Tut dies zu meinem Gedächtnis - ohne
Wandlungsworte?
Vor einiger Zeit ging eine merkwürdige Meldung durch die Presse, welche zunächst unscheinbar aussieht, die aber die Grundlagen und die Grundsätze allen kirchlichen Lebens anrührt, ja erschüttert.
Der Vatikan hat den romtreuen Chaldäern erlaubt, dass sie unter bestimmten
Umständen, wie z.B. bei weiter Entfernung zu einer eigenen Kirche, auch mit den
von Rom getrennten Assyrern eucharistische Gemeinschaft pflegen dürfen (vgl.
L'Osservatore Romano 26. Okt. 2001, Tagespost 27. Okt. 2001, Kirchliche Umschau
Nov. 2001 und Jan./Feb. 2002).
Wenn man diese Fakten näher untersucht, stellt man fest: Es wird hier nicht nur
die Sakramenten- und Gottesdienstgemeinschaft mit Nicht-Katholiken ohne volle
Glaubens- und Kirchengemeinschaft erlaubt und praktiziert, was der überlieferten
Lehre und Praxis der Kirche, aber auch der Liebe zur Wahrheit, widerspricht,
sondern auch - und dies ist nicht minder folgenschwer, wenn auch vielleicht
weniger bekannt - eine "Eucharistiefeier" ohne Wandlungsworte indirekt als
gültig erklärt und anerkannt. Eine der drei von den Assyrern verwendeten
liturgischen Texte, die sogenannte Anaphora des Addai und Mari, enthält nämlich
keine Einsetzungs- und damit auch keine Konsekrationsworte (wahrscheinlich wegen
einer Verstümmelung des Textes)!
"Tut dies zu meinem Gedächtnis!" (Lk. 22,19), sagte Jesus zu den Aposteln im
Abendmahlssaal. Bei jedem heiligen Messopfer handelt der Priester als
Stellvertreter Jesu und wiederholt die Worte, die Christus über Brot und Wein
gesprochen hat. Getreu dem Auftrag Christi hat so die Kirche immer das unblutige
Opfer Seiner Hingabe erneuert.
Wir wollen tun, was Jesus gewollt hat. Wie könnten wir dies tun, wenn wir Jesu
Worte beiseite ließen? Jeder ernsthafte Katholik möchte der Kirche gehorsam
sein. Doch wenn die kirchlichen Autoritäten sich selbst um Christus nicht mehr
kümmern?
Im kommentierenden Artikel des L'Osservatore Romano vom 26. Okt. 2001 wird
diesem Einwand mit der Bemerkung begegnet: "Im zentralen Teil der Anaphora" (des
eucharistischen Hochgebetes, Anm.) "gibt es - über die Epiklese" (die
Herabrufung des Heiligen Geistes, Anm.) "hinaus - explizite Hinweise auf den
eucharistischen Leib und das Blut Jesu Christi".
Doch "es handelt sich lediglich um eine einzige Stelle, die man angibt; mehr
existieren auch nicht. Diese eine Stelle ist eingebettet in eine Fürbitte für
die Verstorbenen, sie lautet: ' Du Herr, gedenke angesichts Deiner vielen
unaussprechlichen Akte des Erbarmens in Güte und Verständnis aller aufrechten
und gerechten Väter, die vor Dir Gefallen gefunden haben, im Gedächtnis des
Leibes und Blutes Deines Christus, welche wir auf Deinem reinen und heiligen
Altar darbringen, wie Du es gelehrt hast' "(Dr. Heinz Lothar Barth, in:
Kirchliche Umschau, Jan./Feb. 2002, S. 11, Übersetzung nach dem lateinischen
Text bei A.Hänggi-I.Pahl, Prex eucharistica, I. Bd, Freiburg/Schweiz 1998, S.
379.
Vor allem von Dr. Barth wurde auf das Problem der
Zulassung dieser Liturgie ohne Wandlungsworte aufmerksam gemacht).
Genügt also die vage Rechtfertigung aus Rom, um ruhigen Gewissens auf die Worte
Jesu selbst verzichten zu können? - Wohl nicht. "Denn was der Herr zu tun
befohlen hat, darf man nicht bloß auf das beziehen, was er getan, sondern auch
auf das, was er gesagt hatte, ja man muss annehmen, dass es sich vorzüglich auf
die Worte beziehe, welche ebenso sehr um ihrer Wirksamkeit als um ihrer
Bedeutung willen ausgesprochen worden waren... Da aber diese Worte anzeigen und
erklären, was geschieht, das heißt die Verwandlung des Brotes in den wahren Leib
des Herrn: so folgt, dass die Form in eben jene Worte zu setzen ist" (Römischer
Katechismus nach dem Beschluss des Konzils von Trient, Neuauflage Petrus Verlag,
Kirchen/Sieg 1970, S. 168).
Diese Auffassung bestimmt die katholische Theologie des Messopfers durch alle
Jahrhunderte. Die Einsetzungsworte sind nach kirchlicher Auffassung die Form,
durch welche Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden,
und ohne welche nicht das getan wird, was Jesus getan hat. Für die heilige
Kirche war immer klar - und dies geht auch aus der Sache selbst klar hervor -,
dass ohne die Einsetzungsworte, die der Priester im Namen Jesu spricht (Dies ist
mein Leib ... , dies ist der Kelch meines Blutes ...), kein Messopfer möglich
und gültig sein kann. Das ist klar ausgedrückt durch die Vorschriften der Kirche
im Hinblick auf Mängel bei der Zelebration der heiligen Messe, die früher in
jedem Messbuch ausführlich widergegeben waren: Nachdem die Einsetzungsworte klar
und deutlich als unverzichtbare Form des eucharistischen Sakraments angeführt
worden sind, heißt es dort ausdrücklich: "Wenn jemand aber irgend etwas von der
Form der Konsekration des Leibes und des Blutes wegnähme oder veränderte, und
bei dieser Veränderung die Worte nicht mehr dasselbe bedeuteten, so würde er das
Sakrament nicht bewirken... Wenn für ihn (den Zelebranten)dennoch feststehen
sollte, dass er irgend etwas von dem, was für das Sakrament notwendig ist,
nämlich die Form der Konsekration oder ein Teil davon, übergangen habe, dann
möge er die Form wiederholen un das übrige nach der Ordnung fortsetzen. Wenn er
aber sehr wahrscheinliche Bedenken trägt, dass er irgend etwas Wesentliches
ausgelassen habe, dann möge er wenigstens die Form wiederholen unter
stillschweigender Bedingung... " (lateinisch in: Missale Romanum, De defectibus
Formae).
Auch in den ostkirchlichen Liturgien ist eine heilige Messe ohne Einsetzungsworte allgemein undenkbar, wenn auch seit dem 14. Jahrhundert, besonders aber seit dem 17. Jahrhundert die Kraft der heiligen Wandlung immer mehr dem Gebet um die Herabkunft des Heiligen Geistes, der sogenannten "Epiklese" zugesprochen wurde.
Trotz der grundlegenden Bedeutung der Worte Jesu für die christliche Liturgie
und trotz der in der Kirche immer klar vertretenen Haltung der Notwendigkeit
dieser Worte Jesu wird jetzt für Katholiken eine Messform ohne diese Worte
erlaubt! Damit wird aber ein Bruch mit dem Kern katholischen
Liturgieverständnisses vollzogen, der Grundsätzliches und Wesentliches berührt!
Es wird zwar, wenn unierte Chaldäer an der Liturgie teilnehmen, "der assyrische
Priester warmherzig eingeladen, die Institutionsworte in die Anaphora des Addai
und Mari einzufügen, wie es von der Hl. Synode der Assyrischen Kirche des Ostens
erlaubt ist" (zitiert nach: Kirchliche Umschau, November 2001, S.1). Eine solche
Einladung macht den Mangel jedoch erst recht offenkundig, genügt aber nicht,
wenn die Gültigkeit der Liturgie auf dem Spiel steht!
Die katholische Kirche im 16. Jahrhundert hat von denjenigen Orientalen, welche
die hier besprochene Form der Liturgie gefeiert hatten und sich Rom anschlossen,
ausdrücklich die Einfügung der Einsetzungsworte verlangt. Ähnliches geschah auch
noch im Jahr 1962 (vgl. Meyer, H.B., Eucharistie. Geschichte, Theologie,
Pastoral. Handbuch der Liturgiewissenschaft 4/1989, S. 143). Und jetzt meint
man, darauf verzichten zu können?
Wie selbst der offizielle Kommentar zum römischen Dokument einräumt, gehen viele Gelehrte davon aus, dass die Anaphora des Addai und Mari ursprünglich die Worte Jesu enthalten hat. Sie seien allerdings - vielleicht weil sie nur mündlich weiter gegeben worden waren, um vor Missbrauch zu schützen - verloren gegangen, (vgl. Wilson, Stephen B., The Anaphora of the Apostles Addai and Mari, in: Bradshaw, Paul F. Hrsg., Essays on Early Eucharistic Prayers, Collegeville/Minnesota 1997, 19 - 37).
Eines ist klar: In der Assyrischen Kirche ist auch eine Reihe anderer
Glaubenswahrheiten durch die lang andauernde Trennung von der katholischen
Kirche vergessen oder verloren gegangen. Ein echtes Bußsakrament gibt es zum
Beispiel nicht mehr. Statt der letzten Ölung wird den Kranken ein aus Öl, Wasser
und Staub von Gräbern der Heiligen gemischtes Getränk als sogenannte "Gnade"
gespendet (vgl. Algermissen, Konrad, Konfessionskunde, Paderborn 81969, S. 90 -
100). Auch die Lehre über die Erbsünde, die letzten Dinge und die
Wesensverwandlung beinhaltet noch manch Fragwürdiges. Es ist also, auch von
dieser Seite her betrachtet, zumindest der Verdacht begründet, dass bei den
Assyrern auch in der Liturgie die apostolische Überlieferung nicht rein bewahrt
worden sein könnte.
"Tut dies zu meinem Andenken!" (Lk. 22, 19): Darum geht es bei der Frage der
christlichen Liturgie! Dieses Wort Jesu ist unser Anliegen. Wenn, wie hier
besprochen, die Teilnahme an Gottesdiensten von Nicht-Katholiken für möglich
erklärt wird, die nicht einmal die Worte Jesu enthalten, was sollte dann
eigentlich noch als katholischer Gottesdienst verboten sein und warum? Nur eine
Messfeier im überlieferten Ritus der katholischen Kirche?
Auch die landessprachlichen Texte der neuen Messe geben die Worte Jesu
sprachlich falsch wieder ("für alle" statt "für viele")! Dies ist eine allgemein
bekannte, auch von Theologen und Bischöfen immer wieder zugegebene, Tatsache!
Die Entschuldigung, dass es im Hebräischen für die beiden Worte keine
verschiedenen Ausdrücke gebe, ist verwegen und falsch, wird übrigens aber auch
schon durch die Worte aller überlieferten Liturgien und Übersetzungen als
unstimmig erwiesen!
Dennoch werden Priester wie Gläubige dazu gezwungen (darf man sich zu so etwas
zwingen lassen?), diese Texte zu verwenden, während die überlieferte Messform
der Kirche nunmehr schon ein Vierteljahrhundert offiziell unterdrückt wird!
"Tut dies zu meinem Andenken!" Dieser Auftrag Jesu ist der Grund, warum kein
Katholik gefälschte Einsetzungsworte akzeptieren kann. Denn selbst die höchsten
Autoritäten der Kirche können die Worte Jesu nicht ändern, ohne die Gültigkeit
des Gottesdienstes überhaupt aufs Spiel zu setzen!
Wir glauben nicht, dass die Kirche Jesu je von den Pforten der Hölle überwunden
werden kann (vgl. Mt.16,18). Wenn wir auch das Geheimnis der Bosheit, das heute
die Kirche bedroht, und die Pläne Gottes nicht völlig verstehen können, so ist
doch klar, dass man nicht einfach die Grundsätze des katholischen Glaubens
aufgeben kann, ohne Gott zu beleidigen.
Machen wir uns wieder neu und entschieden klar, was es heißt, Jesus die Treue zu
halten und folgen wir Ihm in Liebe, indem wir bedenken, was Er für uns getan
hat!