Der Sünde Sühne!

  ■ Zu den historischen bzw. baulichen Sehenswürdigkeiten der tschechischen Hauptstadt Prag gehört zweifelsohne auch die berühmte Karlsbrücke, die nach dem Kaiser Karl IV. (1316-1378) benannt wurde, der zugleich unter anderem auch böhmischer König war und dem man dort wegen seiner Verdienste um das Land die Bezeichnung “Landesvater” verlieh. Und auf dieser Brücke befindet sich neben einer ganzen Reihe von anderen Skulpturen von Heiligen auch eine so genannte Kalvariengruppe mit der Darstellung des gekreuzigten Heilandes, umgeben von der hl. Jungfrau Maria und dem hl. Johannes.
Nun, dass eine Brücke ein Kreuz enthält, ist ja überhaupt nichts Ungewöhnliches für die verschiedenen Länder Europas, die christliche Wurzeln haben. Ungewöhnlich und in gewisser Weise einmalig ist aber der historische Hintergrund, welcher zur Errichtung dieses Kreuzes geführt hatte. Es gab nämlich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts einen gewissen Elias Backoffen, der Jude war und das heilige Kreuz Christi wohl auf eine besondere Weise gelästert und erniedrigt hatte. Die Bewohner Prags haben sich damals aber nicht gefallen lassen, dass ihr Glaube niedergemacht und der göttliche Erlöser verspottet wurde, und ein Gericht verurteilte den betreffenden Herrn, eben jenes Kreuz zum Zweck der Wiedergutmachung seiner Gotteslästerung auf der bereits seit dem 14. Jahrhundert bestehenden Karlsbrücke auf eigene Kosten errichten zu lassen! Daher ist dann auch um das Kreuz herum in vergoldeten Lettern und in hebräischer Sprache der folgende Lobpreis Gottes aus dem Propheten Isaias angebracht worden: “Heilig, heilig, heilig, ist unser Herr der Heerschaaren”.
Ja, wirklich interessant. Aber in der jüngsten Vergangenheit - der Vollständigkeit halber erwähnen wir dies hier - haben sich die Verantwortlichen der Stadt Prag verpflichtet gefühlt, insofern durch die heute so populäre so genannte “politische Korrektheit” aufzufallen, dass sie im Jahr 2000 auf der Karlsbrücke neben der Kalvariengruppe eine Tafel haben anbringen lassen, worauf darauf hingewiesen wird, dass jenes Gericht über Elias Backoffen dazu gedient hätte, “to humiliate the Jewish community” (“die jüdische Gemeinde zu demütigen”), wie es da in Englisch offiziell heißt. Dadurch hat man - in Verdrehung des eigentlichen historischen Sachverhalts - das Ganze sogar als einen Akt des Antisemitismus dargestellt und damit den Bock zum Gärtner gemacht, was natürlich absurd ist!
■ Denn die Bürger bzw. die damaligen Verantwortlichen in Prag haben mit ihrer betreffenden Reaktion auf die wohl öffentliche Gotteslästerung lediglich den ehernen Grundsatz des christlich-katholischen Glaubens bzw. der überlieferten katholischen Morallehre angewandt, der da lautet, dass im Prinzip jede Sünde nach entsprechender Sühne und Wiedergutmachung vor Gott verlangt. Die (bewusst begangene) Sünde stellt als solche immer auf die eine oder andere Weise einen (frontalen) Angriff auf die Heiligkeit bzw. die legitimen Rechte des heiligen und allmächtigen Gottes dar. Denn wenigstens in einem gewissen Umfang will da der sündigende Mensch Gott für sich nicht als die letzte moralische Instanz anerkennen bzw. als den höchsten Gesetzgeber über sich herrschen lassen - er rebelliert insofern gegen Ihn, dass er seinen eigenen Willen auf eine bestimmte Weise gegen den heiligen Willen Gottes durchsetzen möchte.
Und dies richtet verständlicherweise einen moralisch-sittlichen Schaden des Menschen vor Gott an, der nicht einfach so übergangen oder aus der Welt geschafft  werden kann, als wäre sonst nichts gewesen. Wir dürfen nicht dem bisweilen sogar schicksalhaften Irrtum unterliegen, die Sünde und ihre Folgen nicht genug ernstnehmen und verharmlosen zu dürfen. Denn auch schon bei einer so genannten lässlichen Sünde wird in unserer Beziehung zu Gott einiges zerstört und kaputtgemacht geschweige denn bei einer schweren Sünde, einer Todsünde, die deswegen so genannt wird, weil sie in geistig-sittlicher Hinsicht den Tod der Seele verursacht und mit sich bringt.
Bevor also die Sünde grundsätzlich vergeben werden kann, muss sie unbedingt gesühnt werden! Das bedeutet unter anderem auch so viel, dass für sie ein entsprechender sittlicher Ersatz geleistet werden muss - das verlangt das Prinzip der göttlichen Gerechtigkeit. Und erst wenn der vom Menschen verursachte schreckliche Mangel an Liebe zu Gott durch das Übermaß derselben Liebe zu Gott wenigstens ausgeglichen wird, kann es grundsätzlich wirksame Verzeihung und Vergebung seitens des gerechten und barmherzigen Gottes geben!
Und diese Sühne bzw. Wiedergutmachung hat Jesus Christus am Kreuz geleistet! Indem Er als der heilige und allreine Gott unsere Sünden freiwillig auf sich nahm und den sühnenden Leidenskelch letztendlich bis zur Neige trank (vgl. Mt 26,39.42), hat Er nicht nur an unserer Statt die bitteren Folgen unserer Sünden und deren gewaltige Strafen sozusagen durchlitten bzw. “ausgebadet”, sondern durch dieses Sein furchtbares Leiden und Sterben auch gerade jenen geforderte Ersatz an Liebe, Hingabe und Gehorsam Gottvater gegenüber vollzogen, damit uns, die Sünder, die Vergebung Gottes eben erst wirksam erreichen kann. Denken wir daran, wenn wir das Kreuz Christi gläubig anschauen und Seine schmerzhaften Leiden betrachten.
So stellt die Lehre von der Sühne der menschlichen Schuld durch den Gottmenschen Jesus Christus den ersten fundamentalen Teil des christlichen Erlösungsdogmas dar, auch wenn dies die moderne, sich für noch so “aufgeklärt” und “befreit” haltende Christenheit zum eigenen Leidwesen weitestgehend “vergessen” zu haben scheint! Denn erst durch die Wiedergutmachung Christi ist uns auch die Erlösung, die wirksame Befreiung von der Sünde und konkrete Zuwendung der lebenspendenden Gnade Gottes (die Annahme an Kindes statt), bereitet worden bzw. wird uns angeboten: “So haben wir denn, Brüder, kraft des Blutes Jesu zuversichtliche Hoffnung auf den Eintritt in das Allerheiligste” (Hebr 10,19).
Selbstverständlich stellt dieses Angebot der Erlösung noch lange nicht jene tatsächliche und konkret-wirksame Vergebung dar. Denn der Mensch muss sich zuerst an der Sühneleistung Christi beteiligen, um an der Erlösungsgnade überhaupt teilhaben zu können. Und dies geschieht in der Regel durch aufrichtige Reue der eigenen sittlichen Vergehen und entsprechende Werke der Buße - so bereitet sich der Mensch auf die Gnade Gottes vor! Übrigens stellt auch die sakramentale Buße, die vom Priester in der Beichte auferlegten Bußwerke oder -gebete, ebenfalls eine Art Wiedergutmachung des von uns vor Gott angerichteten moralischen Schadens dar.
An der Sühneleistung Christi beteiligt sich der Mensch dann unter anderem auch insofern, dass er auf welche Weise auch immer sozusagen am eigenen Leib das Kreuz erfährt und es Christus gewissermaßen nachträgt: “Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und Mir nicht nachfolgt, ist Meiner nicht wert” (Mt 10,38). Indem wir also in unserem Leben des Kreuzes Christi teilhaftig werden und dieses in der entsprechenden Gesinnung der christlichen Buße tragen - uns sozusagen auf Seiner sühnenden “Wellenlänge” befinden -, erhalten wir auch wirksamen Anteil an der sündentilgenden Sühne Christi und gewinnen in der Folge zugleich das neue Leben in Christus!
Wollen wir also die verschiedensten Kreuze, die uns im Laufe unseres Lebens mannigfach begegnen, in entsprechender Weise sehen und betrachten, die für uns ja gewissermaßen eine Brücke darstellen, auf welcher wir Gott entgegen gehen können und Ihm dann letztendlich auch tatsächlich begegnen! Wer zum Beispiel gegen eine vielleicht sogar schwere und lebensbedrohliche Krankheit nicht (gegen Gott) aufbegehrt und dann letztendlich verzweifelt, sondern sie im Geiste der christlichen Sühne und Gottesliebe geduldig trägt und aufopfert, erfährt oft in einer solchen Weise die beglückende Nähe Gottes, wie er sie sonst wohl entbehren müsste. Oder wer etwa bei erlittenem schwerem Unrecht oder sogar einer himmelschreienden Ungerechtigkeit nicht frustriert herumschreit und tobt, sondern alles dem Herrgott als bescheidene Sühne für die eigenen Sünden und sittlichen Verfehlungen anbietet, macht einen markanten Fortschritt auf dem Weg der Heiligung des eigenen Lebens und der Selbstverleugnung um Christi willen. Und dies bringt uns Gott auch nur näher! So lautet auch ein lateinischer Spruch bezeichnenderweise: per crucem ad lucem - durch das Kreuz zum Licht!
Zumal es unübersehbar einen klaren Zusammenhang gibt zwischen der Aufrichtigkeit unseres Kreuztragens und dem Maß der Gnade und der Liebe Christi, mit denen man von Ihm beschenkt wird. Je ehrlicher und ergebener also unsere Hingabe an Gott ist, desto höher ist auch der Anteil des neuen Lebens in Jesus Christus, der Erlösung, an welchem wir, armselige Sünder, teilnehmen dürfen! “Denn sind wir mit Ihm durch die Ähnlichkeit mit Seinem Tod verwachsen, so werden wir es auch durch die Ähnlichkeit mit Seiner Auferstehung sein. Wir wissen ja, dass unser alter Mensch ans Kreuz geschlagen wurde, damit der sündige Leib vernichtet wird und wir nicht mehr Sklaven der Sünde sind. Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, so glauben wir, auch an Seinem Leben teilzunehmen” (Röm 6,5f.8).
■ Aber da der Herrgott nicht allein durch unsere eigenen Sünden beleidigt wird, sondern in Seiner Ehre und Heiligkeit auch durch die Sünden der (aus unserer Sicht jeweils) anderen Menschen verletzt wird, sind wir als Jünger Christi aufgerufen, je nach Möglichkeit einen sühnenden Liebesersatz auch eben für die Sünden unserer Mitmenschen zu erbringen. Machen wir uns klar: die verschiedensten Sünden und Gotteslästerungen, die die anderen begehen, gehen in gewisser Weise auch uns etwas an bzw. betreffen uns ebenfalls - in bestimmter Hinsicht sitzen wir alle in einem Boot bzw. erleiden somit dasselbe Schicksal!
Außerdem wäre dies sowohl ein Akt der großherzigen Solidarisierung mit unserem göttlichen Erlöser Jesus Christus, der ja nicht zum Vergnügen, sondern an unserer Stelle und zu unserem Heil das ganze Kreuz getragen und den gesamten Fluch der Sünde gesühnt hatte, als auch Ausdruck unserer ehrlichen und aufrichtigen Gottesliebe, wenn wir insofern mit Ihm mitfühlen und mitempfinden würden, dass wir auch den tiefen seelischen Schmerz bedenken, den die Sünden anderer Ihm zufügen.
Opfern wir Ihm  also in  Geduld  und  Gottergebenheit so manche Widerwärtigkeiten und Schwierigkeiten auf, die uns in unserem Alltag immer wieder begegnen, und bieten wir Ihm diese bescheidenen Sühneleistungen auch zum Ersatz für die Sünden anderer Menschen an. Heißt es ja in einem bekannten Sühnegebet zum heiligsten Herzen Jesu, welches in allen katholischen Kirchen am Herz-Jesu-Fest öffentlich zu verrichten ist: “O liebreichster Jesus, dessen überschwengliche Liebe zu uns, Menschen, mit so viel Gleichgültigkeit, Nachlässigkeit, Verachtung und Undank vergolten wird, siehe, wir werfen uns hier vor Deinem Altar nieder, um die sträfliche Kälte der Menschen und die Unbilden, die sie Deinem liebevollsten Herzen allenthalben zufügen, durch einen besonderen Ehrenerweis wieder gutzumachen. ... Wir sind bereit, nicht nur unsere eigenen Sünden zu sühnen, sondern auch die Sünden jener, die weit vom Weg des Heils abirren, die, in Unglauben verstockt, Dir als ihrem Hirten und Führer nicht folgen wollen, oder ihre Taufgelübte treulos missachten und das süße Joch Deines Gesetzes zu tragen sich weigern.”
Dabei müssen wir ganz sicher nicht unbedingt Bäume ausreißen oder sonstige aufsehenerregende Taten vollbringen. Es “reicht” schon, wenn wir in dieser Intention mal oder regelmäßig ein oder etliche Gebete mehr oder intensiver verrichten; wenn wir uns in irgendeiner unangenehmen Lage oder bei verschiedensten Widerwärtigkeiten bewusst an Selbstüberwindung oder in der Hingabe an Gott und Seine Vorsehung üben; wenn wir auch einmal ungezwungen und aus freien Stücken so manches Werk der Gottes- oder Nächstenliebe vollbringen (welches wir sonst “gern” übersehen), mag es sich dabei auch nur um eine vermeintliche Kleinigkeit handeln; wenn wir uns mal freiwillig ein Bußwerk auferlegen oder das geistige wie körperliche Fasten praktizieren bzw. dem bewusster nachgehen... (So bietet uns die gerade begonnene Fastenzeit genug Anlass und Gelegenheit dazu.) Denn alles, was von uns ehrlich und in Liebe vollbracht wird, wird in den Augen Gottes in jedem Fall seinen Wert erhalten!
■ Aber diese Wiedergutmachung ist nicht nur im Hinblick auf den vor Gott angerichteten Schaden erforderlich, sondern ebenso auf den vor den Menschen! Zwar richten sich nicht alle Sünden unbedingt auch gegen unsere Mitmenschen, sehr wohl aber immer gegen Gott. Dennoch sind viele unserer Verfehlungen oft genug auch gegen unsere Mitmenschen gerichtet, wodurch wir aus eigener Schuld auch sie mit einem jeweils bestimmten Schaden benachteiligen und belasten. Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelte dann die katholische Kirche die Lehre von der Restitution, von der Wiedergutmachung des angerichteten Schadens bzw. der Sühneleistung für die im Hinblick auf unsere Mitmenschen begangenen Sünden.
So soll ein jeder solcher Schaden dem Benachteiligten möglichst genau erstattet werden. Hat jemand, um nur ein Beispiel zu erwähnen, irgendeinen Gegenstand gestohlen, muss er ihn unbedingt zurückgeben. Sollte die gestohlene Sache kaputt- oder verlorengegangen sein, muss der Schuldige einen gleichwertigen Ersatz erbringen oder den aktuellen Wert des Gegenstandes finanziell ersetzen. Und sollte auch dies aus irgendeinem einsichtigen Grund nicht möglich sein, muss im Prinzip eine Leistung anderen Art erbracht werden, außer natürlich die benachteiligte Person befreit den Schuldner freiwillig und ausdrücklich von seiner Restitutionspflicht.
Dasselbe gilt selbstverständlich auch für angerichtete Schäden geistiger Art, wenn dadurch zum Beispiel die Wahrheit oder auch die Ehre, das Ansehen oder der Ruf einer Person betroffen ist. Hat also jemand vor einer dritten Person etwas Falsches und Wahrheitswidriges über jemand erzählt (auch wenn ihm dies sozusagen “unbewusst” passiert ist), muss er - vor allem wenn es sich um etwas Wichtiges und Schwerwiegendes handelt - seinen Fehler vor dieser dritten Person insofern unbedingt korrigieren, dass er die falsche Information ausdrücklich zurücknimmt und den wahren Sachverhalt schildert.
Derselbe Widerruf, und zwar im vollen Umfang (!), muss auch geleistet werden, wenn jemand zu sorg- und verantwortungslos mit gelegentlich Gehörtem umgeht und die betreffende falsche bzw. einseitig-unvollständige Information über eine andere Person allzu bereitwillig an andere weitererzählt, statt sie als allererstes nach bestem Wissen und Gewissen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und sich gegebenenfalls auch einmal an verbaler Zurückhaltung bzw. Schweigen zu üben. Wie schnell entsteht durch eine lose Zunge, die eben Gefallen an Gerüchten findet, ein falscher Verdacht, den man psychologisch nicht so leicht überwinden kann; wie rasch ist da der gute Ruf eines Menschen ruiniert, weil ja, wie man sagt, immer irgendetwas hängen bleibt!
Der hl. Apostel Jakobus warnt uns  mit allem gebotenen Nachdruck vor der leichtfertigen Verbreitung von Gerüchten und der oberflächlichen Geschwätzigkeit: “Seht, ein wie kleines Feuer steckt einen großen Wald in Brand! Auch die Zunge ist ein Feuer, eine Welt voll Unrecht. Die Zunge erweist sich unter unseren Gliedern als die Macht, die den ganzen Leib befleckt, ja, von der Hölle entflammt, das Lebensrad in Brand steckt. Der Mensch vermag alle Arten von Landtieren und Vögeln, von Kriechtieren und Wassertieren zu bändigen und bändigt sie auch. Aber die Zunge vermag kein Mensch zu bezähmen - dieses ruhelose Übel voll tödlichen Giftes.” (Jak 3,5-7)
Und noch viel schlimmer, wenn jemand, was Gott verhüten möge, sogar voll bewusst und wissentlich, das heißt absichtlich (!), eine eindeutige Verleumdung öffentlich verbreiten sollte. Ob nun jemand moralisch niedergemacht wird, weil vielleicht allein schon seine Existenz für einen anderen eine Erinnerung an eigene bedeutungsvolle Vergehen darstellt; ob nun jemand deswegen diskreditiert und sein Name mit Schmutz beworfen wird, weil man sich dadurch in eitler Weise die Hebung des eigenen Ruhmes und Ansehens erhofft; oder ob jemand “nur” deswegen nach der Art eines billigen Racheaktes schlechtgemacht werden soll, weil er einem die eigenen echten Bosheiten vor die Augen geführt hat (vielleicht gerade in Ausübung seiner Fürsorgepflicht) - solche zweifelsohne extreme Versündigungen gegen das 8. Gebot Gottes sind sicherlich als himmelschreiend einzustufen, stellen in jedem Fall folgenschwere Todsünden dar und rufen somit in besonderer Weise den gerechten Zorn Gottes hervor!
Seien wir also vorsichtig und hüten uns auch vor der allzu leichtfertigen Geschwätzigkeit. Denn der hl. Jakobus zieht diesbezüglich auch noch das folgende Fazit: “Wenn jemand sich fromm dünkt, aber seine Zunge nicht zügelt, sondern sich selbst täuscht, so ist seine Frömmigkeit wertlos” (Jak 1,26). Bauen wir unsere Argumentation nie auf Gerüchten auf, sondern suchen wir immer die nachprüfbare Wahrheit!
In jedem Fall ist die Pflicht des Sünders zur sachlichen, finanziellen oder auch geistigen Restitution so schwerwiegend (!), dass ein Beichtvater unter Umständen so lange die Absolution in der Beichte verweigern darf, ja muss (!), bis die entsprechende Wiedergutmachung im vollen notwendigen Umfang erfolgt ist. Nehmen wir es also immer bitter ernst mit unserer Pflicht, den angerichteten Schaden nach bestem Wissen und Gewissen zu ersetzen, wobei ihr am liebsten baldmöglichst und noch vor der nächsten Beichte nachzugehen ist. Dabei gilt natürlich der Grundsatz: “geheime” Sünde - “geheime” Restitution; öffentliche Sünde - entsprechende öffentliche Wiedergutmachung!
Aber wenn wir irgendwann einmal eine solche Sünde begangen haben sollten, die eine bedeutungsvolle Restitution nach sich zieht, überwinden wir mutig, großherzig und reuig die falsche Scheu und den egozentrischen menschlichen Stolz und leisten wir in aller Demut und mit aller Entschiedenheit die von uns durch das christliche Sittengesetz geforderten Restitutionsleistungen. Dadurch würden wir dem Herrgott signalisieren, dass sowohl unsere Reue als auch der entsprechende Umkehrwille ernst gemeint ist, und eine Sühne vollbringen, die von uns gefordert wird, um die konkret-wirksame Vergebung durch Gott und das Verzeihen durch die von unserer Sünde betroffenen Menschen zu erlangen!

P. Eugen Rissling

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