Sakramentalien (2. Teil)

2. Weihwasserweihe

a) Bei der Behandlung der einzelnen Weihungen und Segnungen wollen wir uns zunächst der Weihwasserweihe zuwenden. Denn sie stellt insofern eine Art Krönung der anderen Sakramentalien dar, weil viele der verschiedensten Segnungen von Gegenständen und Personen ihren Abschluss in der Besprengung mit dem Weihwasser finden. So findet das Weihwasser zum Beispiel auch beim sonntäglichen Asperges vor dem Hochamt Verwendung, ebenfalls bei den Exorzismen und der Bestattung verstorbener Gläubigen. Daher kommt die übernatürliche Wirkkraft des Weihwassers gewissermaßen auch allen diesen geweihten Gegenständen und gesegneten Personen zu.

„Die Weihe von Wasser war im Osten schon im 4., im Abendland nachweislich bereits im 5. Jahrhundert in Gebrauch. Die ältesten Segensgebete begegnen uns dort im Euchologion des Bischofs Serapion von Thmuis (+362), hier im dritten Buch des Gelasianum. Das heute allgemein zur Verwendung kommende Segensformular findet sich schon im Alkuinschen Anhang des Gregorianum, war also bereits im 8. Jahrhundert bekannt." (Braun, J., Liturgisches Handlexikon, Mäander Verlag 1924, S. 370)

Dieses "geweihte Wasser", welches sich zu Recht großer Popularität erfreut, besteht in seiner Zusammensetzung aus natürlichem Wasser, welchem im Lauf der Zeremonie etwas Salz beigemischt wird. Und wenn sich der Priester anschickt, dieses Weihwasser zu weihen, hat er - wie auch bei jeder anderen Weihung - den weißen Chorrock und die priesterliche Stola (vorne gerade herunterhängend) anzulegen. In diesem Fall muss die Stola die violette liturgische Farbe aufweisen. Violett findet hier deswegen Verwendung, weil während dieser Weihe der Exorzismus gesprochen wird (zweimal), bei welchem wegen seines Buß- und teufelaustreibenden Charakters immer die violette Stola angelegt wird.

Eingeleitet wird diese Zeremonie mit den Worten: "Unser Hilfe ist im Namen des Herrn", worauf vom Ministranten andächtig geantwortet wird: "Der Himmel und Erde erschaffen hat". Somit wird in Erinnerung gerufen, dass ein jeglicher Segen Gott zur Quelle hat und somit nur im Namen und Auftrag Jesu Christi, des göttlichen Erlösers, gespendet werden kann. Wenn Gott "Himmel und Erde" sogar aus Nichts "erschaffen" hat, dann ist Er selbstverständlich auch in der Lage, die segnende Hand des katholischen Priesters mit Seinem himmlischen Segen zu begleiten!

Hierauf folgt unmittelbar der Exorzismus, die Beschwörung des Salzes. Es ist ja wohl unbestritten, dass ein jeder physikalische Gegenstand hier auf Erden an sich wertneutral ist, das heißt in moralischer Hinsicht weder gut noch schlecht. Und erst durch unsere Intention, die jeweilige Willenshaltung, wird er zu einer guten Tat gebraucht bzw. zu einer schlechten Tat missbraucht. Aber die Kirche ist überzeugt, dass die einzelnen ausgewählten Gegenstände durch die besondere, in der Autorität der Kirche vollzogene Segnung des Priesters zu einer Art Träger des göttlichen Segens werden können, welcher dann diesem Gegenstand auch bis auf weiteres anhaftet.

Die Materie des Salzes ist wohl deshalb zur Weihwasserweihe ausgewählt worden, weil es eine konservierende und von Fäulnis bewahrende Eigenschaft besitzt. Hat man ja deshalb früher, als es noch keine Kühlschränke gegeben hat, eine Reihe von Lebensmitteln mit Salz eingerieben bzw. in Salz gelegt, um in diesen Gegenständen den Prozess der äußeren Verderbnis stark zu verlangsamen und sie dann für den späteren Verzehr zu erhalten. Und so soll nun das Salz zunächst dem Weihwasser selbst diese konservierende und heilende Eigenschaft (in geistiger Hinsicht!) vermitteln als auch die damit später besprengten Personen und Gegenstände von den mannigfachen Einflüssen der diabolischen Welt bewahren und im Dienst Gottes erhalten!

In diesem Sinn beginnt der Priester die Beschwörung (einer kleinen Menge) des Salzes, indem er an den betreffenden Stellen mit seiner rechten Hand das Kreuzzeichen über dieses Salz macht: "Ich beschwöre dich, Geschöpf des Salzes, durch den lebendigen Gott ✠, durch den wahren Gott ✠, durch den heiligen Gott ✠, durch Gott, der dem Propheten Eliseus befahl, dich ins Wasser zu werfen, um die Unfruchtbarkeit des Wassers zu heilen: du sollst ein Salz werden, vom Bösen gereinigt, zum Heil der Gläubigen; du sollst allen, die dich genießen, zur Gesundheit dienen des Leibes und der Seele; von dem Ort, an dem du ausgestreut wirst, soll fliehen und entweichen jeder Gedanke und jede Bosheit oder Hinterlist teuflischen Truges und jeder unreine Geist; denn wir beschwören ihn durch Den, der kommen soll, zu richten die Lebenden und die Toten und die Welt durch Feuer. (Antwort:) Amen".

In der von den Aposteln von Christus erhaltenen und dem Priester in seiner Weihe vermittelten Vollmacht über die bösen Geister spricht nun dieser die Materie des Salzes gewissermaßen persönlich an und befiehl ihr im Namen des "lebendigen", "wahren" und "heiligen" Gottes, sich in gleicher Weise dem Wasser beimischen zu lassen, wie Eliseus durch das Salz, welches er in eine Wasserquelle zu Jericho warf, diese mit folgenden Worten von seiner Schlechtigkeit befreite: „So spricht der Herr: Ich mache dieses Wasser gesund. Fortan soll es weder Tod noch Fehlgeburten verursachen" (4 Kön 219-22).

Das Salz, durch den Exorzismus des Priesters eben "vom Bösen gereinigt", soll dem Wasser die Kraft schenken, dem "Heil der Gläubigen" zu dienen und diesen die "Gesundheit ... des Leibes und der Seele" zu vermitteln. Es soll mithelfen, jede Schlechtigkeit und "Unfruchtbarkeit" der schwachen menschlichen Natur zu heilen - sowohl die offenkundigen Defizite der geistigen „Fehlgeburt" des unzulänglichen menschlichen Willens und Strebens sollen vermieden als auch der „Tod" der Seele unbedingt verhindert werden!

Also besitzt das Weihwasser als solches zunächst allgemein gewisse heilende Eigenschaften - sowohl im Hinblick auf das geistige als auch das leibliche Wohlergehen des Menschen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man ein jegliches Leiden leiblicher wie geistiger Natur durch das Weihwasser (allein) heilen könnte bzw. sollte - das Weihwasser ist sicherlich kein abergläubisches Allheilmittel und ersetzt somit keinesfalls eine jegliche gebotene medizinische Behandlung. Dennoch kann aber der Segen Gottes, vermittelt auch und gerade durch das "geweihte Wasser" (und begleitet von einer gesunden und ausgewogenen Glaubenshaltung - einem vernünftigen Gottvertrauen!), einen solchen Heilungsprozess sehr wohl unterstützen und fördern.

Des weiteren besteht die Wirkung des Weihwasser darin, an den mit ihm besprengten Orten jeden boshaften "Gedanken" und jede Versuchung des Teufels von den Menschen fernzuhalten, weil ja der Diabolus uns mit seiner Hinterlist nur verunsichern und somit letztendlich um jeden Preis vom rechten Weg, dem Weg des Heils, abbringen will. Von dieser Art der generellen Unreinheit mögen wir auch und gerade durch Christus, den kommenden Richter der " Lebenden und Toten", bewahrt werden, der ja die "Welt" keinesfalls nur oberflächlich oder nachlässig richten wird, sondern sie einer grundlegenden, nachhaltigen und gewissenhaften Prüfung ihrer Taten unterziehen wird - eben "durch Feuer"!

Die drei Kreuzzeichen, die der Priester zu Beginn dieses Exorzismus über das Salz macht, bringen zum Ausdruck, dass die Wirkursache der erbetenen Wirkungen letztendlich nur im heilbringenden Leiden und dem sühnenden Sterben Jesu Christi am Kreuz liegt. Er ist die Quelle des Heiles und in Seinem Kreuz erlangen auch wir das Heil! Durch das abschließende "Amen" wird diese fundamentale Wahrheit der christlichen Offenbarungsreligion von uns, den Katholiken, ausdrücklich und feierlich bestätigt.

b) An den Exorzismus des Salzes, durch welchen es gewissermaßen gereinigt worden ist (vom bösen Feind), schließt sich dessen Segnung, durch welche es nun die ihm innewohnende heilende Kraft des Segens Gottes erhält: "Lasset uns beten! Allmächtiger, ewiger Gott! Wir bitten demütig Deine unermessliche Milde, Du wollest dieses Geschöpf des Salzes, das Du dem Menschengeschlecht zum Gebrauch gegeben hast, segnen ✠ und heiligen ✠ durch Deine Gnade; auf dass es allen, die es genießen, zur Gesundheit des Leibes und der Seele diene; und alles, was damit berührt oder bestreut wird, frei sei von jeder Unreinheit und von jedem Angriff durch die Bosheit böser Geister. Durch Christus, unseren Herrn. (Antwort:) Amen".

Der Priester spricht jetzt Gott in Seiner ewigen Allmacht an. Ihm ist ja alles möglich, und Er will ja auch das Heil des Menschen. Daher möge Er in Seiner „unermesslichen Milde" bewirken, dass das Salz mittels Seiner „Gnade" gesegnet und geheiligt werde, damit es den (gläubigen) Menschen zum Besten für „Leib und Seele" gereiche. Außerdem möge auch jeder Ort, der mit diesem Weihwasser in Berührung gekommen ist, „von jeder Unreinheit und von jedem Angriff durch die Bosheit böser Geister" freigehalten werden.

Darauf knüpft ja dann auch der fromme Brauch innerhalb der katholischen Kirche an, in jedem Haus und in jeder Wohnung „geweihtes Wasser" zu halten und sich damit sowohl beim Gehen als auch beim Kommen in gläubiger Haltung zu bespritzen. Es soll uns auf allen unseren Wegen und in verschiedenster Hinsicht vor dem bösen Feind beschützen und den Segen Gottes vermitteln. Unterschätzen wir also nicht diese teufelabweisenden wie segenbringenden Wirkungen des Weihwassers als gewissermaßen des wichtigsten der Sakramentale und lehnen wir bitte nicht den betreffenden Glauben der Kirche in falscher „Aufgeklärtheit" etwa als überholt und altmodisch ab.

P. Eugen Rissling

 

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