasst einen Patrioten, im Bedarfsfall als erster konstruktive Kritik zu üben. Denn der Außenstehende geschweige denn Gegner lässt sich wohl eher hinreißen, destruktive, zerstörerische Kritik auf seinen Konkurrenten niederprasseln zu lassen.
Man beachte, dass das christliche Verständnis von Patriotismus letzten Endes nicht auf den Unterschieden zwischen den verschiedenen Nationen oder Rassen basiert, sondern entscheidend auf der Gemeinsamkeit der geistigen Glaubenswurzeln aufgebaut ist! Selbstverständlich sind wir alle unseren jeweiligen Landleuten besonders verbunden, also solchen Menschen, die zunächst einmal derselben ethnischen Abstammung sind wie wir. In der Regel verbindet uns dann auch dieselbe Geschichte bzw. dasselbe historische Schicksal. Daran ist insofern absolut nichts Verwerfliches - jedes Volk und jede Nation dieser Welt fühlt sich darin verbunden.
Dennoch ist auch festzustellen, dass der gesunde Patriotismus absolut nichts mit Hass oder etwa einer grundsätzlichen Ablehnung von Menschen anderer Sippen, Nationalitäten, Rassen oder auch Religionen als solchen zu tun hat! Ein Christ darf grundsätzlich nie Hass empfinden - und wie Jesus lehrt, nicht einmal seinem ärgsten Feind gegenüber! Der Patriotismus gründet in erster Linie nicht auf den gerade erwähnten und ja doch tatsächlich bestehenden Unterschieden in der Menschheit. Nein, er findet seine eigentliche Begründung in der besonderen Verbindung zu den eigenen Eltern und Geschwistern, zu den Mitgliedern der eigenen Verwandtschaft und des eigenen Volkes!
So ist es doch ausdrücklich gesunde Lehre des Evangeliums Jesu Christi, vom Prinzip her allen Menschen mit einem jeweils angebrachten und somit gerechten und vernünftigen Maß an Liebe zu begegnen. Und dennoch lehrt der hl. Apostel Paulus: “So lasst uns denn, solange wir noch Zeit haben, allen Gutes erweisen, besonders aber den Glaubensgenossen.” (Gal 6,10) Ja, alle sollen unsere Güte und Hilfsbereitschaft erfahren, sollte dazu ein konkreter Anlass auftreten. Aber dennoch gibt es Menschen, die einem aufgrund von Verwandtschaft, Freundschaft, Liebe, Abstammung, Nation, Volk, Geschichte oder auch Glaube in bestimmter Weise noch näher stehen bzw. mit denen man sich noch stärker verbunden fühlt, für die man dann über das allgemeine Maß hinaus eben eine zusätzliche Verantwortung und Verpflichtung hat und denen gegenüber man somit mit erhöhter Aufmerksamkeit begegnen muss.
Keiner will und wird wohl bestreiten, dass Jesus alle Menschen liebte und für alle gleichermaßen Sein Leben zum Zweck deren Erlösung hingegeben hat. Und in Joh 13,1 erfahren wir, dass Jesus alle Seiner Jünger und Apostel liebte. Und dennoch ist in Joh 13,23 die Rede von einem “Seiner Jünger, der, den Jesus liebte, bei Tisch an der Brust Jesu lag”. Von demselben Jünger, in dem wir ja den Apostel Johannes erkennen, wird auch in Joh 20,2 gesprochen, indem berichtet wird, dass Maria Magdalena “zu Petrus und zu dem anderen Jünger, den Jesus liebte, eilig lief”. Und während der Erscheinung Jesu am See Tiberias wird derselbe Jünger erwähnt als “jener Jünger, den Jesus liebhatte” (Joh 20,7). Dieselbe Bemerkung in Bezug auf Johannes finden wir auch in Joh 21,20. Also fühlte sich sogar auch Jesus bei unbestreitbarer grenzenloser Liebe zu allen Menschen, für die eben sein selbstloses Opfer am Kreuz galt, zu einigen Menschen persönlich-emotional noch mehr verbunden.
Daher ist es höchst ungerecht, den Patriotismus als eine gesunde Liebe zu seinem Vaterland und besondere Verbundenheit mit seiner Familie, seinem Volk und seiner Nation generell zu diskreditieren und als sittlich negativ darzustellen. Vorausgesetzt natürlich, man behandelt selbstverständlich auch alle anderen Menschen entsprechend anständig. Wie sich Jesus bei Seiner besonderen Beziehung zu Johannes oder auch zu Seiner Mutter Maria nicht vom Prinzip “entweder - oder”, sondern vom Grundsatz “sowohl - als auch” leiten ließ, so muss dieses Gebot selbstverständlich auch für uns unbedingt gelten!
Man beachte, dass gerade das Christentum und die katholische Kirche insofern den Rassismus als schwer sündhaftes Ausgrenzen bzw. als grundsätzliche Ablehnung und Diskriminierung von Menschen anderer Nationen und Rassen verurteilten und letztendlich vom Prinzip her auch überwanden, dass in der Kirche (im Unterschied zum Judentum, welches auf dem biologischen Abstammungsprinzip aufgebaut ist) der Primat des Glaubens über alle möglichen Fragen nach der Nationalität, Ethnie oder Rasse steht! Sofern ein Mensch den katholischen Glauben teilt und gültig getauft worden ist, ist er wie jeder andere Katholik ein gleichwertiges Mitglied der katholischen Kirche - also völlig unabhängig von der Frage nach irgendeiner Abstammung oder Hautfarbe! Die katholische Kirche ist die am allermeisten internationale Organisation auf dieser Welt, und zwar seit zweitausend Jahren!
Somit richtet sich die christlich-katholische Definition von Patriotismus als wesentlicher Bestandteil fast schon mehr auf die Gemeinsamkeit im Glauben und der geistigen Haltung als auf national-ethnische Unterscheidung. Einem Katholiken sind alle Brüder und Schwestern, die denselben Glauben bekennen und an denselben Sakramenten teilnehmen, welchem Land sie dann auch entstammen, welche konkrete Lebensgeschichte sie mitbringen oder welche Hautfarbe auch immer sie haben sollten!
Gerade katholische Priester, die in verschiedenen Ländern pastoral tätig sind bzw. aus seelsorglichen Gründen mit Menschen verschiedenster Völker und Nationen zusammenkommen, erleben diese wunderbare Katholizität des Christentums in ganz besonderer Weise! Man liebt sein Land und Volk und fühlt sich ihm besonders verbunden. Gleichzeitig (sowohl - als auch!) fühlt man stark auch mit den eigenen Glaubensgenossen in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten mit und begegnet ihnen als geistigen Brüdern und Schwestern, als einer echten Familie im Glauben! Und zuletzt wünscht man in aller Aufrichtigkeit natürlich auch allen anderen Menschen nur das Beste und ist bereit, ihnen im Bedarfsfall im Maße der eigenen Möglichkeiten beizustehen.
Ergebnis. Eine gesunde Vaterlandsliebe ist zunächst schon einmal auf der Ebene der Natur und der natürlichen familiären Bindung der Menschen untereinander begründet und fordert Solidarität und Mitgefühl mit dem Nächsten im eigenen Volk und Land. So kann der Patriotismus auch ohne das Christentum und zwar aus dem Naturrecht abgeleitet und eben als natürliche Tugend begründet werden. Denn selbstverständlich kann z.B. auch ein Chinese oder Iraner, die mehrheitlich keine Christen sind, eine vernünftige Vaterlandsliebe entwickeln und praktizieren, wobei dann die Menschen anderer Völker und Rassen sehr wohl respektvoll behandelt werden.
Aber diese natürliche Ebene der Schöpfung kann auch auf diesem Gebiet durch das Christentum und die heilende und erlösende Gnade Jesu Christi eine solche übernatürliche Erhebung zur Tugend in Christus und im Glauben erfahren, dass sich dann in der geordneten Liebe des Menschen zu seiner irdischen Heimat auch seine echte Liebe zu Gott widerspiegeln lassen kann bzw. sich daraus die übernatürliche Verpflichtung zur verstärkten Bemühung um die richtige moralische Ausrichtung seiner jeweiligen irdischen Heimat ableiten lässt! Zugleich lässt ein Christ auch nicht die folgenden eindringlichen Worte des hl. Apostels Paulus aus den Augen: „Denn durch den Glauben seid ihr alle in Christus Jesus Kinder Gottes. Ihr alle, die ihr auf Christus getauft sei, habt Christus angezogen. Da gilt nicht mehr Jude oder Heide, nicht mehr Knecht oder Freier, nicht mehr Mann oder Weib. Ihr seid alle einer in Christus Jesus.“ (Gal 3,26-29.) Ebenso vergisst er nicht die große Wahrheit, dass unsere wahre und eigentliche „Heimat aber im Himmel ist“ (Phil 3,20).
Somit steht der gesunde Patriotismus nicht nur im völligen Einklang mit dem katholischen Glauben, sondern entströmt diesem sogar als logische Folge. Interessant ist auch, was die katholische Moraltheologie zu diesem Themenbereich sagt, wobei das folgende Zitat die kirchliche Lehre lediglich komprimiert widergibt: “1. Vaterlandsliebe gründet in der Verbundenheit mit den gottgegebenen Faktoren von Scholle, Boden, Heimat, Blut, Geschlechterfolge, Volk, Nation und Staat. ... Vaterlandsliebe ist eine Ehrfurchthaltung gegenüber dem Ewigen, das hinter den sichtbaren Werten aufleuchtet. Aus dieser natürlichen und religiösen Verbundenheit heraus wird sie zur Haltung der Anhänglichkeit und Opferbereitschaft. Über bloßen Gehorsam hinauswachsend ist sie die sittliche Bereitschaft besonders in Zeiten großer Not und Bedrohung, unter persönlichen Opfern für das Gemeinsame einzustehen. Echte Vaterlandsliebe will überzeugt und frei von irdischen Gütern hingeben und tapfer das Leben für das Gemeinwohl einsetzen.
2. Vaterlandsliebe als Opferbereitschaft für das Gemeinwohl ist sittliche Pflicht. Es geht hier nicht um schwankende politische Gefühle oder sentimentale Stimmungen. Hinter dem Staat steht die exousia (Herrschaft – Anm.) Gottes. Boden und Volk sind göttliche Gegebenheiten. Jedes Staatsvolk, das seine höchsten sittlichen Werte und heiligsten Güter retten und in die Zukunft tragen will, muss zu überdurchschnittlichen Opfern und Leistungen bereit sein. Nach Leo XIII. (Enz. Sap. Christ. vom 10.1.1890) fordert das Naturrecht, das Vaterland zu lieben und selbst das Leben dafür einzusetzen. Auch der Wehrwille muss Ausdruck der Opferbereitschaft für das Gemeinwohl sein.” (Stelzenberger, J., Lehrbuch der Moraltheologie. Ferdinand Schöningh 1965, S. 358.)
Das Problem des Westens. Wenn Patriotismus in der Liebe zu und der Identifikation mit der eigenen Familie, Nation und geistigen Heimat liegt, dann ist es durchaus legitim, sich auch Gedanken um die Zukunft des eigenen Vaterlandes (über einige wenige Jahre hinaus) bzw. eventuell Sorgen um seinen Bestand und sein Wohlergehen zu machen. Wer etwas liebt, will es erhalten und auf keinen Fall fahrlässig aufs Spiel setzen.
Wenn wir auf die gegenwärtige Zuwanderungsproblematik schauen, die in Deutschland und in einer ganzen Reihe von anderen europäischen Staaten in der Zwischenzeit doch ziemlich akut geworden ist, und dabei auch die in den letzten beiden Jahren sprunghaft angestiegenen Zahlen von (Wirtschafts- oder politischen) Flüchtlingen aus vor allem moslemischen Ländern berücksichtigen, dann wäre man ja schon geradezu schuldhaft naiv, wollte man leugnen, dass nicht wenige europäische Länder nicht nur schon jetzt vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen stehen, sondern zunehmend vor eine richtige Zerreißprobe gestellt werden.
Und da wundert es einen schon nicht wenig, dass die Begriffe „Vaterland“, „Patriotismus“ und „Christentum“ nicht nur nicht zum Sprachgebrauch und der Agenda der systemkonformen Parteien gehören, sondern sogar energisch bekämpft werden. Es ist nicht nur blauäugig, sondern letztendlich sogar in geistiger Hinsicht suizidal für das vom Christentum geprägte Abendland und seine Identität, wenn da von den eigenen Bürgern immer nur unter Drohung gesellschaftlicher Ausgrenzung einseitig verlangt wird, „Respekt“ und „Toleranz“ sämtlichen anderen Kulturen und Religionen gegenüber zu erweisen, statt dass man gerade andersrum im jeweiligen eigenen Land sowohl die jeweilige Kultur in den Vordergrund stellt als auch (auch und gerade von Zuwanderern) vor allem Respekt und Achtung vor dem die geistigen Wurzeln Europas ausmachenden Christentum einfordert! Wenn jemand in ein Haus als Gast eingeladen wird, darf er noch lange nicht die Bräuche und Gepflogenheiten seiner Gastgeber missachten, geschweige denn den betreffenden vielleicht sogar sehr großzügigen Gastgebern seine eigenen Sitten und Gebräuche aufzwingen. Denn sonst weist jeder Hausvater einem solchen frechen Gast die Tür und lässt ihn nie mehr herein.
Im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lk 10,30-37) kritisiert Jesus einen „Priester“ und einen „Leviten“, die an einem unter die Räuber gefallenen und halbtoten Mann teilnahmslos vorübergingen. Dagegen wird „ein Samariter“ gelobt, der, „von Mitleid gerührt“, sich des Verwundeten annahm, seine Wunden verarztete, in eine Herberge brachte und dem betreffenden Wirt Geld für die Pflege des Leidenden gab.
Ja, wir als Christen haben die Pflicht, notleidenden Menschen im Rahmen des für uns möglichen zu helfen. Nächstenliebe als Ausfluss der Gottesliebe! Nur bedeutet das nicht, dass wir sie dann alle und vor allem dauerhaft (!) in unser eigenes Haus (im etwas weiteren Sinn des Wortes) aufnehmen müssten und ihnen dabei keine Verhaltensregeln auferlegen dürften, an die sie sich bitte zu halten hätten. Es ist nämlich sehr wohl Ausdruck einer natürlichen und gesunden Liebe der Eltern, sich zuerst um die eigenen Kinder zu kümmern und für ihr vernünftiges Auskommen bzw. für ihr Wohlergehen zu sorgen. Und von dem, was dann vernünftigerweise erübrigt werden kann, soll nach Möglichkeit unbedingt auch die Not anderer Menschen gelindert werden!
Der sowjetische Kommunismus, in welchem eine Reihe der von der Geburt und der Natur gegebenen Unterschiede zwischen Menschen ideologisch ignoriert worden ist und alle Bürger von der Idee her praktisch in jeglicher Hinsicht zwangsweise über einen Kamm geschoren werden sollten, hat im 20. Jahrhundert viel Leid verursacht und dann historisch letztendlich jämmerlich versagt! Ist es denn dann ein Zufall gewesen, dass jede der zwangsweise in die Sowjetunion einverleibte und national anders geprägte Republik sofort ihre eigene Unabhängigkeit und somit Eigenständigkeit erklärt hatte, als sie das nur konnte? Ob das nicht als ein historischer Fingerzeig für die ebenfalls von einer falschen Ideologie geprägten „Vereinigungswut“ und „Völkermixturen“ europäischer liberaler Eliten aufgefasst werden kann…
Jener Samariter hat dem Verwundeten sehr wohl selbstlos geholfen, aber eben auf die eigenen Beine zu kommen und dann genesen bezeichnenderweise in sein eigenes Vaterland und Vaterhaus zurückzukehren! Nirgendwo lässt sich im Evangelium und dem Neuen Testament irgendeine Stelle finden, in welcher etwa der Aufhebung der familiären, kulturellen oder nationalen Identität des Menschen und der Völker das Wort geredet würde! Durch den christlichen Glauben und die Taufe sind zwar alle Christen miteinander geistig verwandt, bleiben aber in gewisser gesunder Hinsicht trotzdem Angehörige einer bestimmten Familie, eines bestimmten Volkes und Landes und dürfen somit sehr wohl auch deren Patrioten sein! Daran ist absolut nichts Verwerfliches – dies ist sogar ganz normal und natürlich.
Und vor allem hat Jesus Christus die herausragende Stellung des christlichen Glaubens im Vergleich zu allen anderen Religionen gepredigt bzw. dessen Absolutheitsanspruch unterstrichen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch Mich.“ (Joh 14,6) Zugleich legte Er jedem Seiner Jünger auch die sittliche Pflicht zur gesunden und vernünftigen (und keinesfalls gewaltsamen) Missionierung des Christentums auf (Mt 28,18-20)! Das entscheidende Problem des sogenannten Westens scheint eben der Verlust des christlich-katholischen Glaubens zu sein bzw. die Aufgabe der christlichen Identität des sogenannten Abendlandes. Daraus resultiert dann eine ganze Reihe von Problemen, so u.a. auch der Verlust des gesunden Empfindens für Volk und Vaterland, den man wohl kaum wird kompensieren können, wenn man sich nicht wieder ernsthaft auf die christlichen Wurzeln Europas besinnt.
Vor einigen Monaten wurde einmal ein katholischer Priester auf der Straße von einem benachbarten Moslem angesprochen und gefragt, was er denn zu den von der PEGIDA-Bewegung aufgeworfenen Themen sage bzw. wie er dazu stehe. Dieser Priester antwortete, dass er ja ein überzeugter Christ und daher auch vital daran interessiert sei, dass sich die Gesellschaft und Gesetzgebung in unserem Land eben nach christlichen Werten richteten. Somit heiße er alle jene geistigen Strömungen nicht gut bzw. lehne sie eindeutig ab, die den christlichen Grundwerten widersprechen, wie auch immer sie im Einzelnen heißen mögen. Wie er dann z.B. den bei uns hier anzutreffenden letztendlich atheistischen Liberalismus und die religiöse Indifferenz ablehne, so könne er sich auch nicht mit der Bevorzugung bzw. Herrschaft islamischer Prinzipien (etwa der Scharia) in Deutschland als seinem Land anfreunden. Denn sonst wäre er ja nicht von der Richtigkeit des eigenen christlich-katholischen Glaubens überzeugt! Der betreffende etwas ältere türkische Herr schien diese Logik zu verstehen. Jedenfalls nickte er nachdenklich mit dem Kopf.

P. Eugen Rissling

 

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