Euer Licht leuchte vor den Menschen! (Mt. 5,16)

Die katholische Kirche hat eine Wahrheit zu verkünden, die zugleich Licht ist, weil sie Gott selbst ist. Diese Wahrheit ist keine bloße Theorie - die allerdings auch ein-leuchtend, also hell und licht sein müsste, damit sie als wahr verstanden und erkannt werden könnte, sondern die ungeschaffene Liebe selber, welche die ganze Schöpfung ins Dasein rief und sie mit Licht, Sinn, Freude und Liebe erfüllt!
Ob jemand Gott wirklich erkannt hat, zeigt sich darum daran, wie weit sein Handeln und Reden von diesem Licht und von dieser Liebe Gottes erfüllt ist!

In Jesus Christus ist das Licht und die Liebe Gottes unter uns erschienen. Gott ist trotz der Sünden und der Undankbarkeit der Menschen erschienen, „nicht, um Seelen zu verderben, sondern zu retten“ (Lk. 9,55), ja um selbst für ihre Erlösung den Tod und die Sündenstrafen zu tragen, damit wir Zugang zum Reich Gottes finden können!

Die Liebe zu Christus und freudige Dankbarkeit durchziehen deshalb das Leben der katholischen Kirche seit den Tagen der Apostel. Die Frohe Botschaft Jesu erfährt jedoch hier auf Erden auch Widerspruch: „Das wahre Licht, das da erleuchtet jeden Menschen, kam in die Welt! ... Und doch hat die Welt Ihn nicht erkannt!“ (Joh. 1,9). „Er kam in Sein Eigentum, aber die Seinigen nahmen Ihn nicht auf“ (Joh. 1,11).

Dennoch hat die katholische Kirche nie aufgehört, von der Wahrheit und der Liebe Gottes Zeugnis abzulegen und für die Rettung all derer, die durch Irrtum oder Spaltung von ihr getrennt sind, zu arbeiten und zu beten, was viele Gebete, auch die feierlichen Fürbitten am Karfreitag bezeugen.

Natürlich muss sich die Kirche gegen die Verfälschung des Evangeliums zur Wehr setzen, die Wahrheit und die Gebote der Liebe klar und entschieden verteidigen, ja bei hartnäckigem Widerspruch bisweilen sogar gegen einen Teil ihrer Glieder Strafen wie den Ausschluss aus der Kirchengemeinschaft verhängen. Das mussten auch schon die Apostel. Doch auch hier geht es nicht darum, aus Eifersucht oder Machtstreben irgend jemandem Schaden zuzufügen oder ihn in ein schlechtes Licht zu setzen. Vielmehr ist das Ziel auch dieses Handelns der Kirche, die betreffenden Seelen, aber auch alle anderen, vor Schaden zu bewahren und wieder zur vollen Wahrheit der Liebe Gottes zurückzuführen, damit sie schließlich alle „am Tage des Herrn Jesus gerettet“ (1Kor.5,5) werden können!

Ob jemand Gott und die Wahrheit wirklich erkannt hat und liebt, zeigen seine Werke, aber auch seine Reden. Im Kampf für die Wahrheit kann und darf es nicht um Verleumdung des Gegners oder um Selbstdarstellung eigener Weisheit gehen, sondern um Hilfe für die anderen. Die Wahrheit ist ein hohes Gut, sie ist das Licht, das die Welt erhält und das sie noch notwendiger braucht zum Leben als das Licht der Sonne!

So ermahnt uns auch die heilige Kirche immer wieder, auch wenn sie weiß, dass wir für die Wahrheit kämpfen müssen. „In der Weise muss man das Salz der Weisheit besitzen, dass dadurch die Liebe des Nächsten bewahrt und doch zugleich seine Schwächen geheilt werden“ (Papst Klemens XIII. im Vorwort zur Neuherausgabe des Katechismus des Konzils von Trient 1761). Es soll immer ein Kampf der Liebe sein, nicht der Überheblichkeit, nicht der Parteilichkeit, nicht der Scheinheiligkeit. Darin muss sich der echte Zeuge der Wahrheit von den Verführern und Verdrehern der Wahrheit unterscheiden!

Gerade in schwierigen Zeiten muss die Wahrheit nüchtern und klar, aber ohne Streitsucht dargelegt werden, damit erkennbar bleibt, dass zwar der Irrtum gehasst, der Irrende aber um Gottes willen geliebt wird, wie es der heilige Augustinus gefordert hat. Nur so ist die Wahrheit auch als Licht und als von Gott kommend erkennbar: „Wenn ihr aber bittere Eifersucht und Streitsucht in euren Herzen hegt, so rühmt euch nicht lügnerisch wider die Wahrheit. Das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern die ist irdisch, sinnlich, ja teuflisch. Wo Eifersucht und Streitsucht herrschen, da ist Unfriede und jegliche Verkehrtheit. Die Weisheit von oben ist vor allen Dingen lauter, dann friedsam, nachgiebig, folgsam, dem Guten zugetan, voll Erbarmen und guter Früchte, ohne Parteilichkeit und ohne Verstellung. In Frieden wird den Friedensstiftern die Frucht der Gerechtigkeit gesät“ (Jak. 3,14).

Jesus ruft uns zum Kampf und zur Kreuzesnachfolge, aber es ist der Kampf der Gnade, der Kampf der Liebe Gottes, der nicht den Tod des Sünders will, sondern vielmehr, „dass er sich von seinem Wandel bekehre und lebe“ (Ez.18,23). Das war schon die Botschaft der Propheten im Alten Bund. Es geht darum, umzukehren von den Götzen der Sünde und der Bosheit zu Gott, dem Lebendigen, der den Menschen nach Seinem Ebenbild für die Wahrheit, das Leben und die Liebe erschaffen hat.
Erst recht gilt das im Neuen Testament, das ja die Erfüllung des Alten und die Vollendung der wahren Offenbarung der Liebe Gottes darstellt. Das Evangelium ist die Botschaft von der Gnade Gottes. Die Offenbarung im Alten Bund war noch unvollkommen, was sich im Verhalten der Menschen und in ihren Vorstellungen widerspiegelt.

Und doch ist auch der Alte Bund schon ein Bund der Gnade und des Heiles, zunächst für Israel, aber auch schon mit Verheißungen für die Heiden! „Zu wenig ist es, dass du mein Knecht bist, um Jakobs Stämme wieder aufzurichten und Israels Bewahrte heimzuholen. Ich mache dich vielmehr zum Licht der Völker, damit mein Heil reiche bis an das Ende der Welt!“ (Is. 49,6).

In Jesus Christus hat sich diese alttestamentliche Prophezeiung vom leidenden Messias und Gottesknecht erfüllt, wie uns die Schriften des Neuen Testaments berichten. Er war „der Mann der Schmerzen“, der „verachtet“ war (Is.53,3), der „durchbohrt wurde für unsere Frevel, zerschlagen wegen unserer Missetaten“ (Is. 53,5), der für uns „wie das Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird“ (Is. 53,7), geworden ist, der „kein Unrecht getan hat“, der Gottes „Wohlgefallen“ besaß und „der Sein Leben als Sühnopfer hingab“ (Is. 53, 10), der „sich unter die Frevler zählen ließ und doch die Sünde der Vielen trug“ (Is. 53,12).

Als Jesus die Synagoge von Nazareth betrat, da reichte man Ihm das Buch des Propheten Isaias. Er rollte das Buch auf und stieß auf die Stelle, wo geschrieben steht: ‚Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn Er hat mich gesalbt („Messias“ heißt übersetzt: „Gesalbter“; Anm.); den Armen die Frohbotschaft zu bringen, sandte er mich, zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, den Gefangenen die Befreiung zu künden und den Blinden das Augenlicht, Bedrückte in Freiheit zu setzen, das Gnadenjahr des Herrn zu künden und den Tag der Vergeltung‘ ... Da begann Er, zu ihnen zu sprechen: ‚Heute ist dieses Schriftwort in Erfüllung gegangen‘“ (Lk. 4,17-21). Damit hat Jesus bestätigt, dass die Verheißungen des erlösenden Gottesknechtes in Ihm ihre Erfüllung finden sollten.

Das ganze Evangelium ist ein Loblied auf die Gnade und Liebe Gottes, der wir von ganzem Herzen entsprechen sollen. Gerade der Erweis der übergroßen Liebe Gottes ist der Grund, warum im Evangelium auch der Hinweis auf die Gefahr, das Heil auch verlieren zu können, zu finden ist. Was könnte Gott noch tun, um uns zu retten?

Auch uns sendet Jesus, Seine Frohbotschaft weiterzutragen. Die ersten Christen waren erfüllt von der Freude über dieses übernatürliche Licht und die übernatürliche Gnade, die uns in Ihm geschenkt wurden!

Wollen wir das Heil und die Erlösung in Jesus Christus erlangen, sollen und müssen wir dieser Gnade auch entsprechen! Besinnen wir uns auf unsere Sendung und darauf, wie die Wahrheit Jesu verkündigt werden will und allein verkündigt werden kann, um das Licht Christi in unserer Welt der Sünde und des Bösen aufleuchten zu lassen: „Euer Licht leuchte vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen!“ (Mt. 5,16). Nur so tragen wir das Licht und die Liebe des Heiligen Geistes auch in die Dunkelheit unserer Tage, nur so kann die katholische Kirche auch in finsterer Zeit als die wahre Kirche des wahren Gottes erkannt werden!

Thomas Ehrenberger


 

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