Der Apostel liegt tatsächlich, wo man ihn verehrt


Rom / Archäologische Untersuchungen in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern.

Der Sarkophag des Paulus ist jetzt von einem Archäologen genau dort gefunden worden, wo man ihn tatsächlich vermutet hat: in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern.

Seit jeher wird in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern das Grab des Apostels Paulus verehrt - am Confessio-Altar, unter dem zwei in den Boden eingelassene Marmortafeln auf ihn hinweisen. Was bisher unbekannt war: Der Sarg liegt tatsächlich zum Greifen nah. Direkt unter den antiken Platten mit der Inschrift „PAVLO APOSTOLO MART“ (dem Apostel Paulus Märtyrer gewidmet) befindet sich in einem halben Meter Tiefe ein Sarkophag. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des vatikanischen Archäologen Giorgio Filippi.

Die Überraschung liegt für den Wissenschaftler dabei in der jetzt ermittelten Position des Grabes, die neue Rückschlüsse auf die Baugeschichte zulässt. „Ich hätte erwartet, nur das Dach einer konstantinischen Grab-Ädikula zu Finden“, sagt Filippi. Schon ein solcher hausähnlicher Überbau wäre ein Hinweis auf ein möglicherweise darunter liegendes Apostelgrab gewesen. Statt dessen stießen die Forscher bei einer Stichgrabung auf die Längsseite eines Sarkophags.

Quellen bezeugen, dass Kaiser Konstantin um 324 an der Via Ostiense über einem Grabmonument eine Basilika errichtete, ähnlich wie über dem Petrusgrab im Vatikan. Die Kenntnis seiner Position ging aber unter - durch mehrere Umbauten, Renovierungen und den verheerenden Brand von 1823.

Wie die Untersuchungen Filippis ergaben, ruht der Paulus-Sarg direkt auf dem Fußboden der theodosianischen Basilika. Kaiser Theodosius I. hatte 386 beschlossen, das Gotteshaus „zu schmücken, zu erweitern und zu erheben“ - was, wie Pilippi vermutet, im Wortsinn zu verstehen ist: Der Sarkophag zeigt die Erhebung aus dem konstantinischen Vorgängerbau in das erhöhte Querhaus auf, um es vor Hochwassern zu schützen und dem Schaubedürfnis entgegenzukommen.

Mit dem Pilgerbetrieb von damals könnte ein Merkmal des Sarkophags zu tun haben: Der Deckel weist eine trichterförmige Öffnung auf, die zur Reliquienweihe diente, später jedoch mit Mörtel verschlossen wurde. Filippi hält für möglich, dass es sich um eine Maßnahme nach 386 handelt. Aus diesem Jahr stammt ein kaiserlicher Erlass, der das Zerteilen sterblicher Überreste von Märtyrern und den Handel mit Reliquien-Fragmenten verbietet.

Manche würden lieber heute als morgen diesen Spund öffnen, um eine Kamera einzuführen oder Proben für eine DNS-Analyse zu entnehmen. „Mein Mandat als Archäologe endet vor dem Grab“, wehrt der Wissenschaftler ab. Nach christlicher Tradition müsste ein Skelett ohne Schädel im Sarg liegen. Das abgeschlagene Haupt des Paulus wird in der Lateranbasilika verehrt.

Reliquienteilungen und Umbettungen waren in der frühen Kirche nicht unüblich. „Wir wissen nicht, was in den 250 Jahren zwischen dem Martyrium und dem Bau der konstantinischen Kirche passierte“, räumt Filippi ein. Selbst wenn keine Gebeine mehr im Sarkophag zu finden wären, änderte dies für ihn nichts an der Glaubwürdigkeit der Überlieferung: „Kein Zweifel, Paulus wurde hier begraben.“


Burkhard Jürgens, KNA, Südwest Presse vom 07.01.06


 

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