Der Heilige Petrus Canisius
 

 

Hl. Petrus Canisius † 1597  Apostel Deutschlands und Kirchenlehrer


Viele “Große” wurden und werden in der Geschichte der Menschheit “verehrt”, aber kann man allen von ihnen auch mit uneingeschränkter Hochschätzung begegnen? Wohl kaum! Denn nur die Liebe schenkt wahre Größe und macht einen Menschen unabhängig von bloß äußerlichen Sympathiewerten wahrer Hochachtung und Verehrung würdig. Nur ein Mensch, der sein Leben in Liebe zu Gott und zu seinen Mitmenschen eingesetzt hat, ist wahrhaft groß und verdient den Dank seiner Mitmenschen.

Der heilige Petrus Canisius, dessen 400. Todestag wir heuer feiern, war ein Mann mit einem festen, aber liebenden Herzen. Er hatte ein waches Auge für alle Nöte seiner Zeit. Durch seine Selbsthingabe und seine Ausdauer und Unermüdlichkeit hat er viel Gutes getan, was bis heute weitergewirkt hat, sodaß man ihn nach Bonifatius gar den “zweiten Apostels Deutschlands” genannt hat.

Geboren wurde er am 8. Mai 1521 zu Nijmwegen in Holland. Vier Jahre zuvor war Luther mit seinen Thesen an die Öffentlichkeit getreten, drei Jahrzehnte vorher war Amerika entdeckt worden. Es war eine Zeit großer Entdeckungen, die das Weltbild veränderten, aber auch der Beginn des Glaubensabfalls und der Glaubensspaltung, unter der wir heute noch leiden. Der gewaltige geistige Umbruch dieser Zeit rief nach Menschen mit Unterscheidungsgabe, Mut und eine große Liebe zur Wahrheit. 

Sein Vater Jakob Canis war Rechtsgelehrter und wurde in Nijmwegen neunmal zum Bürgermeister gewählt. Seine Mutter - sie stammte aus einer wohlhabenden Apothekerfamilie - verlor er schon im Alter von fünf Jahren. Sie war eine klar sehende und entschiedene Katholikin. “Auf dem Sterbebett ermahnte sie ebenso klug und gewissenhaft ihren Gatten, die neue Lehre (der Protestanten) zu fliehen und um jeden Preis am katholischen Glauben festzuhalten” (Braunsberger Otto, Des ersten deutschen Jesuiten Berufsgeschichte. In: Stimmen aus Maria-Laach 85, 1913, S. 39). Neben Peter hinterließ sie ihrem Mann noch zwei Töchter, vier andere Kinder waren bereits früh verstorben. Vier Jahre später heiratete Jakob Kanis noch einmal, und die Zahl der Kinder in seinem Haus vermehrte sich um weitere zwölf.

1535 kam Peter an das Montaner-Gymnasium in Köln. Unter dem Einfluß von gelehrten und frommen Priestern gewann sein Leben allmählich an Tiefe. Im Hinblick auf seine frühen Jugendjahre vergleicht er sich mit einem übermütigen Kalb, nun aber begann er täglich einen Abschnitt aus dem Evangelium zu lesen und mied Zech- und Trinkgelage der Studenten. Durch die Bekanntschaft mit Kölner Kartäusern, die trotz aller kirchlichen Auflösungserscheinungen in der damaligen Zeit ein tiefinnerliches und vorbildliches Leben führten und in deren Reihen sich auch große Mystiker und Schriftsteller fanden, wurde er mit Passionsmystik und Herz-Jesu-Verehrung vertraut.

Auf Wunsch seines Vaters studierte er zunächst Rechtswissenschaft, bald schon entschied er sich aber für den geistlichen Beruf und begann mit dem Studium der Theologie. 1540 legte er das Gelübde ab, bis an sein Ende jungfräulich zu leben. “Ich tat das frei und froh und es hat mich niemals gereut. Auf meine Kräfte verließ ich mich nicht; ich wußte, daß niemand enthaltsam sein kann, es gebe denn Gott die Gnade dazu... Er läßt die nicht im Stich, die auf seine unendliche Barmherzigkeit bauen” (ebd., S. 48).

In den Osterferien 1543 besucht er in Mainz einen der ersten Gefährten des heiligen Ignatius, Peter Faber, der dort auf Wunsch des Erzbischofs als Professor der Heiligen Schrift wirkte. Dieser riet ihm, an den 30-tägigen geistlichen Übungen (Exerzitien) im Geist des heiligen Ignatius teilzunehmen. “Ich fühlte, wie meine Seele von himmlischen Gnadenstrahlen durchflutet wurde... es war mir, als ob die Fülle der göttlichen Gaben auch auf meinen Leib überströmte, als ob mein ganzes Wesen erstarkte... Ich erkannte, daß das Leben der Gesellschaft (Jesu) für mich passe und daß es mir großen Segen bringen werde” (ebd., S. 52f.). Am 8. Mai 1543 trat er als erster Jesuit in Deutschland in die Gesellschaft Jesu ein.

Kurz darauf verstarb sein Vater. Peter verwendete sein Erbteil für Stiftungen. In Köln setzte er sein Studium fort. Hier entstand auch die erste deutsche Niederlassung der Jesuiten. Doch Hermann von Wied, der Erzbischof von Köln, der in Köln dem Protestantismus zum Sieg verhelfen wollte, meinte der Stadtführung gegenüber, “dieses Gesindel müsse fort, das sei eine wahre Pest, eine Teufelsrotte. Er werde nicht ruhen und rasten, bis der letzte Jesuit über die Grenzen des Erzstiftes gejagt worden sei” (ebd., S.54f.). So wurde 1544 die Niederlassung der Jesuiten aufgelöst. Doch die jungen Männer besuchten weiter Kranke, sammelten Almosen für die Armen, und Peter predigte bereits als Diakon. Ein neu gewählter Stadtsenat gab schließlich wieder die Erlaubnis, in einem Haus neben der Dominikanerkirche gemeinsam zu leben.

Der Erzbischof dagegen wurde 1546 vom Papst seines Amtes enthoben. Er versuchte, mit Hilfe seiner Anhänger und im Schutz der protestantischen Fürsten sein Amt dennoch zu behaupten. Durch Canisius wandten sich die Katholiken 1547 jedoch an den Kaiser um Hilfe. Der Erzbischof mußte sich beugen und zog sich als Privatmann in seine Grafschaft Wied zurück, wo 1552 starb. Kaiser Karl V. schickte nun Canisius auch nach Ulm, um durch Predigten unter dem Volk zu wirken, nachdem einige fanatische Zwinglianer herrliche Altäre des Münsters zerschlagen hatten und für die neue Lehre Stimmung machten.

Am Pfingstfest 1546 wurde Canisius zum Priester geweiht, und 1547 nahm der Kardinal von Augsburg, Otto Truchseß von Waldburg, den 26-jährigen bereits als persönlichen Berater mit zum Konzil von Trient. Doch die Kirchenversammlung wurde vertagt, und Canisius wurde vom heiligen Ignatius, dem Ordensoberen, nach Rom berufen, wo er im Haus und an den Kranken diente. Nach fünf Monaten sandte ihn Ignatius nach Messina auf Sizilien, wo er Rhetorik unterrichtete und zum Studienpräfekt ernannt wurde.

Doch auch der Herzog von Bayern suchte Jesuiten für die Universität Ingolstadt. Canisius wurde abberufen, legte 1549 in Rom als achtes Ordensmitglied das feierliche Profeßgelübde ab, promovierte in Bolgogna zum Doktor der Theologie und kam mit zwei Mitbrüdern am 13. November in Ingolstadt an. Die Universität dort hatte nach dem Tod des bekannten Theologen Dr. Johannes Eck (1543), der unbeirrt und mit sehr klaren Argumenten die Grundsätze der “Reformatoren” geprüft und widerlegt hatte, mehr und mehr an Bedeutung verloren. Unter Professoren und Studenten herrschte kein besonders erbaulicher Geist, man schämte sich, in der Kirche niederzuknien oder gar zur Messe zu dienen. “ Wir läuten”, schrieb ein Mitbruder des Canisius, “jeden Morgen mit zwei Glocken zu der Messe..., aber kaum zwei oder drei Studenten stellen sich ein” (Braunsberger Otto, Ein großer Schulmann und echter Studentenvater, Freiburg i. Br. 1921, S. 7). Canisius wurde in Ingolstadt einstimmig zum Rektor der Hochschule gewählt, doch schon 1552 wurde er nach Wien gerufen. Auch hier herrschte religiöser Verfall. Der geistliche Stand war verachtet und verhaßt. Im Stephansdom wurde von einem Domprediger gegen den Zölibat gepredigt und die Mönche wurden aufgefordert, die Klöster zu verlassen und sich zu verehelichen. 1529 - 1539 bestand die theologische Fakultät nur noch aus zwei Professoren und zehn Studenten. 1530 - 1550 war in Wien niemand mehr zum Priester geweiht worden. 

Auch in der St. Jakobskirche, in der Canisius 1552 zum ersten mal predigte kamen anfangs nur sieben bis acht Zuhörer. Doch Canisius rang um die Seelen, auch im Gebet. Canisius mußte bald in größere Kirchen ausweichen, weil die Zuhörer nicht mehr Platz fanden. Schließlich hielt er seine Christenlehren im Stephansdom, ja König Ferdinand ernannte ihn zu seinem Hofprediger. Auch als Universitätsprofessor wurde er berühmt. Daneben widmete er sich den Gefangenen, den Armen und Pestkranken. 1553 starb Bischof Christoph Wertwein. Canisius wurde er für den Bischofsstuhl von Wien vorgeschlagen, doch er lehnte mit Hinweis auf die Ordensregel ab, verwaltete jedoch für ein Jahr das Bistum.

In Wien schrieb Canisius seinen später in ganz Europa verbreiteten Katechismus, welcher ihm von den Gegnern der katholischen Kirche Beschimpfungen wie “greulicher Gotteslästerer”, “grober Tölpel”, “Wolf”, “Papstesel”, “schwindelhafter Geist” eintrug (Braunsberger Otto, Petrus Canisius, Freiburg i. Br. 1917, S.67). Der protestantische Hofprediger von Kronprinz Maximilian, Johann Pfauser, ehemals selbst katholischer Priester, nannte den Katechismus eine “Summe des abscheulichen Papsttums, jedoch übertüncht, wie es eben bei der römischen Hure der Brauch sei” ( Kröss Alois, Der selige Petrus Canisius in Österreich, Wien 1898, S.74).

1556 ging er im Auftrag seines Ordens nach Prag. “Wir sind hier sehr verhaßt”, berichtet er, “man sagt, daß wir dem Apostolischen Stuhl so ergeben und der Neuerungssucht so abhold seien” (Braunsberger Otto, Petrus Canisius, Freiburg i. Br. 1917, S.76). Eine Zeit lang mußte man Canisius regelrecht bewachen, da einige Lutheraner den Plan hatten, die Jesuiten über die Karlsbrücke in die Moldau zu werfen. Während der Messe flog einmal ein Stein durch das Kirchenfenster in die Kirche, ein anderes Mal stürzte sich ein Mann nach der Wandlung auf einen Mitbruder von Canisius und warf ihm Götzendienst vor.

Schließlich wurde Casisius 1556 zum ersten Provinzial der Oberdeutschen Provinz ernannt, 1571 wurde er Hofprediger in Innsbruck, wo er schon 1562 ein Jesuitenkolleg mit Schule eröffnen hatte. In Freiburg in der Schweiz gründete er das Michaelskolleg, und hier verbrachte er auch seine letzten Jahre (1580 - 1597). 1591 erlitt er einen Schlaganfall. Noch mehr als bisher widmete er nun seine Zeit dem Gebet. Stundenlang hielt er in der Kirche Zwiesprache mit Gott.

Am 21. Dezember 1597 verstarb Petrus Canisius im 77. Lebensjahr, betrauert vom Volk und seinen Mitbrüdern. “Was in Österreich, Böhmen, Schwaben, Bayern und Tirol noch heute an wahrem Glauben vorhanden ist, muß auf des Canisius Rechnung geschrieben werden”, schrieb der Augsburger Bischof Heinrich von Knöringen 1626.

1864 wurde Petrus Canisius selig gesprochen, 1897 veröffentlichte Leo XIII. ihm zu Ehren die Enzyklika “Militantis Ecclesiae”, und 1925 erfolgte die Heiligsprechung. Was ihn uns zum Vorbild macht, ist sein ganz von Liebe erfüllter Eifer für den katholischen Glauben. Viel gereist wie nur wenige seiner Zeit, kannte er Spott, Hohn und Verfolgung, denen er immer wieder ausgesetzt gewesen war. Trotzdem war seine Antwort nicht Haß oder Verbitterung, sondern einfache und bereitwillige Verkündigung der Botschaft des Evangeliums. Er trat klar für den überlieferten Glauben ein und war eine Zielscheibe zahlreicher “Neuerer”, die für sich in Anspruch nahmen, allein wieder das wahre Evangelium zu verkündigen. Doch wie hätte das, was sie verkündigten und vor allem die Art, wie sie es verkündigten, noch die Botschaft Jesu sein können? Auch wir selbst müssen diese Frage angesichts des Gebarens vieler “Neuerer” unserer Zeit offen stellen.

Ohne das Beispiel seines Lebens wären wohl auch seine Worte nicht fruchtbar geworden. Petrus Canisius zeigte einer Kirche, die in eine tiefe Krise geraten war, weil viele ihrer Vertreter nicht mehr der Botschaft Jesu entsprechend lebten, wahre Treue, die allem blinden Fanatismus weit überlegen war. Nicht der Angriff auf seine Gegner oder seine eigene Verteidigung, sondern die Verkündigung des Evangeliums lag ihm am Herzen. Und die Verkündigung geschieht zu allererst durch ein Leben in Glaube, Hoffnung und Liebe. 

So konnte Petrus Canisius ein Echo in den Herzen der Gläubigen wecken, das zu einer tiefgreifenden und anhaltenden Erneuerung des christlichen Lebens in seiner unverkürzten und unverzerrten Gestalt in ganz Europa beitrug. Möge er uns auch in der Not der Kirche heute zur Seite stehen! 


 


Literatur:
Beneder Emmerich, Petrus Canisius - Leben und Wirken. In: Petrus Canisius - Er bewegte den Erdteil, Innsbruck, ohne Jahresangabe
Braunsberger Otto, Des ersten deutschen Jesuiten Berufsgeschichte. In: Stimmen aus Maria-Laach 85, 1913
Braunsberger Otto, Ein großer Schulmann und echter Studentenvater, Freiburg i. Br. 1921
Braunsberger Otto, Petrus Canisius, Freiburg i. Br. 1917
Kröss Alois, Der selige Petrus Canisius in Österreich, Wien 1898



 

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