„Religionsunterricht“ heute
Die geistliche Not unserer Zeit offenbart sich heute in vielen Bereichen. In einer Situation der Unsicherheit und der drohenden Hoffnungslosigkeit brauchen Menschen, erst recht Jugendliche, Orientierung und Hilfe zur Unterscheidung der Geister, um geistlich und auch intellektuell überleben zu können. Diesen Auftrag, die Wahrheit zu verkünden und für sie einzustehen, hat die Kirche, in erster Linie natürlich auch die geistlichen „Hirten“.
Leider wird dieser Auftrag heute oft nicht nur sträflich missachtet. Oft wird gerade durch sogenannte „Theologen“ und ihre Werke der Glaube gar aus den Herzen der Gläubigen und der Studierenden herausgerissen!
Mit dem sogenannten 2. Vatikanischen Konzil begannen viele so zu tun, als ob der Glaube der Kirche letztlich nicht in Treue zur apostolischen Überlieferung und zur Wahrheit gelebt werden brauche, sondern vielmehr der eigenen Willkür und geistigen Verfasstheit unterworfen werden müsste. Im Geist des Modernismus wurde der Glaube von der Vernunft getrennt. Sie können sich nach modernistischer Lehre ja auch widersprechen. Damit wird die Wahrheit überhaupt vom Tisch gewischt. Nicht mehr Gottes Gebot, sondern die Anpassung an den Zeitgeist und die Anerkennung bei den Menschen wird oberste Maxime. Das ist nichts Neues, sondern eine immerwährende Gefahr für die Menschen in der Kirche, weil sie den geistlichen Kampf scheinbar überflüssig werden lässt und damit der Glaube scheinbar viel „bequemer“ zu leben ist.
Doch die systematische „Aushöhlung“ aller Werte, die sich im Gefolge der modernistischen Unterstellungen vollzog, war in ihren Auswirkungen ungeheuerlich, weil viele Herzen sich entweder schon längst von der Liebe Christi abgewendet hatten oder weil sie sich naiv allen möglichen „neuen“ Ideen öffneten, wie es ihnen plötzlich auch von „Hirten“ der Kirche vorgemacht und vorgeredet wurde, ohne sie im Heiligen Geist auf ihre sittliche Wahrheit und Bedeutung hin wirklich kritisch zu prüfen. Das Ergebnis war und ist nicht nur ein Heer von Ungläubigen, sondern auch ein Heer von nur noch scheinbar „Gläubigen“, die eigentlich gar nicht mehr wissen, was oder weshalb sie überhaupt glauben, aber zugleich alle möglichen „kirchlichen“ Institutionen bevölkern und sie zugleich ruinieren, weil in Wahrheit Glaube, Hoffnung und Liebe verloren gegangen sind.
Eine echte Reform stellt Gott in den Mittelpunkt und verteidigt Seine „Rechte“. Die falsche und nur geheuchelte „moralische Erneuerung“ lässt diese Bemühung zu Gunsten von anderen Interessen fallen und führt deswegen weg von der Wahrheit und damit zum Gegenteil einer wahren Erneuerung in der Liebe Christi!
Weil man im modernistischen Sinn auf die absolute Wahrheit verzichten zu können meinte und es so darstellen wollte, als könne sich Wahrheit im Laufe der Geschichte auch ändern, konnte auch Theologie nicht mehr als Bemühung um letzte Wahrheit verstanden werden, sondern nur als Sammelsurium vorläufiger Auffassungen.
Das hatte nicht nur den Verzicht auf den Widerstand der Irrlehre gegenüber zur Folge, sondern führte auch zu einem fast völligen Verzicht auf Mission und Katechese, was für die Seelen katastrophale Auswirkungen hat.
Diese neue Art bloß behaupteter, aber nicht wirklich vollzogener „Theologie“ stellt seit den 60er und 70er Jahren eine gewaltige Gefahr dar, die den unverstellten Zugang zu Christus und die lebendige Beziehung zu Gott in den Herzen der Menschen zu töten droht und schon weitgehend getötet hat.
Es ist kaum vorzustellen, dass heute im Theologieunterricht wie auch in der Katechese die Menschen in sehr großem Umfang in die Irre geführt werden. Wo die Verantwortlichen dagegen nicht einschreiten, sondern gewähren lassen oder sogar mitmachen, zeigen sie, dass sie gar keine wahren Hirten oder Stellvertreter Christi sind!
Besonders verwerflich ist die Auslieferung an eine glaubenslose „Theologie“, wenn sie Kinder und Jugendliche betrifft, die sich oft noch zu wenig gegen Angriffe auf Gott und den Glauben der Kirche zur Wehr setzen oder die Haltlosigkeit von Anschuldigungen gegen den katholischen Glauben noch nicht so klar überblicken können.
Wenn man ohne Vorurteile die theologische und katechetische Landschaft betrachtet, wie sie sich in Lehrbüchern und im Erleben der Betroffenen zeigt, dann sieht man mit Schrecken, wie beinahe flächendeckend und systematisch „theologische“ Inhalte verbreitet werden, welche zwar haltlos und unwissenschaftlich, aber trotzdem hartnäckig das Evangelium Christi seines Wahrheitsanspruches und damit auch seiner Erlösungskraft berauben wollen. Ohne jeglichen Rückhalt wird so getan, als ob man den Evangelisten grundsätzlich nicht trauen könne und als ob Gott so machtlos wäre, dass Er nicht einmal Naturgesetze „aufheben“ oder zu einem höheren Zweck umformulieren könne, wie es in der Heiligen Schrift immer wieder berichtet wird. Ganz zu schweigen von all den Versuchen, die moralischen Forderungen Christi oder die Lehre der Kirche als unhaltbar hinzustellen.
Schon 1989 erschien in Stein am Rhein die Broschüre „Verfälschung des Glaubens. Was derzeit in Religionsbüchern steht“ von Francois Reckinger, der 1934 in Luxemburg geboren und 1958 dort zum Priester geweiht wurde, von 1986 – 92 als „Referent für Fragen der Glaubenslehre“ in Köln beruflich mit der Begutachtung von „Religionsbüchern“ und mit Fragen des Relgionsunterrichtes heute zu tun hatte.
Weil er die Erfahrung machen musste, dass seine kritischen Stellungnahmen und Gutachten zu dem, was heute in „Religionsbüchern“ alles steht und „gelehrt“ wird, von den verantwortlichen Bischöfen entweder gar nicht oder höchstens mit Höflichkeitsfloskeln beantwortet wurden, veröffentlichte er dieses Werk, in dem er zur Prüfung und Begutachtung weiterer Religionsbücher aufrief, wofür er dann auch den „Arbeitskreis Theologie und Katechese“ ins Leben rief.
Er berichtet, wie der so genannte „Religionsunterricht weiter im Argen“ liegt (vgl. „Ein Drama – und kein Ende?“ in „Der Fels“, Aug./Sept. 2010, S. 254ff.). „Auf die Veröffentlichung“ seiner „Broschüre von 1989“ sei „eine Reihe von heftigen Reaktionen von Theologen und Religionspädagogen …, teilweise verbunden mit Beschimpfungen und Drohungen“ erfolgt, seither würden seine Stellungnahmen totgeschwiegen. „Eine Auseinandersetzung mit meiner und unserer sehr detaillierten und differenzierenden Argumentation ist niemals erfolgt“ (ebd. S. 255).
Wie wenig Interesse noch an der wahrheitsgetreuen Vermittlung des katholischen Glaubens vorhanden ist und wie Millionen von Seelen durch die Agitation von einigen wenigen eines gewinnbringenden Glaubensunterrichts beraubt werden, zeigen zahlreiche Beispiele. 1994 habe auf einer Tagung im Osten „ein Mitbruder aus dem Westen, der eine entscheidende Rolle bei der Ausarbeitung der Lehrpläne für den neu einzurichtenden schulischen Religionsunterricht spielen sollte“, auf die Frage, „welches Religionsbuch er bei seinen Vorschlägen für den Lehrplan im Blick habe“, geantwortet: „ … im Blick habe ich das Werk von Hubertus Halbfas“ (ebd. S. 254).
Jedoch, so Reckinger: „Halbfas ist ganz schlicht Atheist. Das war schon in dem Band seines Religionsbuches für das zweite Schuljahr zu erkennen, wo er ausführt, ‚zu Tisch beten’ bestünde darin, zu sehen, was auf dem Tisch steht; es sich schmecken lassen; denen zu danken, die das Mahl bereitet haben. Und dann wörtlich: ‚Das fassen wir zusammen, wenn wir Gott sagen’“ (ebd. S. 254). Schon in seiner „Fundamentalkatechetik“ von 1968 schrieb Halbfas: „’Gott an sich’ gibt es nicht. Gott ist der Grund allen Seins … Von Gott sprechen heißt, von dieser Welt und dem eigenen Leben sprechen“ (ebd. S. 254). „Demnach ist es nur logisch, wenn Halbfas gleichzeitig jedes wirkliche Wunder bestreitet (198f; 207)“ (ebd. S. 254).
Auch Gotthold Hasenhüttl vertrete Atheismus, ihm sei allerdings „nicht – wie Halbfas 1967 - die kirchliche Lehrerbefugnis am Anfang seiner Hochschullaufbahn entzogen“ (ebd. S. 255) worden, sondern erst 2003, vier Jahre nach seiner Emeritierung, nachdem er mit Protestanten gemeinsam „Abendmahl“ gefeiert hatte. Dabei sei seine Lehre aus seinen früheren Werken (Herrschaftsfreie Kirche, 1974; Kritische Dogmatik, 1979; Einführung in die Gotteslehre, 1980) in Fachkreisen allgemein bekannt. „Der Dogmatiker Franz Courth bezeichnete seine Lehre in der Trierer Theologischen Zeitschrift 1980 (S. 293-317) als ‚vollzogene Selbstauflösung’ der katholischen Theologie und der Kirche. Dennoch durfte der vom Glauben öffentlich Abgefallene äußerlich-rechtlich gesehen weitermachen und über Jahrzehnte hin Studenten und durch diese Kinder und Jugendliche zum Unglauben verleiten – eine Verweigerung bischöflicher Pflichterfüllung, die nicht zu begreifen ist (Reckinger, a.a.O., S. 256).
In dem Buch „Menschen-Leben-Träume. Der Firmkurs“ von F. Reintgen und K. Vellguth, Freiburg i.Br. 2001 (Neuausgabe 2009) heißt es: „Ich sah meinen Gott mit dem Auge des Herzens. Ich fragte: ‚Wer bist du?’ Er antwortete: ‚Du selbst!’“ (36, hier zitiert nach Reckinger, a.a.O., S. 256). Wieder eine atheistisch / pantheistische Formulierung. „Dem entspricht die Ablehnung von Offenbarung, die Gleichstellung aller Religionen, der Ruf nach einer Kirche, die nicht katholisch, sondern kreativ-revolutionär sein soll; die Verhöhnung u.a. von Jungfrauengeburt, Beichte und christlicher Morallehre. Empfohlen werden dagegen Onanie und Kondom“. Den „letzten Tag im Leben“ sieht das Buch „angefüllt mit Haschisch-Rauchen und Geschlechtsverkehr mit dem ‚Freund’ (36 …). Dass ein solches Werk seit Jahren … massenweise verbreitet werden konnte und Bischöfe immer wieder Jugendliche gefirmt haben, die in diesem Sinn vorbereitet worden waren, ist ein nie dagewesener Skandal“ (Reckinger, a.a.O. S. 256).
In der Schulbuch-Reihe „Religion vernetzt“ (München 2004-2008) wird Gott „an einer Stelle eine ‚Göttin’ entweder an die Seite gestellt, oder er selbst wird mit diesem Begriff ins Heidnisch-Mythologische hinein verundeutlicht. Gleichzeitig wird die Paradiesesschlange … zu einer ‚Heilkraft der Göttin’ ins Positive umgedeutet (Jg.8, 23). ‚Böse Geister’ und ‚Dämonen’ werden in Anführungszeichen gesetzt und sollen demnach nicht existieren (5, 93) – die Esoterik dagegen wird gegen Pauschalkritik in Schutz genommen, und vom Okkultismus heißt es, dass lediglich manche der dabei beobachteten Vorgänge sich nicht … erklären ließen (8, 110)“ (Reckinger, a.a.O. S. 256). „Dass Abtreibung und homosexuelle Betätigung nach kirchlicher Lehre Sünde sind, wird kurz dokumentiert“ (Reckinger, a.a.O. S. 256), doch die kirchliche Lehre auch als „in der modernen Gesellschaft umstritten“ (Reckinger, a.a.O. S. 257) bezeichnet und durch Aufforderungen, „in der Religionsstunde Paare zu bilden und einander sexuell anzumachen“ (Reckinger, S. 257) „die Lehre unserer Kirche demnach nicht vertreten, sondern vorgeführt, verleugnet und verraten” (Reckinger, S. 257).
In „Religion-Sekundarstufe I. Grundfassung (Zeit der Freude; Wege des Glaubens; Zeichen der Hoffnung) von Werner Trutwin, Neuausgabe, 2006-2007, sieht Reckinger „viele Sachangaben zu Bibel und biblischer Zeitgeschichte sowie zu großen Gestalten aus Bibel und Kirchengeschichte“ gut bis hervorragend dargestellt, ebenso „Themen der Morallehre“ (Reckinger, a.a.O. S. 258). Allerdings „erscheinen die Ausführungen zur Erkennbarkeit der Existenz Gottes mittels der menschlichen Vernunft“ (die vom 1. Vatikanischen Konzil ausdrücklich gelehrt wurde) „bestenfalls inkonsequent, eher jedoch ablehnend“ (Reckinger, S. 258). Ebenso wird mehr oder weniger geleugnet, „dass Jesus als Messias und Sohn Gottes vom Vater ‚beglaubigt wurde durch machtvolle Taten, Wunder und Zeichen’ (Apg. 2, 22). In Bezug auf heutige Wunder wird nur der Fall einer „Schlafstörung“ angesprochen, von dem jemand in Lourdes geheilt worden sein soll, damit die wirklichen Wunder dort vertuscht.
Ähnliches geschieht mit den Wundern im Neuen Testament. „Es seien einfach ‚Geschichten’, so lässt er den Evangelisten Lukas … erklären. Das Wandeln Jesu über den stürmischen See meine lediglich, ‚dass wir Jesus in allen Stürmen des Lebens vertrauen dürfen’; und Blinde, die geheilt werden, bedeuteten Menschen, die ‚Gott nicht sehen können’ (1, 119). Viele Wunderberichte seien ‚Glaubenserzählungen, die sagen, dass Jesus auferstanden ist … Das gilt vor allem für die neun Texte, in denen die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt sind, z.B. Gang auf dem Wasser, Seesturm, Weinwunder … und drei Totenerweckungen’. Diese Texte zeigten lediglich, ‚was der Auferstandene bewirkt und was Auferstehung für die Glaubenden bedeutet ….’ (2,91; ähnlich 3,13: Auferweckung des Lazarus als ‚Bildgeschichte’)“ (Reckinger, S. 259).
Reckinger warnt, sich bei der Herausgabe von Religionsbüchern nicht von Verlegern, Autoren usw. unter Druck setzen zu lassen, selbst wenn sich mit ihnen ein ganzer „Tross von Theologen, Religionspädagogen“ (Reckinger, S. 255), die Presse usw. verbündet hätten.
Auch andere Untersuchungen weisen auf die Missstände hin, so Dörner Reinhard (Hrsg.): Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nicht gehört haben? Der Kampf um den Religionsunterricht, Dokumentation, Verlag des Initiativkreises katholischer Laien und Priester im Bistum Münster e.V., Gescher 2005.
Das von Reckinger Monierte ist nur ein Auszug dessen, was heute in Religionsunterricht und theologischer Ausbildung landauf – landab geboten wird. Solange die Verantwortlichen solche Missstände, wie sie oben beschrieben sind, einfachhin zulassen oder gar fördern, üben sie das von Christus in der Kirche eingesetzte Hirten- und Lehramt nicht aus und können so von der Herde nicht als wahre Lehrer und Hirten der Kirche erkannt werden.
Die Herde kann und muss sich in dieser schwierigen Situation um Christus im Gebet sammeln, den Himmel um gute, wahre und wirklich katholische Hirten bestürmen und alle Engel und Heiligen, vor allem unsere liebe Mutter Maria, anrufen, uns in diesem schweren Kampf zu Hilfe zu eilen, damit nicht immer noch mehr Seelen in den Abgrund des Un- und Aberglaubens gezogen werden durch die fehlende Bereitschaft von so vielen Gläubigen und Hirten, Christus zu bekennen, wobei jeder einzelne von uns sich auch einem selbstkritischen Blick nicht verschließen soll, der uns auch immer fragen lassen muss: Wie setze ich mich selbst für Christus und Sein Reich sowie für das Heil der Seelen ein?!
Möge der Heilige Geist auch in dieser schwierigen Zeit uns immer mit Seinem Licht und Seiner Kraft erfüllen, damit Christus in unseren Herzen und in den Herzen vieler Seelen immer mehr wachsen kann!
Maria und alle Heiligen werden uns in diesem Sinn im Gebet unterstützen!
Thomas Ehrenberger
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