Ständiges Wachstum im Glauben!


Während der Verkündigung Seiner göttlichen Wahrheit bediente sich Jesus Christus immer wieder verschiedener Bilder aus der Natur oder dem Alltagsleben, wie wir es ja in den Evangelien mehrfach nachlesen können. Diese Gleichnisse und Vergleiche sollten bewirken, dass die Zuhörer Christi an einem Beispiel, das ihnen sehr wohl vertraut ist und das sie verstehen, bewusster nachvollzögen, was ihnen Jesus mitteilen, worüber Er sie (und uns) belehren will. An diesen konkreten Alltagsbeispielen sollte somit die göttliche Wahrheit besser veranschaulicht werden.

Und wenn wir uns jetzt im Sommer des saftigen Grün der Natur erfreuen (dürfen), wenn wir beobachten können, wie die ganze Pflanzenwelt wunderbar wächst und gedeiht, dann erinnert uns diese herrliche Realität ebenfalls an bestimmte Zusammenhänge des geistlichen Lebens, des Lebens mit Gott. Bezeichnenderweise schreibt ja auch die Römische Kirche für die Sonntage nach Pfingsten die grüne liturgische Farbe vor, welcher Umstand im klaren Zusammenhang mit der betreffenden Zeit des Kirchenjahres steht. So symbolisiert ja das grüne Messgewand des Priesters ausdrücklich geistiges Wachstum und Gedeihen, die ständige Zunahme an Glaube, Hoffnung und Liebe.

2) Wenn das Samenkorn einer beliebigen Pflanze in das Erdreich fällt, schlägt es als allererstes Wurzeln. Und ohne dass es zu dieser Wurzelbildung kommt, kann die Pflanze auch keinen Trieb schlagen und somit nicht wachsen und gedeihen. Und je tiefer und umfangreicher die Wurzeln sind, desto mehr Feuchtigkeit, Mineralien und sonstige Nährstoffe können durch sie aus der Erde aufgenommen werden und zur Pflanze gelangen. Und je tiefer und fester diese Wurzeln in das Erdreich hinein wachsen, desto stabiler ist dann diese Pflanze selbst, umso eher kann sie auch den Stürmen oder sonstigen Witterungswidrigkeiten trotzen ...und somit ohne einen nennenswerten Schaden überleben!

Somit besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Tiefe und Qualität der Wurzel auf der einen und dem Wachstum und dem Zustand der betreffenden Pflanze oder des betreffenden Baumes auf der anderen Seite. Also können nur jene Pflanzen und Bäume günstig gedeihen und schlussendlich auch Frucht bringen, welche über gute und gesunde Wurzeln verfügen! Und ohne solche Wurzeln geht die entsprechende Saat entweder überhaupt nicht auf oder sie stirbt in einem sehr frühen Stadium ab.

Und so ähnlich verhält es sich ja auch in unserem geistigen Leben, in unserer Beziehung zum Herrgott. Ein Mensch, der zum Glauben kommt oder sich seines Glaubens bewusst wird, muss unbedingt zuallererst geistige Wurzeln schlagen, die da bei uns zusammengefasst heißen müssen: fester und vitaler Glaube (an), lebendige und zuversichtliche Hoffnung (auf), aufrichtige und selbstlose christliche Liebe (zu Gott)! Ohne das Vorhandensein dieser Drei Göttlichen Tugenden, wie sie im Katechismus bezeichnet und charakterisiert werden, wird sich auch in unserem geistigen Leben kein lebensfähiger Trieb aus dem Samenkorn entwickeln können, wird das zarte Bäumlein unser Gottesbeziehung nicht einmal in der Lage sein, aus sich heraus zu gehen und die geistige „Erdoberfläche“ zu erreichen.

Und auch wenn wir es schaffen sollten, - um in diesem Bild zu bleiben - zum Licht der Sonne vorzustoßen, dann werden es uns nur tiefe, gesunde und weitverzweigte Wurzeln lebendiger Gottesbeziehung gestatten, sowohl dem teilweise sehr starken Wind der an den Menschen hier auf Erden vielfältig herantretenden Versuchung erfolgreich zu trotzen als auch schadensfrei den bisweilen sogar orkanartigen Stürmen der Widrigkeiten und der Kreuze des irdischen Daseins zu widerstehen. Und nur dann, wenn wir diese Wurzeln immer mehr in das Erdreich hinein schießen und sie uns somit immer reichhaltiger anwachsen lassen, werden wir in der Lage sein, genug an übernatürlichen Nährstoffen für die Bildung eines gesunden und stabilen geistigen Baumstammes zu sammeln, um auch in schweren Zeiten, in Zeiten der Prüfung, vor dem Angesicht Gottes bestehen zu können. Dann wird (als erste Voraussetzung) auch einem stets zunehmenden Wachstum des Baumes unserer Gottesbeziehung nichts ernsthaft im Wege stehen! „Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt, und der Sieg, der die Welt überwindet, ist unser Glaube“ (1 Joh 5,4)!

3) Aber gute und gesunde Wurzeln allein genügen noch nicht, damit sich eine Pflanze günstig entwickeln und am Ende auch tatsächlich Frucht tragen kann. Denn sobald nur eine jede Pflanze an die Erdoberfläche gelangt, bedarf sie dann unbedingt auch des Lichtes und der Wärme der Sonne! Würde nämlich Dunkelheit vorherrschen, würde praktisch jede Pflanze und jeder Baum verkümmern. Schon allein ein sonnen- und somit lichtarmer Frühling, Sommer und Herbst bewirken einen ungünstigen Einfluss auf die gesamte Vegetation. Und würde die gesamte Pflanzenwelt nicht genug Wärme erfahren, die ja schlussendlich ebenfalls von der Sonne kommt, entwickelt sie sich in gleicher Weise ziemlich ungünstig bzw. stirbt schlimmstenfalls sogar ab (z.B. frostbedingt). Somit hängt für die Pflanze sehr viel auch von der Sonneneinstrahlung ab - ihrer Intensität wie Dauer!

Nun ist interessant, dass unsere physikalische Sonne (bei Tag) immer leuchtet. Dasselbe trifft umso mehr auf die geistige Sonne zu, auf den Herrgott, welcher ja sowohl die Quelle aller Gnaden ist als auch ununterbrochen das Heil des Menschen will. Und über Christus heißt es ja im Evangeliums: „In Ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Das Licht leuchtet in der Finsternis“ (Joh 1,4f); bzw. Er sagt selbst: „Ich bin das Licht der Welt. Wer Mir nachfolgt, wandelt nicht im Finstern, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12).

Somit kann es nicht an Ihm liegen, wenn Seine Sonnenstrahlen nicht zu uns durchdringen und uns somit auch nicht be- und erleuchten! Und auch tatsächlich ist es letztendlich auf nichts anderes als auf unsere eigenen Sünden zurückzuführen, dass die göttlichen Sonnenstrahlen und deren Wärme uns leider nicht (oder nicht genügend) erreichen! Diese von uns willentlich und absichtlich begangenen bzw. bewusst zugelassenen Übertretungen des sittlichen Gebotes Gottes stellen also ebenfalls ein ernstzunehmendes Hindernis für gesundes Wachstum und Gedeihen des Baumes unseres übernatürlichen Lebens mit Ihm. Sie sind jene teilweise sogar sehr dunklen und schweren Wolken, die von bisweilen bis überwiegend oder sogar ständig am Himmelsfirmament unseres Lebens hängen und uns von der Licht- und Wärmequelle Gottes trennen und abschneiden!

4) Und die gesunde Brise, die diese moralisch-relevanten Wolken der menschlichen Sündhaftigkeit und sittlichen Gebrechlichkeit vertreiben, sind zunächst unser energisches Aufbegehren gegen diesen traurigen Zustand, in dem wir uns nicht selten befinden, und dann auch eine aufrichtige Reue über unsere Verfehlungen und der damit verbundene ernste Wille zur Besserung des eigenen Lebens! Das ist der einzige Weg, wie wir einen Ausweg aus der bisweilen sehr verfahrenen Situation des eigenen sittlichen Elends finden und zur positiven Lösung des Problems gelangen können. Jeder andere Vorschlag führt nicht aus der Sachgasse heraus.

Nehmen wir also diesen sittlichen Kampf auf uns, geben wir bei dieser Mühe um die Besserung des Zustandes nicht zu schnell und zu leichtfertig auf. Denn je mehr und umfangreicher die bisherige geistige Lichtlosigkeit und der Wärmemangel bei uns an großem oder auch „nur“ kleinem Schaden angerichtet hat, desto länger und mühsamer ist auch der Weg heraus aus dem Tal der Tränen.

Wappnen wir uns also dabei mit Geduld und Tapferkeit, denn nur der, der sich ehrlich bemüht und nicht zu schnell die Flinte ins Korn wirft, erreicht auch das gute Ziel: „Was euch not tut, ist geduldige Ausdauer, um den Willen Gottes zu erfüllen und so das verheißene Gut zu erlangen“ (Hebr 10,36); „Ihr sollt denen nachahmen, die durch Glauben und Geduld die Verheißungen erben“ (Hebr 6,12); „Mit Ausdauer wollen wir laufen in dem Wettkampfe, der uns erwartet“ (Hebt 12,1). Und auch im Hinblick auf diese Auseinandersetzung mit dem Teufel, dem Widersacher Gottes, gilt das Wort unseres Erlösers: „Wer aber ausharrt bis ans Ende, wird gerettet werden“ (Mt 10,22; 24,13)!

Und wer dann bei diesem übernatürlichen Kampf trotz eventuell mancherlei Rückschläge schlussendlich doch für mehr oder weniger heiteres Wetter in seinem Leben sorgt, der darf in entsprechendem Maß auch in den Genuss der wunderbaren und herrlichen Strahlen des alles belebenden und höchst inspirierenden Gnadenlichtes Gottes kommen! Denn wie in der Natur das Wachstum und Gedeihen der gesamten Pflanzenwelt von der Lichteinstrahlung der physikalischen Sonne abhängt, so ist Jesus Christus, „der Eingeborene, der Gott ist, der da ruht am Herzen des Vaters“ (vgl. Joh 1,18), umso mehr die (einzige!) Instanz, von der ein jeglicher übernatürlicher Fortschritt seinen Anfang nimmt und einen gesunden Fortgang findet. Er ist die übernatürliche Sonne, von der unser gesamtes geistiges Wohlergehen abhängt.

Stärken und vertiefen wir also in unserem Leben die geistigen Wurzeln des festen Glaubens, der lebendigen Hoffnung und der christlichen Liebe und lassen wir dadurch den Baum unserer Gottesbeziehung ständig weiterwachsen und gedeihen. Jagen wir aber auch unaufhörlich die Wolken der Sünde und Gottesferne vom Horizont unseres übernatürlichen Lebens weg, damit wir - indem wir uns sowohl vom unendlichen als auch unendlich reichen Gnadenlicht Gottes bestrahlen und beleuchten lassen - geistige Früchte einer lebendigen Gottesbeziehung bringen können! Und wie eine jede Pflanze sich nach dem Licht der Sonne ausrichtet, so soll sich auch bei uns alles nach der unveränderlichen Lehre und dem klar erklärten Willen Jesu Christi, unseres Heilandes und Erlösers, richten. Denn nur so werden wir dann auch am Ende dieses Prozesses in der Lage sein, möglichst hundertfache (vgl. Mt 13,23) geistige Frucht für die Zeit und die Ewigkeit zu erbringen!


P. Eugen Rissling

 

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