Über die Rolle der Medien
Kürzlich lief an einem Abend auf dem Fernsehkanal des Hessischen Rundfunks ein Bericht über das Turiner Grabtuch. Da ich mich an diesem Tag aus pastoralen Gründen bei einer bekannten Familie aufhielt und (eher zufällig) die Information von dieser Sendung erhielt, schauten wir uns sie gemeinsam an.
Nun, heute ist man als gläubiger Katholik von vorne herein skeptisch, ob denn bei den in den Massenmedien inzwischen nur gelegentlich anzutreffenden Sendungen über religiöse Themen wirklich christlich-katholisches Gedankengut bzw. ob es wirklich originalgetreu wiedergegeben wird. Denn das, was da oft als solches deklariert wird, ist nicht selten inhaltlich-qualitativ sogar so abwegig, dass man sich schon fragen muss, ob denn dieses traurige Spektakel von den Verantwortlichen nicht absichtlich betrieben wird.
Und auch was diesmal über das Turiner Grabtuch als das so genannte Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen gesagt wurde, übertraf alle Befürchtungen! Zwar wurde zunächst das Grabtuch allgemein vorgestellt und auf das bis heute völlig unerklärliche Phänomen hingewiesen, dass das Bild auf dem Grabtuch in der Art einer „Versengung“ der obersten Schichten der Stofffaser (nur 40 Mikronen tief - keine Farbe!) gehalten ist, und dass diese Abbildung eines im Grab liegenden Mannes einem Fotonegativ gleicht, wovon ja die Menschheit vor dem 19. Jahrhundert, vor Entstehen der Fotographie (!), nichts wissen konnte.
Aber gleich danach wurden die Ergebnisse der 1988 durchgeführten Radio-Karbon-Methode präsentiert, wonach das betreffende Tuch eine Fälschung aus dem 13-14 Jahrhundert sein soll. Bezeichnenderweise wurde aber nicht zugleich auch gesagt, dass erhebliche Zweifel an dieser Radio-Karbon-Methode angemeldet werden müssen, weil sowohl diese Methode selbst wegen der im Laufe der Jahrhunderte erfolgten bakteriellen Verunreinigung des Grabtuches bei den Wissenschaftlern nicht ganz sicher erscheint, als auch weil die zur Untersuchung bestimmten Stoffteile Stellen entnommen wurden, die bereits vorgeschädigt waren, so dass das offizielle Datierungsergebnis (1290-1380) bereits im Jahre 1989 zurückgenommen werden musste!
Auch wurde dem Fernsehpublikum eine ganze Reihe anderer höchst erstaunlicher Ergebnisse vorenthalten, auf die Forscher verschiedenster Naturwissenschaften bei ihren eingehenden Untersuchung des Turiner Grabtuches in den letzten Jahrzehnten gestoßen waren (vgl. dazu „Beiträge“/32-34). Diese Untersuchungsergebnisse hätten in dieser Sendung unbedingt Erwähnung finden müssen, sofern es sich hierbei um seriöse Berichterstattung bzw. um einen ernsthaften Journalismus handeln sollte.
Und das Allertollste war, was im Anschluss daran geschah! Es wurden zunächst zwei „Experten“ vorgestellt, ohne übrigens irgendeine der wissenschaftlichen Qualifikationen dieser Personen mitzuteilen, die mit der absurden These aufwarteten, Leonardo da Vinci sei der Fälscher dieses Turiner Grabtuches gewesen. Danach ging es in der betreffenden Fernsehsendung ziemlich ausführlich um das Leben und die vielen Wirkungsbereiche dieses bekannten Künstlers. Es erübrigt sich gänzlich, sich hier darüber auch nur ein bisschen auszulassen. Es genügt, um diesen Verweis auf Leonardo da Vinci zu bewerten, sich allein das Geburtsjahr dieses berühmten Malers, Bildhauers und Naturforschers in Erinnerung zu rufen: 1452!
Überlegen wir uns also, was damit der betreffende Filmemacher sagen wollte. Zunächst wird behauptet, das Turiner Grabtuch sei eine Fälschung, welche auf die Zeitspanne 1290-1380 zu datieren sei. Und dann widmet man sich sehr intensiv dem vermeintlichen „Fälscher“ des betreffenden Objekts, welcher erst im Jahr 1452 geboren wurde! Zwar war man sich in der Sendung dieses Widerspruch ebenfalls bewusst. Aber man versuchte, ihm lediglich mit der völlig unverständlichen wie unlogischen Bemerkung zu begegnen, in der Zeit vor Leonardo da Vinci habe es bereits andere vermeintliche Grabtücher Jesu gegeben. Wer es verstehen kann, der verstehe es!
An diesem Beispiel wird ersichtlich, in welcher Welt, in welcher Gesellschaft wir heute leben! Es ist offenkundig, dass man gegenwärtig auch und gerade seitens der Medien (fast) alles unternimmt, um den christlich-katholischen Glauben in der breiten Öffentlichkeit möglichst als unvernünftig, widersprüchlich und lächerlich darzustellen. Und man scheut dabei auch nicht, Mittel einzusetzen, die man sonst von Regimen her kennt, die eine ausgeprägte Propagandamaschinerie besitzen: die für die betreffenden Verantwortlichen unbequeme Wahrheit soll möglichst unterdrückt bzw. wenigstens verzerrt dargestellt und statt dessen die eigene vorgefasste Meinung unter die Leute gebracht werden! Denn wenn sich ein (ernsthafter) Journalist auf anderen Gebieten solche „Schnitzer“ erlauben würde, würde er wohl bald seinen Job wegen Fehlens von notwendiger Objektivität verlieren. Da aber dies in Fällen, in welchen es um den Glauben geht, bezeichnenderweise nicht geschieht, so deutet dieser Umstand darauf hin, dass hinter dieser Art der „Informationspräsentation“ nicht nur zur Traurigkeit veranlassende Unwissenheit in Dingen der Religion steckt, sondern wohl auch eine klare Absicht, die offenkundig auf ein bestimmtes System zurückgeführt werden muss!
Denn immer, wenn heute in den Massenmedien die Rede vom katholischen Glauben ist, wird regelmäßig ein ganz bestimmtes verzerrtes Bild davon gezeichnet, welches in das eigene Konzept passt. Tritt, um nur einige wenige Beispiele zu erwähnen, in irgend einer Sendung ein Priester auf, geht es verdächtig oft auch um das Thema Zölibat, wobei dieser bei ihm ja womöglich die so genannte Persönlichkeitsentfaltung behinderte; wird in irgend einem der modernen Filme ein Geistlicher gezeigt, der im Konflikt mit dieser (freiwillig übernommenen) Zölibatsverpflichtung steht und in seinem Umfeld eine Frau hat, gibt er am Ende des Filmes wie selbstverständlich dieser zuliebe seinen Priesterberuf auf; tauchen entweder ein Priester oder eine Nonne auf, die als „konservativ“ bezeichnet werden, erscheinen sie wie Unmenschen, die geistig verkrüppelt seien; kommt die Sprache auf die Kirche vor dem Vatikanum II, wird davon geredet, als ob damals alle unfrei und furchtbar geknechtet gewesen wären usw.
Und wenn es einmal auch inhaltlich um den christlichen Glauben gehen soll, dann erscheint in der Regel der völlig einseitig ausgelegte „Toleranz“gedanke als die wesentliche und fast einzige Aussage der christlichen Religion, welcher dann oft auf eine fast völlige Gleichgültigkeit in religiösen Angelegenheiten hinausläuft.
Egal, was der andere denke, vertrete und tue, mag dies in der katholischen Kirche und der hl. Schrift als noch so sündhaft bzw. sogar gotteslästerlich bezeichnet werden, als Christ solle man halt alles hinnehmen, dürfe man nicht dagegen aufbegehren, müsse man jedem und allem „verzeihen“. Denn jeder Versuch, sich gegen die Verunglimpfung der Person und des Wirkens Jesu Christi, des katholischen Glaubens oder der Kirche zu Wort zu melden und sich gegen solche skandalöse Verhaltensweisen aufzulehnen, wird von denselben Medien und „Künstlern“ sofort als intolerant, undemokratisch und unchristlich deklariert.
Und so wurde (und wird!) das Gewissen der Christen und Katholiken besonders im Lauf des letzten halben Jahrhunderts so sehr abgestumpft, dass sie sich heute nicht einmal bei den furchtbarsten Blasphemien zu Wort melden geschweige denn sich dagegen irgendwie zur Wehr setzen. Es ist eine Phase der religiösen Gleichgültigkeit und des Desinteresses erreicht worden, bei welcher man den Eindruck hat, der Glaube und die Religion seien in ihrem Leben völlig nebensächlich, diese würden bestenfalls eine ziemlich untergeordnete Rolle spielen!
So war es vor einigen Jahren (2000) nur ein ganz kleines Häufchen, welches gegen das Theaterstück CORPUS CHRISTI aufbegehrte, in welchem Jesus auf der Bühne in gotteslästerlicher Weise als ein Homosexueller dargestellt wurde, der sich mit seinen „Aposteln“ einem Saufgelage hingab. Und auch zur Zeit findet in Hamburg (bis Ostermontag) im Internationalen Haus der Fotografie eine Ausstellung statt (erneut unter dem Namen „Corpus Christi“), in welcher laut der „Deutschen Vereinigung für eine Christliche Kultur e.V.“ „auf vielen Fotos Jesus Christus blasphemisch dargestellt wird: splitternackt, als Affe, Hundefutter fressend usw. Auch werden Fotos mit splitternackten gekreuzigten Frauen oder Pferden ausgestellt. Eine Darstellung des ´Letzten Abendmahls´ von Hugnet ist eine Collage, die vor dem Tisch, an dem Jesus Christus und die Apostel sitzen, ein Paar beim Geschlechtsverkehr zeigt.“
Und wer macht Front gegen diese Schweinereien, die allem spotten, was für einen Christen heilig ist? Wo sind die Medien, die sonst (wenn sie nur irgendwie einen Verstoß gegen die so genannten „religiösen Gefühle von Minderheiten“ wittern) sofort auf die Barrikaden steigen, um diese „Vergehen“ lautstark zu beklagen und deren Urheber unmissverständlich anzuklagen? Wo sind all die Politiker, Publizisten und sonstige Meinungsmacher, die ständig gebetsmühlenartig von gegenseitigem Respekt und der Rücksicht auf die religiösen Gefühle der Mitmenschen reden? Alles, fast jede Religion und Minderheit in diesem Lande erfreut sich des aufmerksamen Schutzes der Politik und der Öffentlichkeit. Nur das Christliche darf verspottet und verunglimpft, nur der Name Christi in den Dreck gezogen werden!
Und wo sind gerade die Verantwortlichen in den „Kirchen“ und „christlichen“ Parteien, die sich sonst (zu Recht oder zu Unrecht) fast zu jeder Kleinigkeit zu Wort melden, die sie als falsch und ungerecht erachten, wenn es sich eben um Angehörige nichtchristlicher Religionen handele? Wie oft wird von ihnen sonst auf eindringlichste Weise vor so mancher „Pauschalisierung“ und „Intoleranz“ gewarnt, wenn es als politisch konform erscheint? Sollten nicht gerade sie sich gegen die unverschämte Beschmutzung des Christentums erheben und in dieser Bewegung die fordeste Front bilden?
Aber der Umstand, dass dies alles nicht geschieht, dass die Blasphemien gegen die christliche Religion im Gegenteil noch weiter zunehmen, deutet auf einen Prozess in unserer Gesellschaft hin, welcher offensichtlich gerade darauf abzielt, das authentisch christliche Element zu verunstalten, zu zerstören und somit auch auszurotten! Denn anders ist diese äußerst traurige Entwicklung, die als ein Verrat am christlichen Erbe Europas und der westlichen Welt bezeichnet werden muss, kaum zu bewerten. Denn die so genannten Zeichen der Zeit sind offenkundig und leicht wahrnehmbar.
Und besonders erschreckend ist es dabei, dass gerade die postkonziliare „Kirche“ sich im Vernichten von traditionell-katholischen Werten und Überzeugungen hervorgetan hat, wobei doch gerade sie am eifrigsten für diese geistigen Schätze des (ehemals) christlichen Abendlandes eintreten sollte! Wer hat denn sonst in den letzten Jahrzehnten mit dem enormen Forcieren von unseligen modernistischen „Reformen“ den gesunden Glauben und die letzten Reste christlicher Überzeugung aus den Herzen der Gläubigen geraubt?
Aber gerade dieser Umstand zeigt überdeutlich an,
wie die heutige geschilderte Situation zu bewerten ist. Wenn sogar jene Instanz,
die sowohl mahnen als auch bei der Verteidigung von christlichen Werten und
Überzeugungen an der fordersten Front stehen sollte, praktisch eigentlich zu den
Feinden übergelaufen ist, dann sieht es doch, menschlich gesprochen, wirklich
düster aus, dann erleben wir heute eine ganz besonders gefährliche (weil
außergewöhnlich raffinierte) Art der intellektuellen Christenverfolgung! Zwar
werden wir gegenwärtig nicht unseres Eigentums beraubt und mit physischem Druck
zum Abschwören gezwungen. Aber was sich, wie oben skizziert, heute abspielt,
fällt trotz des oft erzeugten gegenteiligen naiven Scheines dennoch klar unter
die Kategorie „Verfolgung“, zumal eine unauffällige und listige
Christenverfolgung umso gefährlicher ist, weil in gewissem Sinn „erfolgversprechender“
und „effektiver“!
P. Eugen Rissling