Kurze Meßbetrachtung


18. Teil


16. Kanon

„Dich, gütigster Vater, bitten wir also demütig und flehen zu Dir durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Herrn, dass Du wohlgefällig annimmst und segnest diese X Gaben, diese X Geschenke, diese X heiligen, makellosen Opfergaben. Wir bringen sie Dir dar vor allem für Deine heilige katholische Kirche, der Du Frieden schenken, sie behüten, einigen und auf dem ganzen Erdkreis leiten mögest. In Gemeinschaft mit Deinem Diener, unserem Papst N., und unserem Bischof N. und allen Rechtgläubigen und denen, die den katholischen und apostolischen Glauben fördern.“ 

Im Sanctus wurde der dreifaltige Gott zuvor als der Heilige gepriesen. Da aber Jesus Christus, unser göttlicher Hohepriester, das Opfer Seiner selbst am Kreuz Seinem himmlischen Vater darbrachte, wendet sich die katholische Kirche zu Beginn des Kanons im Gebet Te igitur ebenfalls an Gott Vater, da ja in ihrem Opfer des Altars jenes Kreuzesopfer Christi sakramental-unblutig gegenwärtig gesetzt wird. Diese Hinwendung an den himmlischen Vater wird umschrieben als demütige Bitte und als ein Flehen, Er möge nämlich die Ihm präsentierten Opfergaben wohlgefällig annehmen und segnen. Mit dieser Häufung synonymer Ausdrücke („bitten wir demütig und flehen“, „dass Du wohlgefällig annimmst und segnest“) unterstreicht die Kirche nur die Dringlichkeit ihrer Bitte. Und zwar appelliert sie hier an die Güte und Milde Gottes. Als „gütigster Vater“ („clementissimus“ ist ein Superlativ: der allergütigste!) wird Er sicherlich ihr Gebet nicht verschmähen und das Opfer wohlgefällig annehmen. Diese frohe Zuversicht lässt in ihr das lebendige Gottvertrauen wachsen, welches auch dadurch zunimmt, dass durch das Wörtchens „also“ („igitur“) der inhaltliche Bezug zum vorherigen Sanctus hergestellt wird: weil Gott eben heilig ist, kann Er auf keinen Fall unser Gebet unerhört lassen! Und ihre Opferbitte an den himmlischen Vater richtet sie nicht anders als „durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Herrn“. Dieses „durch“ bedeutet nicht nur eine rein mentale Gemeinschaft mit dem göttlichen Erlöser, indem sie sich mit Ihm etwa nur geistig-erinnerungsmäßig verbinden würde, sondern vor allem eine Opfergemeinschaft. Nimmt ja die Kirche durch die Ausübung ihres sakramentalen Priestertums wesensmäßig am Priestertum Christi teil. Indem also sie opfert, opfert Christus selbst! Und ihre Bitten sind nicht bloß Bitten mit Worten, sondern vor allem Bitten durch eine Tat, durch eben diese Teilhabe an der Darbringung des Opfers Christus! 

Und das, was von der Kirche geopfert wird (Opferbrot und Opferwein), wird als „Gaben“, „Geschenke“ und als „heilige, makellose Opfergaben“ umschrieben. Diese Begriffe stellen erneut eine Häufung synonymer Ausdrücke zum Zweck der Steigerung der eigenen Opferintensität dar. Und wie wir in „Beiträge“/30, S. 16 bereits darlegten, geht es der katholischen Kirche bei diesen Opfergaben letztendlich nicht um die Naturalien von Brot und Wein, sondern um Jesus Christus, das göttliche Lamm. Denn Er (!) beinhaltet die Opfergabe der Kirche und nicht die physikalische Materie von Brot und Wein. „Heilig, unbefleckt (´sancta-illibata´) heißen die Opfergaben, weil unter ihren Gestalten der Heilige der Heiligen, der von jeder Sünde unberührt ist, erscheinen wird“ (Eisenhofer, L., Handbuch der katholischen Liturgik. Band II, Freiburg 1933, S. 173). 

Zu Anfang des Te igitur breitet der Priester die Hände aus, erhebt sie und faltet sie wieder (wie schon einmal während der Opferung). Damit drückt er seine Erhebung des Geistes und die Hinwendung der Seele an die im Himmel thronende Majestät Gottes aus. Unmittelbar darauf, bei den ersten Worten, verneigt er sich, um der Verehrung Gottes Ausdruck zu verleihen. Der Kuss des Altares vor „dass Du wohlgefällig annimmst und segnest“ erscheint als ein Zeichen der liebenden Verehrung des sich durch den geweihten Priester darbringenden Opferlammes. Die drei Kreuzzeichen, die der Priester über den Opfergaben macht, haben ebenfalls eine tiefe Bedeutung. „Vor der Konsekration sind Kreuzzeichen nicht nur symbolisch, sondern verfolgen auch den Zweck, die Opfergaben zur Vorbereitung auf die Konsekration immer mehr zu weihen und zu heiligen“ (Eisenhofer, ebd., S. 171). Mögen diese nach den Worten des Te igitur bei den Kreuzzeichen ja auch gesegnet werden („dass Du ... segnest“)! Und die Mehrheitsform, in der dieses und die folgenden Opfergebete des Kanons gehalten sind, erinnern an das Mittleramt des Priesters und dadurch auch an die Verantwortung, die er vor Gott und den Gläubigen besitzt. 

Das Ziel des Opfers ist „vor allem ... Deine heilige katholische Kirche“ auf dem ganzen Erdkreis. „Für sie erfleht der Priester zunächst äußeren Frieden (´pacificare´), das Gegenteil von Verfolgung, Bewahrung (´custodire´) vor allem, was diesen äußeren Frieden stören kann, Einheit (´adunare´), die im wahren Glauben und in der eingegossenen Liebe wurzelt, in jener Liebe, welche die Glieder des mystischen Leibes Christi in Einheit mit Gott und untereinander verbindet, nicht bloß Häresie und Schisma ausschließt, sondern auch Uneinigkeit im gegenseitigen Verkehr. 

Endlich erfleht der Priester für die Kirche Leitung (´regere´) durch den Heiligen Geist in allem, was das kirchliche Leben betrifft. Die Bitte um übernatürliche Leitung wird in erster Linie für das Haupt der Kirche, den Papst, für den Diözesanbischof und für alle Rechtgläubigen und Bekenner (cultores) des heiligen apostolischen Glaubens eingelegt“ (Eisenhofer, ebd., S. 174). Mit der verantwortungsvollen Aufgabe der Leitung der Kirche betraut, sind die Hirten der Kirche besonders auf den himmlischen Beistand angewiesen, um den hier eben gebetet wird. 

In den Rubriken des Römischen Missale heißt es bei der Nennung des Namens eines Papstes: „Während aber der Apostolische Stuhl vakant ist, werden die vorher erwähnten Worte („in Gemeinschaft mit Deinem Diener, unserem Papst N.“ - Anm.) ausgelassen“. Ebenfalls wird laut Rubriken auch die Wendung: „und unserem Bischof N.“ ausgelassen, wenn der betreffende Diözesanbischof verschieden ist. 

Und wenn wir heute erleben müssen, dass Personen, die sich (fälschlicherweise) für Hirten der katholischen Kirche ausgeben, weder „rechtgläubig“ sind noch „den katholischen und apostolischen Glauben fördern“, dann liegt es in der Natur der Sache, dass sie von einem katholischen Priester, der das Prädikat „katholisch“ wirklich verdient, nicht im Te igitur genannt werden können. Denn zwischen rechtgläubigen Katholiken und dem vom Geist des verderblichen Modernismus infizierten modernen Klerus besteht keine “Gemeinschaft“ („Gemeinschaft“ hier vor allem im Sinne von Glaubensgemeinschaft zu verstehen), das sind ja zwei ganz verschiedene Welten! Jedenfalls vertreten wir von der Zeitschrift „Beiträge“ nicht dieselben modernistischen Grundthesen, wodurch Johannes Paul II. und der postkonziliare Episkopat glänzen und folglich auch den Verrat (statt zu „fördern“) am Glauben und an der Liturgie der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, der Kirche aller Jahrhunderte, begangen haben! 

 

P. Eugen Rissling


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