Zur Geschichte von Lourdes

Das Städtchen Lourdes, von einer Festung überragt am Rand der französischen Pyrenäen, ist - mit der zweitgrößten Hotelkapazität Frankreichs (nach Paris)! - heute nicht mehr jener unbekannte Ort wie am 11. Februar 1858, als die Gottesmutter Maria einem unbekannten Mädchen namens Bernadette Soubirous das erste Mal erschienen ist.
Sechs Millionen Pilger zählt man jedes Jahr, und über 7.000 registrierte, medizinisch nicht erklärbare Heilungen seit jenen ersten Erscheinungstagen Mariens, die Lourdes so berühmt gemacht haben, also jedes Jahr seither im Durchschnitt fast 50 oder jede Woche fast eine!
Lourdes ist aber auch ein Ort – und das wissen eher wenige -, an dem Maria schon vor bald 1250 Jahren ein anderes Wunder der Gnade erwirkt hatte:
Die Festung von Lourdes, am Rand der Pyrenäen im Mittelalter von strategischer Bedeutung, war nach einer alten Überlieferung im 8. Jahrhundert mehrere Jahrzehnte lang von einem Sarazenenfürst namens Mirat besetzt. Im Jahr 778, wollte Kaiser Karl der Grosse, die Belagerung der Burg von Mirambel (der heutigen Burg von Lourdes), aufheben.
Doch der Bischof von Le Puy-en-Velay (südwestlich von Lyon), der sich gerade im Lager aufhielt, schlug nach einer Eingebung vor, einen letzten Lösungsversuch zu wagen. Er trat darauf mit Erlaubnis des Kaisers als Abgesandter vor Mirat und bat ihn, sich nicht dem großen Kaiser, sondern der Königin des Himmels, der Mutter Gottes von Le Puy-en-Velay (auch heute noch ein Wallfahrtsort und für viele Pilger eine wichtige Station auf dem Jakobsweg), zu ergeben.
Überraschenderweise ließ sich der stolze Sarazene darauf ein, legte seine Waffen zu Füssen der Schwarzen Madonna von Le-Puy nieder und empfing darauf sogar die heilige Taufe. Er erhielt den Namen Lorus, nach dem auch die Stadt benannt wurde und der später zu Lourdes wurde.
Insofern war Lourdes schon seit damals ein Ort der mütterlichen Liebe Mariens. Jahrhunderte später, 1789 hatte die Französische Revolution versucht, den christlichen Glauben und vor allem die katholische Kirche auszulöschen. Kirchen und Klöster wurden verstaatlicht, oft zweckentfremdet oder niedergerissen. Das Ende des Christentums schien gekommen, auch in vielen anderen Länder breiteten sich ähnliche Ideen und Bestrebungen aus.
Doch schon wenige Jahrzehnte später erblühte der Glaube in einer nicht mehr für möglich gehaltenen Weise. Nicht nur viele heiligmäßige Menschen und Heilige wie der hl. Pfarrer von Ars, Johannes Vianney (1786 – 1859), der Hunderttausende von seiner armen Kanzel, vom Altar und vom Beichtstuhl im Dorfkirchlein von Ars aus in den Bann zog, nicht nur viele Ordensgründungen, darunter zahlreiche Marienorden, sondern vor allem auch mehrere kirchlich streng geprüfte und anerkannte Marienerscheinungen, wie in der Rue de Bac in Paris (1930, Offenbarung der Wundertätigen Medaille), in La Salette (1846) und in Lourdes (1858), alle drei in Frankreich, führten zu einer Erneuerung des Glaubenslebens, zu vielen Bekehrungen und zu einer Neubelebung des religiösen Eifers bei vielen Menschen.
Am 11. Februar 1858 erblickte die Seherin von Lourdes, die erst 14-jährige Bernadette Soubirous, als sie mit ihrer Schwester und einer Freundin beim Holz- Sammeln war, in einer Grotte am Ufer des Flusses Gave nach ihrem eigenen handschriftlichen Bericht vom 28. Mai 1861 „eine weiß gekleidete Dame: Sie hatte ein weißes Kleid, einen blauen Gürtel und eine goldene Rose in der Farbe ihres Rosenkranzes auf jedem Fuß. Als ich das sah, rieb ich mir die Augen, weil ich dachte, mich zu täuschen. Ich steckte die Hand in meine Tasche; dort fand ich meinen Rosenkranz. Ich wollte mich bekreuzigen, konnte aber die Hand nicht zur Stirn heben: Sie zitterte und fiel mir herunter… Die Dame bekreuzigte sich. Ich versuchte, es auch zu machen, und jetzt konnte ich es. Sobald ich das Kreuzzeichen gemacht hatte, war jede Furcht verschwunden. Ich kniete mich hin und betete meinen Rosenkranz; die Dame ließ die Perlen ihres Rosenkranzes durch die Hand gleiten, bewegte dabei aber nicht die Lippen. Als ich meinen Rosenkranz beendet hatte, machte sie mir Zeichen, näherzukommen. Aber ich wagte es nicht, und so verschwand sie plötzlich“.
Der 11. Februar wurde von der Kirche unter Leo XIII. 1892 mit einem eigenen Offizium und einem eigenen Messformular zum Festtag „der Erscheinungen der seligen unbefleckten Jungfrau Maria“, den Pius X. dann auf die ganze Kirche ausdehnte.
Bis zum 16. Juli durfte Bernadette darauf noch 17 Mal die heilige Jungfrau schauen. Zunächst aber bat die wunderbare „Dame“ in der dritten Erscheinung am 18. Februar nur: „Wollen Sie die Güte haben, 15 Tage lang hierherzukommen?“ Bernadette verspricht es. Die Dame sagt zu ihr: „Ich verspreche Ihnen nicht, Sie in dieser Welt glücklich zu machen, sondern in der anderen“.
Am 24. Februar hört Bernadette von der Dame die Worte: „Buße! Buße! Buße! Beten Sie für die Umkehr der Sünder. Küssen Sie die Erde als Buße für die Sünder“. Und am 25. Februar gräbt Bernadette auf Geheiß der Dame mit den Händen ein kleines Loch im Boden, aus dem Wasser herausdrängt, wovon sie trinkt, sich dann damit das Gesicht wäscht (das durch den noch vorhandenen Schlamm aber dann ziemlich verschmiert erscheint, was so manche Neugierige zum Spott reizt). Bernadette erklärt, dass die Dame ihr gesagt habe: „Trinken Sie aus der Quelle und waschen Sie sich darin. Essen Sie von den Kräutern, die dort wachsen. Weil ich kein Wasser sehen konnte, ging ich zum Gave. Aber sie gab mir Zeichen und deutete mir mit dem Finger, unter den Felsen zu gehen. Ich begann zu graben und fand etwas Wasser wie eine Pfütze – so wenig, dass ich es mit Mühe in die hohle Hand nehmen konnte. Dreimal schüttete ich es weg, weil es so schmutzig war. Beim vierten Mal konnte ich davon trinken“.
Die Quelle klärte sich in den folgenden Tagen und begann zu sprudeln, bald schon mit einer Kapazität von 120.000 Litern pro Tag, und wurde bald gefasst, damit sich die Kranken baden und die übrigen Gläubigen von dem Wasser trinken konnten.
Bei der 13. Erscheinung am 2. März bat Maria: „Gehen Sie und sagen Sie den Priestern, man soll in Prozessionen hierherkommen und hier eine Kapelle bauen.“
Der Pfarrer von Lourdes erbat ein Zeichen und nannte als Beispiel das Erblühen seiner geliebten Rosensträucher jetzt mitten im Winter. Maria aber gab größere, wertvollere Zeichen und Gnaden: Schon in den ersten Tagen und Wochen kommt es an der Quelle zu wunderbaren Heilungen. Bald wird eine Mutter, die ihren Haushalt nicht mehr führen kann, weil sie nach einem Sturz vom Baum ihre rechte Hand nicht mehr gebrauchen kann, durch Eintauchen der Hand in diese Quelle von all ihren Leiden befreit, wird ein an einem Auge erblindeter Steinmetz, der sich das Wasser der Quelle über das Auge streicht, wieder sehend, wird eine andere Frau durch die Waschung an der Quelle von einer unheilbaren Augenkrankheit geheilt, wird ein Kind, das dem Tod geweiht war, einen enormen Wachstumsrückstand hatte und mit zwei Jahren noch nicht gehen konnte, plötzlich gesund, nachdem es von der verzweifelten Mutter zur Grotte gebracht und mit dem eiskalten Wasser gewaschen wurde, was von den Umstehenden erschrocken wahrgenommen wurde.
Das sind nur einige der geprüften und anerkannten Wunder der ersten Zeit, denen bald unzählbare bis heute folgten. Viele andere Gnaden, darunter viele seelische Wunder, bleiben ein Herzensgeheimnis der Betroffenen oder kommen nicht an die Öffentlichkeit, weil die Krankheit oder die Heilung nicht vollständig ausgeprägt waren oder nicht völlig dokumentiert wurden usw.
Von den über 7.000 registrierten außergewöhnlichen Heilungen wurden von einem internationalen Ärztekomitee, das, um jedes mögliche Vorurteil auszuschließen, immer auch mit Nichtkatholiken, Nichtchristen und atheistischen Ärzten besetzt ist, bisher ungefähr 2.500 als wissenschaftlich unerklärbar eingestuft. Solche Heilungen müssen zudem medizinisch zweifelsfrei dokumentiert, spontan geschehen, vollständig und andauernd sein, wie z.B. Knochenbrüche, die augenblicklich verheilt sind, bösartige Tumore, die spontan völlig verschwanden. 67 davon wurden nach strengster Prüfung auch kirchlich offiziell anerkannt.
Von den Wundern, die schon im Jahr der Erscheinung in großer Zahl dem Ärztebüro gemeldet worden waren, konnten am 18. Januar 1862 vom damals für Lourdes zuständigen Bischof Bertrand-Sévère Laurence sieben als Wunder anerkannt werden und zugleich konnte von ihm in einem Hirtenbrief mitgeteilt werden, „dass eine Kommission aus weisen und frommen Priestern die Fakten studiert hat und zur Überzeugung gelangt ist, dass die Erscheinungen göttlichen Ursprungs sind und das, was Bernadette sah, die allerheiligste Jungfrau“ war.
Maria bat in Lourdes um die Wallfahrt, das Gebet und die Buße für die Sünder, zu denen auch wir selbst alle gehören. Sie weist uns darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, in dieser Welt glücklich zu sein, sondern sich vorzubereiten für das wahre, ewige Glück, von dem sie Bernadette und auch uns hier auf Erden schon einen Vorgeschmack in der Teilhabe an der Liebe und am Lichte Gottes schenkt! Sie lehrt uns den Schatz des heiligen Rosenkranzes und leitet uns an, nicht nur allein, sondern wie Bernadette mit ihr und mit dem ganzen Himmel vereint zu beten und auch zu leben, um so in übernatürlicher Kraft alle Schwierigkeiten, die sich dem Willen Gottes entgegenstellen, zu überwinden! Maria offenbart uns in Lourdes auch die Frohbotschaft unserer Erlösung und lehrt uns, dass wir mit all unseren körperlichen und seelischen Leiden, Krankheiten und Schwächen, mit denen wir selbst nicht fertig werden, zu Jesus kommen sollen und dürfen, der uns hört und je nach Seiner Weisheit in der uns angemessenen Weise auch wahres Heil und Heilung schenkt!
Am 25. März 1858, am Fest Mariä Verkündigung, verkündet auch die Dame schließlich – nach mehrmaliger Bitte Bernadettes - ihren Namen und ihre Gnade, die ihr mit der Berufung, Gottes Mutter zu sein, zuteil wurde: „Ich bin die Unbefleckte Empfängnis“. Sie wurde nicht nur ohne Erbsünde empfangen, sondern sie hat ihr ganzes Leben von jeder Sünde rein vor Gott gelebt und angenommen!
Maria bestätigt mit diesem ihrem Namen den Glauben der Kirche, der 1854, also wenige Jahre vorher, durch Papst Pius IX. im Dogma von der Unbefleckten Empfängnis der seligsten Jungfrau Maria als apostolisch dargelegt worden war. Sein Nachfolger Papst Leo XIII., der die Kirche als Papst wiederholt eindringlich zum Rosenkranzgebet aufrief, ließ am Ende seines Lebens noch selber eine Nachbildung der Grotte von Lourdes in den Vatikanischen Gärten einweihen mit den Worten: "Möge die Jungfrau und Mutter, die einst durch ihre Liebe bei der Geburt der Gläubigen in der Kirche mitwirkte, durch ihre Macht auch heute noch das Werkzeug und die Hüterin unseres Heiles sein; ... möge sie den geängstigten Seelen die Ruhe des Friedens wiedergeben; möge sie endlich im privaten wie im öffentlichen Leben die Rückkehr zu Christus beschleunigen" (Breve vom 8. Sept. 1901; Acta Leonis XIII, vol. XXI, S. 159/60).
Der heilige Papst Pius X. eröffnete den Seligsprechungsprozess für Bernadette Soubirous. Papst Pius XI. kann Bernadette schließlich am 2. Juni 1925 selig- und am 8. Dezember 1933 heiligsprechen, die nach ihrem Eintritt in ein Kloster zu Nevers 1866 den Namen Schwester Marie Bernard von der Kongregation de la Charité et de l'Instruction chrétienne angenommen hatte. Ihr unversehrter Leichnam ruht bis heute dort in der Klosterkirche zu Nevers.
Und Papst Pius XII. schrieb am 2. Juli 1957 in seinem Rundschreiben zur Vorbereitung der Einhundertjahrfeier der Erscheinungen von Lourdes 1858 (Le pèlerinage de Lourdes, vgl. offizieller Text AAS 49 [1957] 605-619, hier zitiert nach der Übersetzung auf kathpedia.com):
„In eine Gesellschaft hinein, die in ihrem öffentlichen Leben häufig die obersten Rechte Gottes antastet, die die ganze Welt um den Preis ihrer Seele gewinnen möchte und sich so der Gefahr ihres Untergangs aussetzt, hat die mütterliche Jungfrau gleichsam einen Alarmschrei geworfen. Ihrem Anruf gehorchend, mögen die Priester alle ohne Furcht die großen Heilswahrheiten verkünden. Es gibt keine dauerhafte Erneuerung, außer wenn sie sich auf die unumstößlichen Grundsätze des Glaubens stützt, und es ist Sache der Priester, das Gewissen des christlichen Volkes zu formen. Ebenso wie die Unbefleckte in ihrem Mitleid mit unserem Elend, doch auch in der Kenntnis unserer wahren Bedürfnisse zu den Menschen kommt, um sie an die wesentlichen und strengen Forderungen der religiösen Bekehrung zu erinnern, so müssen die Diener des Wortes Gottes in übernatürlicher Zuversicht den Seelen den schmalen Weg weisen, der zum Leben führt (26). Sie sollen es tun, ohne zu vergessen, welchem Geist der Sanftmut und Geduld sie folgen (27), doch auch ohne irgend etwas von den Forderungen des Evangeliums zu verschleiern. In der Schule Mariens sollen sie lernen, nur zu leben, um der Welt Christus zu geben, aber, wenn es sein muss, auch gläubig die Stunde Jesu abzuwarten und am Fuße des Kreuzes auszuharren…
Und wenn Maria sich in ihrer Sorge mit Vorliebe einigen Kindern zuneigt, sind das nicht, geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder, die Kleinen, Armen und Kranken, die Jesus so sehr geliebt hat? "Kommet zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken", scheint sie mit ihrem göttlichen Sohn zu sagen (Mt.11,28)… Geht zu ihr und empfanget den Frieden des Herzens, die Kraft zur täglichen Pflicht, die Freude des dargebrachten Opfers. Die unbefleckte Jungfrau… weiß, wie viel in den Augen Gottes eure Leiden in Verbindung mit denen des Erlösers wert sind. Sie können, daran zweifeln Wir nicht, gewaltig zu jener christlichen Erneuerung der Gesellschaft mit beitragen, um die Wir Gott durch die mächtige Fürbitte seiner Mutter bitten. Möge Maria auf das Gebet der Kranken, der Demütigen, aller Lourdes-Pilger hin ihren mütterlichen Blick ebenfalls denen zuwenden, die noch außer halb des einen Schafstalls der Kirche weilen, um sie in die Einheit zu versammeln! Möge sie ihren Blick denen zuwenden, die suchen und nach der Wahrheit dürsten, um sie zur Quelle des lebendigen Wassers zu führen! Möge ihr Blick schließlich jene unermesslichen Kontinente und weiten menschlichen Zonen überfliegen, wo Christus leider noch so wenig gekannt, so wenig geliebt wird, und möge ihr gewährt werden, dass die Kirche die Freiheit und die Freude genießt, an allen Orten immer jung, heilig und apostolisch auf die Erwartung der Menschen zu antworten…
Die Christen werden sich diesem Ruf nicht verschließen; sie werden zu Maria gehen. Und jedem von ihnen wollen Wir am Schluss dieses Briefes mit dem heiligen Bernhard sagen: "In Gefahren, in Ängsten, in Zweifeln denk an Maria, ruf Maria an... Folgst du ihr, so wirst du nicht vom Weg abkommen; fragst du sie, so wirst du nicht verzweifeln; denkst du an sie, so wirst du nicht irren; hältst du dich an sie, so wirst du nicht ins Verderben geraten; schützt sie dich, so brauchst du nichts zu fürchten; führt sie dich, so wirst du nicht müde werden; segnet sie dich, so gelangst du ans Ziel..." (Horn. II super Missus est: P.L. 183,70-71)”.

Thomas Ehrenberger

 

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