Die wahren Jünger Christi

Die aufrichtige Liebe zu Jesus Christus, unserem göttlichen Erlöser, muss bei einem jeden katholischen Christen notwendigerweise auch die ehrliche Sorge um Seine Stiftung, die katholische Kirche, einschließen. Lebt Er ja nicht nur in einem jeden Seiner treuen Jünger gewissermaßen weiter (vgl. Apg 9,1-5), so dass wir in ihnen Ihm begegnen können (vgl. Mt 25,34-45), sondern lenkt, ernährt und regiert Er uns fortwährend durch den treuen Dienst des apostolischen Amtes und die gewissenhafte Ausspendung der hl. Sakramente. Somit wäre es praktisch unvereinbar, gleichzeitig aufrichtige Liebe zu Christus und Gleichgültigkeit gegenüber dem Zustand der katholischen Kirche, der mystischen Braut Christi (vgl. Offb 21,2f.), zu empfinden!  

Aber gerade wenn wir heute einen Blick auf diesen gegenwärtigen Zustand der Kirche Christi werfen, überkommt uns, traditionsverbundene Katholiken, eine tiefe Traurigkeit. Zwar ist sie von Ihm selbst gegründet worden und ruht von Anfang an auf dem Fundament des Glaubens Seiner Apostel. Sie entsprach in der Vergangenheit immer dem Missionsbefehl ihres Stifters und verbreitete das Licht des Evangeliums bis in die entlegensten Winkel dieser Erde. Sie besteht praktisch aus allen Völkern und Nationen und bildet somit die weltumspannendste religiöse Organisation dieser Welt. 

Auch wäre die Geschichte des Abendlandes, ohne die integrierende und befreiende Kraft des christlichen Glaubens samt der verschiedenen religiösen, wohltätigen, sozialen Institutionen und der mannigfachen Bildungseinrichtungen der katholischen Kirche, gänzlich anders verlaufen. Jedenfalls ist sie eine Organisation, die gerade wegen ihres bedingungslosen Festhaltens an der unwandelbaren Lehre Jesu Christi, unseres göttlichen Herrn und Heilandes, schon immer viel Gutes unter den Menschen gewirkt und vor allem den himmlischen Segen des Dreifaltigen Gottes über die ganze Welt verbreitet hat! 

Dennoch fragen wir uns heute, wo denn gegenwärtig der ganze himmlische Glanz dieser “Braut Christi” geblieben ist. Denn jeder, der der Lehre und der Kirche Christi bewusst treu bleiben will, muss sich in die Opposition zur offiziellen Institution der postkonziliaren modernistischen “Kirche” begeben und wird somit sowohl von der Amtskirche selbst als auch von der breiten Öffentlichkeit wie ein Ausgestoßener behandelt. Man wird aus den eigentlich für das überlieferte Messopfer gebauten und geweihten Kirchengebäuden verstoßen und muss sich in der Regel in Privathäusern oder bestenfalls in gemieteten Räumlichkeiten zur Feier des unbefleckten Opfers des Neuen Bundes versammeln. Vom Einfluss auf die Gesellschaft kann wohl nicht im entferntesten die Rede sein, zumal wir auch, was die Zahl der Mitglieder und die Finanzstärke angeht, der “Kirche” des Vatikanums II. hoffnungslos unterlegen sind - wir bilden ein ganz kleines und finanzarmes Häufchen! 

Als ein (zweiter) Karfreitag kann diese Situation auch deshalb bezeichnet werden, weil sich von allen Seiten nur Hohn und Spott gegen die überlieferten Glaubenswahrheiten der katholischen Kirche ergießen. Ja sogar die modernistische Amtskirche selbst beteiligt sich insofern an diesem abstoßenden Spektakel, als sie dabei nicht nur vieles (praktisch kopfnickend und zustimmend) “duldet”, sondern auch eigenerseits viele der entscheidenden katholischen Dogmen relativiert und der Lächerlichkeit preisgibt. Katholische Inhalte werden durch modernistisch-protestantisch-liberale “Werte” ersetzt - das neue Rom betreibt somit aktiv die Sache der erklärten Gegner der Kirche Christi! 

Ja, auch die wahre katholische Kirche macht heute eine Art Karfreitag durch ...und viele scheinen dadurch schwach bzw. daran irre zu werden und verlassen dann in der Folge auf die eine oder andere Art und Weise den gemarterten und gekreuzigten Heiland! Um einen solchen Treuebruch zu begehen, muss man nicht unbedingt den katholischen bzw. christlichen Glauben aufgeben oder sich einer nicht-katholischen bzw. nicht-christlichen religiösen Gemeinschaft anschließen. Nein, das Nachlassen des gesunden Eifers für den katholischen Glauben und die wahre Kirche, der laxere Umgang mit verschiedenen Verpflichtungen der Gottes- und der Nächstenliebe, zunehmende Bequemlichkeit beim Erbringen zumutbarer (und bisher sehr wohl erbrachten!) Anstrengungen, um z.B. am Sonntag an der hl. Messe teilzunehmen, gegen besseres Wissen und das eigene Gewissen eingegangene faule Kompromisse entweder mit der postkonziliaren Amtskirche selbst oder mit einer der in ihren Diensten stehenden und angeblich glaubenstreuen Priesterbruderschaften oder ähnlichen Gemeinschaften, können leider auch schon zu den ersten Schritten eines solchen Treuebruches gegen Christus und die von Ihm gestiftete katholische Kirche gerechnet werden. Denn ein teilweises Abweichen von der Wahrheit bedeutet auch schon Abkehr von dieser Wahrheit! 

Auch an uns tritt bisweilen vielleicht ebenfalls der Gedanke heran, ob denn dieser gegenwärtige bitter traurige, ja scheinbar sogar gänzlich hoffnungslose Zustand der katholischen Kirche wirklich dem Ideal der Kirche Christi entsprechen könne, ob die Modernisten vielleicht nicht doch auf die eine oder andere Weise recht haben mit ihren “Reformen” und “Neuerungen”, ob man sich denn nicht lieber ebenfalls ihnen anschließen sollte (um ein etwas ruhigeres und bequemeres Leben zu haben)! 

Im Evangelium (vom Ostersonntag) lesen wir: “Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome würzige Öle, um hinzugehen und Ihn zu salben. In der Morgenfrühe des ersten Wochentages, als die Sonne schon aufgegangen war, kamen sie zum Grab. Sie sagten zueinander: ´Wer wird uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?´” (Mk 16,1-3) Und obwohl dies ein sehr nüchterner Bericht ist, beschreibt er eine geradezu heldenhafte Glaubenshaltung der betreffenden frommen Frauen. 

Um diese besser bewerten zu können, muss man sich in Erinnerung rufen, was sich unter einem bestimmten Gesichtspunkt während der Passion Christi abgespielt hat. Jesus ist ja bekanntlich mit dem Anspruch aufgetreten, der im Alten Bund verheißene Messias und Sohn Gottes zu sein. Nun verbanden aber die Juden mit dem Messias die starke Hoffnung, dass Er sie vom Joch der Fremdherrschaft des heidnischen Römischen Imperiums befreien und Israel mächtig machen würde. Somit musste der Messias nach jüdischer Erwartung ein starker Herrscher sein, der politisch-militärisch das Zepter in die Hand nimmt und endlich alle Feinde Israels verjagt. 

Diese Erwartung beseelte offenkundig auch Seine Apostel und Jünger - sie dauerte bei diesen sonderbarerweise sogar bis über Seinen Tod hinaus an. Verhehlten ja die beiden Jünger, die am Tag der Auferstehung Jesu von Jerusalem aus in die Ortschaft Emmaus gingen, ihrem Begleiter, den sie ja nicht sofort als Jesus erkannten, nicht ihre Enttäuschung darüber, dass Er offenkundig nicht ihren entsprechenden Erwartungen entsprochen hatte: “Wir aber hatten gehofft, dass Er es sei, der Israel erlösen würde. Im Gegenteil, das ist ja zu alledem heute der dritte Tag, seit dies geschehen ist.” (Lk 24,21) 

Jesus ist ganz bewusst nicht auf jenes Ansinnen der Juden eingegangen. So weigerte Er sich ja entschieden, dass das Volk kommt “und Ihn mit Gewalt zum König” macht (vgl. Joh 6,15). Weiter wird uns in demselben Evangelium berichtet, dass “sich viele Seiner Jünger zurückzogen und nicht mehr mit Ihm gingen” (vgl. Joh 6,66). Zweifelsohne hat somit die Weigerung Jesu, irdisch-politischer König nach dem Geschmack der Menschenmasse zu werden, bei dieser Abkehr Seiner Jünger von Ihm ebenfalls eine nicht geringe Rolle gespielt! 

Aber Jesus wollte kein Messias sein bzw. werden, wie sich ihn Seine Zeit- und Volksgenossen fälschlicherweise erträumten, sondern trotz Seines ausdrücklichen Anspruches, sowohl der wahre Messias als auch Christus, der Gesalbte Gottes, und der Eingeborene Sohn Gottes zu sein, hat Er sogar einen schmachvollen Tod am Kreuz auf sich genommen! Der Triumph und der Spott der Feinde Christi, welche Seiner Kreuzigung und dem Sterben beiwohnten, bestand unter anderem ja auch und gerade darin, dass Jesus angesichts Seines fundamentalen Anspruchs, Messias und Sohn Gottes zu sein, ein so elendes Ende nahm und somit vor ihren Augen als der letzte Versager und Verlierer dastand: “Die Vorbeigehenden lästerten Ihn, schüttelten den Kopf und sagten: ´Ha, Du willst doch den Tempel Gottes niederreißen und in drei Tagen wiederaufbauen! Steig herab vom Kreuz und rette Dich selbst!´ Ebenso höhnten auch die Hohenpriester unter sich samt den Schriftgelehrten und sagten: ´Anderen hat Er geholfen, sich selbst kann Er nicht helfen. Der Messias, der König Israels, soll jetzt vom Kreuz herabsteigen, damit wir es sehen und glauben.´” (Mk 15,29-32) Ein “König” und “Messias”, der äußerlich so klar Schiffbruch erleidet und dann so erbärmlich am Kreuz stirbt, war in den Augen sämtlicher Zeitgenossen Jesu ein klarer und unbezweifelbarer Widerspruch - völlig unvereinbar mit dem jüdischen Verständnis von “König”, “Messias” und “Sohn Gottes”! 

Und bezeichnenderweise verwehrte Jesus einem Seiner Begleiter, Ihm bei Seiner Festnahme im Garten Gethsemani mit dem Schwert zur Hilfe zu kommen (vgl. Mt 26,51-54). Es ist somit nicht abwegig anzunehmen, dass die Apostel dies als einen endgültigen Verzicht Jesu auf ein weltliches Königtum und irdisches Messiasreich auffassten und Ihn vielleicht gerade deshalb auch verließen (vgl. Mt 26,56). Dieser Verzicht Jesu könnte sehr wohl auch dafür einer der entscheidenden Gründe gewesen sein, dass Judas Iskariot Jesus verraten und Petrus Ihn zum damaligen Zeitpunkt dreimal verleugnet und sogar geschworen hatte, Ihn überhaupt nicht zu kennen (vgl. Mt 26,69-74). 

Die Frauen aber (“Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome”) gingen zum Grab! Man darf sehr wohl annehmen, dass sie zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls nicht so richtig gewusst hatten, wie die bitter-traurigen Ereignisse der letzten Tage, das furchtbare Leiden und schmachvolle Sterben Jesu, einzuordnen seien, und dass sie deswegen, gelinde gesagt, auch etwas verunsichert waren. Sicherlich hatten sie sich einen ganz anderen Ausgang sowohl des juristischen Prozesses Jesu im Speziellen als auch Seiner gesamten Lebensmission im Allgemeinen gewünscht. Denn ihnen ist ja die Erwartung des Volkes Israel bezüglich des zu erwartenden Messias sehr wohl bekannt gewesen. 

Aber allein schon die Tatsache, dass sie zum Grab Christi gingen und Seinen Leichnam gemäß der Sitte salben wollten, drückt aus, dass sie Ihn in gewisser Hinsicht dennoch nicht vollends aufgegeben hatten oder an Ihm gleich den Aposteln zu stark gezweifelt hätten. Dem Umstand nämlich, dass sie Ihm mit der Salbung des Leichnams den letzten Liebesdienst erweisen wollten, können wir entnehmen, dass sie trotz Seiner äußeren bitteren Niederlage wie auch immer zu Ihm gestanden sind! 

Offensichtlich haben sie auch nicht vergessen (können), wessen sie zuvor als Zeugen gewürdigt wurden. Denn sie hatten ja ebenfalls persönlich erlebt, wie Jesus durch die Lande zog und dabei Kranke und Aussätzige heilte, Besessene von ihren unreinen Geistern befreite, Tote wieder zum Leben erweckte. Ihnen ist sicherlich nicht entfallen, welche gewaltige Wirkung die Bergpredigt Jesu auf ihre Zuhörer hatte, zu denen sie vielleicht auch schon gehört hatten: “Als Jesus diese Reden beendet hatte, wurden die Volksscharen von Staunen über Seine Lehre ergriffen. Denn Er lehrte sie wie einer, der Macht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten und Pharisäer” (Mt 7,28f). 
Und wie hätte zum Beispiel Maria Magdalena vergessen können, dass sie, obwohl eine stadtbekannte Sünderin, von Ihm die Vergebung ihrer großen Schuld erhalten hatte, obwohl Er dadurch den starken Unmut der Schriftgelehrten und Pharisäer auf sich gezogen hatte (vgl. Lk 7,36-50)! Wie hätte dies alles an ihr insofern gänzlich spurlos vorbei gehen können, dass es keine Auswirkung auf ihren Glauben an und ihr Vertrauen zu Jesus gehabt hätte!? 

Auch wenn also diese Frauen damals nicht so richtig haben verstehen können, warum die Ereignisse der letzten Tage im Leben Jesu die entsprechende traurige Wendung genommen hatten, muss es ihnen zur gleichen Zeit auch bewusst gewesen sein, dass Jesus in Wahrheit doch nicht der sein könne, als welcher Er nun zuletzt, am Kreuz hängend, von Seinen Feinden verspottet wurde. Vielleicht beseelte sie sogar bereits die Ahnung, dass sich hinter dem äußeren Schein der historischen Ereignisse doch noch viel mehr verbergen müsse, als dieser Schein auf den ersten Blick offenbarte! Denn die göttliche Macht, die aus Seinen Leib und Seele durchdringenden Worten und den zahlreichen von vielen Menschen erlebten Wundertaten geradezu strahlte, konnte keine täuschende Fata Morgana sein bzw. lediglich auf Lug und Trug aufgebaut gewesen sein! 

Somit hat wohl die persönliche intensive Beziehung zu Jesus, den sie offensichtlich als den von Gott Gesandten, als den verheißenen Messias und Sohn Gottes erkannt hatten, gewissermaßen verhindert, dass sie Ihn weitestgehend im Stich gelassen bzw. vollends aufgegeben hätten. Wegen der offensichtlich schon damals von ihnen empfundenen aufrichtigen Liebe zu Ihm konnten sie sich nicht von Ihm ernsthaft lostrennen (lassen) - wohl auch deshalb gingen sie am dritten Tag nach Seinem Tod zu Seinem Grab! 

So wollen auch wir einen analogen Pfad sowohl bei der grundsätzlichen Bewältigung als auch bei der persönlichen Verarbeitung der heutigen tiefen Krise der katholischen Kirche beschreiten. Vergessen wir doch zunächst bitte nicht, dass auch wir jene Erkenntnis vollzogen haben, welche aus den Worten des Apostels Petrus spricht (als er nicht schwach gewesen): “Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir glauben und erkennen, dass Du der Heilige Gottes bist” (Joh 6,68f). 

So erkannten doch auch wir grundsätzlich, d.h. unabhängig von der heutigen Krise der Kirche, sowohl dass Er der göttliche Erlöser und der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen ist, als auch dass ohne Christus kein Heil möglich ist (vgl. Apg 4,12)! Wir wissen, dass Er eine Kirche gestiftet hat (auf dem Fundament des Glaubens der Apostel), und dass diese Kirche die katholische Kirche ist. Und wenn dies alles zu unserem Erkenntnisschatz gehört, warum soll es dann nicht mehr stimmen, nur weil wir deswegen Widerspruch von vielen Seiten erfahren oder uns unvernünftige und ideologisch-demagogisch gefärbte Vorwürfe anhören müssen? Hängt denn die positive Qualität der Wahrheit von der Quantität derer ab, die sie bejahen oder ablehnen? 

Und auch hatten wir ja im Laufe unseres Lebens mehr als genug Gelegenheit, an uns die unbegreifliche Barmherzigkeit Gottes zu erfahren! Wie oft waren wir trostlos und niedergeschlagen, und Er hat uns wieder getröstet und aufgerichtet! Wie oft kamen uns alle unsere Anstrengungen wie ein geistiger Leerlauf vor, und Er flößte uns neuen Mut ein! Wie oft wussten wir keinen Rat in einer schwierigen Lebenslage oder suchten fast verzweifelt nach einer Lösung des betreffenden Problems, und Er wies uns durch die Eingebungen des Hl. Geistes den rechten Weg oder ließ uns durch Seine Gnade unsere Opferbereitschaft erneuern! Wie oft drückte uns unsere eigene Sündenlast nieder (mögen wir vielleicht auch keine Todsünden begangen haben) und presste uns geistig aufrichtige Tränen der Reue heraus, und Er gab uns durch Seine Vergebung (in der hl. Beichte, dem Sakrament der Buße) wieder Luft zum Atmen und eine neue Perspektive! Wie oft...! 

Wenn wir dann erleben müssen, wie sich heute ein so gewaltiger Abfall von Christus, von den authentischen christlich-katholischen Glaubensinhalten und auch von der “alten” Kirche, vollzieht, obwohl doch jene Wahrheiten tatsächlich von Ihm und den Aposteln gelehrt wurden (und somit göttlichen Ursprungs sind!) und jene Kirche wirklich auf Ihn zurückzuführen ist (und somit als Seine mystische Braut anzusehen ist!), dann mögen wir zunächst zwar ebenfalls nicht selten nicht richtig verstehen und begreifen, warum sich dieser traurige Prozess der enormen Schwächung der Christenheit ereignet bzw. weshalb von Gott zugelassen wird, dass Er und Seine Kirche heute so viel Ablehnung, Spott und Hohn erfahren und im übertragenen Sinn am Kreuz sterben müssen. 

Aber dennoch wollen wir dann Christus nicht verlassen oder an Ihm verzweifeln, indem wir etwa die Hände in den Schoß legen, faule Kompromisse mit Seinen Gegnern und denen der wahren katholischen Kirche schließen oder Ihn sogar ganz verleugnen! Schenken wir den scheinbar klugen und intelligenten, aber letztendlich doch haarsträubenden, ja sogar primitiven Märchen der modernen “Propheten” keinen Glauben (weil sie nicht “Christus, den Gekreuzigten” predigen - vgl. 1 Kor 1,23) und lassen wir uns von ihnen nicht betören. Ähneln wir darin bitte nicht jenen Jüngern, die “sich zurückzogen und nicht mehr mit Ihm gingen” (vgl. Joh 6,66), sondern jenen Frauen, die zu Seinem Grab gingen und Ihm durch die Salbung Seines Leichnams weiterhin dienen wollten, obwohl sich alles und alle gegen Ihn gewandt hatten und Seine gute Sache dem äußeren Anschein nach bereits gänzlich verloren ging. 

Erwecken wir in uns das auf der grundsätzlichen Erkenntnis und der persönlichen Erfahrung Seiner Göttlichkeit beruhende Vertrauen, dass dies alles trotzdem einen Sinn hat und auf welche Weise auch immer den guten und weisen Plänen Gottes dient. Der hl. Apostel Paulus schrieb einmal: “Ich weiß, wem ich geglaubt habe” (2 Tim 1,12). So wollen auch wir uns sowohl auf Jesus Christus im Allgemeinen (“Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch Mich” - Joh 14,6) als auch auf Seine folgenden Worte im Speziellen besinnen, wonach “die Pforten der Hölle sie (die Kirche) nicht überwältigen werden” (Mt 16,18). Dass Jesus stärker ist als Seine Feinde und Gegner und dass Er die Wahrheit spricht, sagt uns unser gesunder Glaube und die aufrichtige Liebe zu Ihm, wann und wie aber diese Seine Worte in Erfüllung gehen (werden), müssen wir schon Ihm überlassen! 

Interessant ist der folgende Umstand. Jene Frauen des Evangeliums widersetzten sich dem allgemeinen Trend des historischen Karfreitags, sich ausdrücklich als Gegner Jesu zu positionieren, bzw. der damaligen Tagesmode, Ihn zu verleugnen. Sie versteckten sich nicht, sondern gingen unbeschadet des möglichen Spottes an ihre Adresse einfach “zum Grab”. 

Und gerade deshalb wurden sie auch gewürdigt, als Erste zu erfahren, dass der Stein vom Grab Jesu weggewälzt war und Er von den Toten auferstanden ist! Hätten sie sich gleich den Aposteln verschreckt gezeigt und sich somit nicht aus dem Hause gewagt, hätten sie an dem betreffenden Tag nichts mitbekommen. So aber, weil sie eben ihre Treue zu Ihm mit Taten unter Beweis gestellt hatten, wurden sie sogar beauftragt, Boten Seiner Auferstehung zu werden (vgl. Mk 16,7): dass Er nämlich stärker ist als Sünde und Teufel und aus diesem Kampf letztendlich doch als Sieger hervorgegangen ist; dass Er mit Seiner äußeren Ohnmacht die Übermacht der Unterwelt überwunden und durch Seinen Tod die Erde wieder mit dem Himmel versöhnt hat! 

So werden sicherlich auch wir in unserem Leben Zeugen der himmlischen Herrlichkeit Christi und des übernatürlichen Glanzes Seiner Kirche werden, was sich dann in unseren Herzen und in unseren Seelen abspielen wird. Aber dies alles (nach dem weisen Ratschluss Gottes) nur, wenn wir Ihn weder (auf die eine oder andere Art und Weise) verschweigen noch verleugnen, sondern Ihm trotz viel Gegenwindes seitens der liberalen Welt und modernistischen “Kirche” auch und gerade am Karfreitag, der Zeit Seiner äußeren Ohnmacht, die unverbrüchliche Treue halten! Denn erstens wird der Ostersonntag nur durch den Karfreitag ermöglicht, und zweitens ist Golgotha, der Platz unter dem Kreuz Christi, der eigentliche Treff- und Begegnungspunkt der Jünger Christi mit ihrem göttlichen Herrn und Meister! 


P. Eugen Rissling

 

 

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