Die Weihestufen bis zum Priestertum


In der Zeit vor dem zweiten Vatikanischen Konzil hatten die wenigsten Gläubigen einen engeren Bezug zu den Weihen, die zum Priestertum führen. Nur selten diente in den Pfarrkirchen ein Lektor oder Subdiakon bei der heiligen Messe. Die Erteilung der Weihen erfolgte am Sitz der Bischöfe in den Domen und Kathedralen. Da die verbliebene katholische Kirche heute eine kleine Herde ist, nehmen die Gläubigen nun mehr Anteil am Werdegang eines Kandidaten zum Priestertum.

Allgemein bekannt ist, dass es in der römischen Kirche niedere und höhere Weihen gibt. Zur ersten Gruppe gehören die Ostiarier, Lektoren, Exorzisten und Akolythen. Die höheren Weihen beginnen mit jener zum Subdiakon; es folgt die Weihe zum Diakon und schließlich die Priesterweihe. Allerdings haben nur die Diakone, Priester und Bischöfe Anteil an der von Christus eingesetzten sakramentalen priesterlichen Würde.

Die Konzilskirche hat die niederen Weihen sowie den Subdiakonat (Motu proprio vom 15.8.1972) abgeschafft; ebenfalls wurde die Aufnahmezeremonie in den geistlichen Stand (Klerus) und die erste Tonsur beseitigt. Dies ist dann folgerichtig, wenn man das Opferpriestertum nicht mehr erhalten will. Das tridentinische Konzil hatte auf seiner 23. Sitzung (1563) dagegen folgendes beschlossen: „Wenn jemand sagt, außer der Weihe zum Priestertum gebe es in der katholischen Kirche keine anderen Weihen, sowohl höhere, als niedere, durch welche man wie auf gewissen Stufen zum Priestertum gelange: der sei im Banne.“ (2. Canon).

Der letzte katholische Papst, Pius XII., hatte in der Apostolischen Konstitution „Sacramentum ordinis“ vom 30.11.1947 Materie und Form der drei sakramentalen Weihen in endgültiger und verpflichtender Weise festgelegt. Die Konstitution spricht mit höchster apostolischer Lehrgewalt und ist als ein unfehlbares Dokument anzusehen. Die Materie der Weihe ist stets die Handauflegung, die Form besteht in bestimmten Worten der jeweiligen Weihepräfation des überlieferten Ritus. Bedingt durch die grundlegenden Veränderungen der Riten der Bischofs-, Priester- und Diakonatsweihe in der Konzilskirche, die am 18.6.1968 promulgiert wurden und am 1.4.1969 noch vor der Liturgiereform in Kraft traten, ist von deren Ungültigkeit auszugehen, womit das neue Rom sich in den Kreis der anderen so genannten reformierten Gemeinschaften, wie der Lutheraner, Kalvinisten oder Anglikaner, eingereiht hat.

Kommen wir nun zu den einzelnen Stufen zum Priestertum.

Die Tonsur

Durch sie geschieht die Aufnahme in den geistlichen Stand (Klerus). Es sollen nur jene zugelassen werden, die später auch die Priesterweihe empfangen wollen und die Gewähr bieten, würdige Priester zu werden. In der Zeremonie schneidet der Bischof einen kleinen Teil des Haupthaares an den vier Seiten ab, zum Zeichen des Verzichtes auf die Welt und des Eintritts in den besonderen Dienst Gottes. Sodann erfolgt die Einkleidung in das geistliche Gewand (Talar).


Die Ostiarier (Türhüter, Küster)

Mit der ersten niederen Weihe wird dem Kandidaten die Obhut über das Kirchengebäude übertragen. Bei der Zeremonie berührt der Ordinand einen symbolischen Kirchenschlüssel. Da auch das Läuten der Glocken zu seinen Obliegenheiten gehört, ergreift der Kandidat ein Glockenseil, während der Bischof für den Ostiarier „treueste Sorgfalt“ erfleht. In frühester Zeit, als die Kirche im Römischen Reich verfolgt wurde, vor Einführung der Glocken, verkündete der Ostiarier den Gläubigen in deren Wohnungen die Gottesdienstzeiten, sorgte für Ordnung im Gotteshaus, und dass es von keinem Un- oder Irrgläubigen betreten wurde.


Die Lektoren (Vorleser)

In der Zeremonie reicht der Bischof dem Kandidaten das heilige Buch zur Berührung und Verpflichtung. Früher hatte der Lektor die Aufgabe, beim Gottesdienst die verschiedenen Schriftlesungen vorzutragen, besonders auch jene, über die der Bischof predigen wollte, und fungierte als Vorsänger. Ferner segnete der Lektor die Früchte und Speisen, welche die Gläubigen zu diesem Zweck in die Kirche brachten.
Die Exorzisten (Beschwörer)

Durch die Weihe zum Exorzisten wird dem Kleriker die Macht über die bösen Geister gegeben. Der Bischof reicht ihm daher das Buch mit den Beschwörungsformeln zu Berührung. Allerdings übt dieses Amt in der Regel nur ein vom Bischof dazu eigens bevollmächtigter und erfahrener Priester aus.
Die Akolythen (Altardiener)

Die sinnvollen Zeremonien der Akolythenweihe bringen dem Kleriker die Erhabenheit des Ministrantendienstes zum Bewusstsein. Zunächst erfolgt die Berührung des Leuchters, sodann das Messkännchens. Der Bischof spricht: „Nimm hin das Kännchen, um Wein und Wasser darzureichen zum Opfer des Blutes Christi, im Namen des Herrn.“ Dann überreicht der geweihte Kleriker dem Bischof eine brennende Kerze als Symbol seiner Opfergesinnung. Beim Gottesdienst ist es nun ebenfalls die Aufgabe des Akolythen, die Lichter anzuzünden, die Leuchter zu tragen und für den Weihrauch zu sorgen.


Die Subdiakone

Früher war dies die letzte niedere Weihestufe. Später als erste höhere Weihe beruft und verpflichtet sie den Kleriker zur engen Anteilnahme am Opfer und Gebetsleben der Kirche, wie zur lebenslänglichen Ehelosigkeit (Zölibat) und zum täglichen Breviergebet. Als Zeichen seiner Unterwürfigkeit wirft sich der Weihekandidat bei der Zeremonie auf den Boden nieder und fleht mit dem Bischof in der Allerheiligenlitanei um Gottes Barmherzigkeit und die Fürsprache seiner Heiligen. Da der Subdiakon beim levitierten Amt dem Diakon den geweihten Kelch darzureichen hat, wird er durch die Zeremonie der Berührung von Kelch und Patene zu diesem Dienst berufen; anschließend geschieht gleiches mit den Kännchen mit Wein und Wasser. Sodann legt der Bischof dem Kleriker den Manipel an, der die Mühsal des apostolischen Amtes versinnbildet. Nun bekleidet der Bischof den Ordinanden mit der Tunika (Levitengewand). Zuletzt wird ihm für das Vorleseamt das Epistelbuch dargereicht, das er zum Ausdruck des Treuegelöbnisses mit der rechten Hand berührt. Bei der sich nun fortsetzenden heiligen Liturgie singt der neugeweihte Subdiakon die Epistel. Zu den weiteren Obliegenheiten dieses Amtes gehört neben der Sorge für das Altargerät auch das Waschen der leinenen Altargegenstände, wie des Korporale. In früherer Zeit sorgte der Subdiakon auch für eine ausreichende Anzahl der Opferbrote, sowie für den erforderlichen Wein.


Die Diakone

Die erste Wahl und Weihe von Diakonen ist in der Apostelgeschichte (Kap. 6, 1 – 7) sehr eindrucksvoll beschrieben. Wie damals die Apostel, so legt auch heute der Bischof dem Ordinanden die (rechte) Hand auf, was die Materie des Sakramentes darstellt. Die Form besteht in den folgenden Worten der Weihepräfation: „Sende, wir bitten Dich, o Herr, den Heiligen Geist auf sie herab, damit sie mit der Gabe der siebenfältigen Gnade gestärkt werden, um das Werk Deines Dienstes in Treue verrichten können“. Es folgt das Anlegen der Stola, die über die linke Schulter zur rechten Seite getragen wird, unter dem Gebet: „Empfange die weiße Stola aus der Hand Gottes. Vollziehe dein Amt, denn Gott ist mächtig, dass Er in dir Seine Gnade vermehre.“ Anschließend wird dem Diakon die Dalmatik (Levitengewand) angelegt, wobei der Bischof spricht: „Die Dalmatik der Gerechtigkeit umhülle dich immer, im Namen des Herrn.“ Nun wird dem neugeweihten Diakon das Evangeliumbuch gereicht, auf das er die rechte Hand legt, während der Bischof spricht: „Empfange die Vollmacht, das Evangelium in der Kirche Gottes zu lesen, sowohl für die Lebenden als auch für die Verstorbenen, im Namen des Herrn.“ Bei der heiligen Messe darf der Diakon assistieren, das Evangelium singen, predigen und die heilige Kommunion austeilen, sowie die feierliche Taufe spenden. Früher zählte zu seinen Obliegenheiten auch die Almosenpflege.
Niedere und höhere Weihen in den östlichen Kirchen

Es ist nicht uninteressant auch einen Blick auf die entsprechende Weihepraxis der östlichen und orientalischen Kirchen zu werfen, die ebenfalls über die gültige apostolische Sukzession und gültige Weihen, sowie Sakramente, verfügen, zumal auch die verbliebene Katholische Kirche seit kurzem einen unierten Zweig hat. Zumeist wird im Osten jeder geistliche Stand als „selbständig“ betrachtet, wird also nicht ausschließlich unter dem Aspekt angestrebt, weitere Stufen zu erlangen.

Die griechische Kirche kennt zwei niedere Weihen, das Lektorat und das Subdiakonat, sowie zwei höhere, das Diakonat und das Priestertum. Jedoch beinhaltet das Subdiakonat auch drei niedere Stufen des Klerikats, nämlich den Lampadarios (Fackelträger), der auch das Amt eines Küsters versieht, den Anagnostes (Vorleser) und den Psaltisten (Sänger). Die griechischen Kanonisten unterscheiden drei Klassen von Klerikern, solche die ordiniert (durch Handauflegung geweiht) werden, wie die Subdiakone, Diakone, Priester und Bischöfe, sodann solche, die nur bezeichnet werden, wie die Kantoren und Lektoren, schließlich jene, die nur zu einer kirchlichen Stelle befördert werden, wie die Ökonomen, Anwälte, Sekretäre u.s.w.; die Tonsur geht der Ordination des Lektors unmittelbar voran, wird also nicht getrennt erteilt.

In der russischen Kirche werden die Ordinationen entsprechend jenen der griechischen vorgenommen. Die Weihe des Diakons erfolgt bei der heiligen Liturgie nach der Wandlung, die Priesterweihe jedoch unmittelbar nach dem Großen Einzug (Übertragung der Opfergaben), und zwar beide durch Handauflegung. Bei ein und derselben heiligen Messe kann nur jeweils ein Diakon und ein Priester geweiht werden. Zum Klerus werden auch folgende Kirchendiener gezählt, obwohl diese keine Weihe erhalten: Der Küster oder Sakristan, der Sänger, die Chorknaben, sowie der Glöckner; dessen Aufgaben übernimmt an kleinen Kirchen der Küster.

Die armenische Kirche kennt wie die römische die Tonsur, vier niedere, sowie drei höhere Weihen. Die Riten ähneln jenen der römischen Kirche sehr, was auf die frühe Union beider Kirchen zurückgehen dürfte. So werden auch hier bei den Zeremonien dem Ordinanden die jeweiligen Gegenstände zur Berührung gereicht. Da zwischen den einzelnen Weihen keine Mindestabstände vorgeschrieben sind, ist es möglich, dass ein Kandidat an einem Tage alle Weihen bis zum Diakonat erhält und am folgenden Tag, der aber immer ein Sonntag sein muß, die Priesterweihe. Der neugeweihte Priester muß dann vierzig Tage ununterbrochen im Heiligtum verweilen.

Abschließend sei noch die Sicht und Praxis der koptischen Kirche erwähnt. Sie unterscheidet sich ein wenig von den bisherigen Beispielen; doch auch hier ist die Siebenzahl von Bedeutung, wie in den meisten Kirchen. Bei den Kopten wird das Priestertum in folgende Stufen eingeteilt: Vorleser (Lektor), Subdiakon, Diakon, Archidiakon (Erzdiakon), Priester, Igumen (Abt) oder Komos, sowie den Patriarchen (Papst), in welchem die bischöfliche Würde eingeschlossen ist. Diese sieben heiligen Weihen, so wird gelehrt, habe Christus selbst ausgeübt: Das Amt des Lektors, als Er in der Synagoge die Worte des Propheten Isaias las. Den Dienst eines Subdiakons versah Er, als Er die Händler und Käufer aus dem Tempel trieb. Als Diakon handelte Er, als Er den Jüngern die Füße wusch, und das Amt eines Archidiakons, als Er seinen Jüngern den Auftrag gab, das Evangelium der ganzen Welt zu verkünden. Seine priesterlichen Funktionen übte Er beim letzten Abendmahl aus, als Er das heilige Messopfer stiftete. Das Amt eines Igumen versah Er, als Er seine Jünger auf einen hohen Berg führte und sie segnete. Als Bischof handelte Er, als Er von Ort zu Ort zog, die verirrten Schafe aufzusuchen, und als Patriarch, als Er seine Jünger anhauchte und sprach: „Empfanget den Heiligen Geist…“

Doch kennt die koptische Kirche auch den Psaltisten oder Sänger, sowie den Sakristan. Der Psaltist wird ordiniert, indem der Bischof drei Gebete über ihn spricht. Der Ordinand küsst den Altar, den Bischof, sowie alle Anwesenden. Abschließend gibt der Bischof die Benediktion. Bei der Ordination eines ersten Sängers spricht der Bischof eine eigene, einzige Oration. Lektor und Subdiakon werden außerhalb des Gotteshauses, jedoch unter Handauflegung ordiniert, indem der Bischof die Schläfe des Kandidaten berührt. Bei der Weihe eines Diakons erfolgt zuerst eine Handauflegung, und dann wird dem Ordinanden die Stola über die linke Schulter gelegt. Nun folgt die Liturgie. Nach der Kommunion haucht der Bischof den Weiheempfänger an und spricht: „Empfange den Heiligen Geist für die Kirche N.“; hierauf legt er ihm abermals die Hand auf und gibt ihm die Benediktion.

Auch die zuletzt gezeigten Beispiele belegen, wie weit sich das neue Rom von der altchristlichen Tradition entfernt hat. Trotz einiger Unterschiede bei der Handhabung der verschiedenen Weihestufen der Kleriker sehen wir doch eine wesentliche Übereinstimmung bei der Praxis der alten römisch-katholischen Kirche und jener der östlichen Christen.

Mit ihrem Festhalten an der Weihetradition sorgt die verbliebene katholische Kirche weiterhin für die Ausspendung aller Gnaden, die der Herr ihnen innewohnen lässt. So wird Er auch künftig seine Berufenen auf sicherem Wege zum Priestertum führen.


Michael Hackauf



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