Sind Feuerbestattungen erlaubt? 

Immer mehr nimmt in der heutigen Zeit die Zahl jener Bestattungen zu, bei welchen die Leichname der Verstorbenen vorher mittels des Feuers eingeäschert und dann in einer Urne beigesetzt werden. Ein einfacher Gang durch den Friedhof bestätigt dies. Aber nicht etwa nur Menschen, die dem christlichen Glauben fern stehen, ordnen für sich für den Fall des Todes diese Art der Beerdigung an, sondern auch jene, die sich wie auch immer zum Glauben an Jesus Christus bekennen. Wie soll man aber vom christlichen Standpunkt aus die Feuerbestattung beurteilen, was sagt die katholische Kirche dazu? 

Nun, die Kirche hat sich stets eindeutig zur Erdbestattung bekannt, bei welcher der Leichnam ohne vom Feuer vernichtet zu werden zu Grab getragen wird. Entscheidend hierfür “war (neben dem jüdischen Vorbild) die Grablegung Christi, in der sie die Bestattungsform vorgezeichnet sah. So hat sie dort, wo sie (z.B. in Rom) Leichenverbrennung vorfand, nach Möglichkeit auf Erdbestattung bestanden”1

Der erste Punkt, auf den sich die Kirche bei der theologischen Begründung dieser ihrer Bestattungspraxis berief, war der Hinweis auf die Tatsache, dass der Mensch von einem höheren Wesen erschaffen wurde. Nicht nur die Seele, auch der physische Leib hat den Herrgott zu seinem Schöpfer - auch er ist ein Gebilde Gottes. Und wie wenig der Mensch zu seinen Lebzeiten irgendwie verunstaltet werden darf, sei es durch eine mutwillig zugefügte Verletzung, durch absichtliche Erkrankung oder auch durch bewusst herbeigeführten Schmerz, so darf auch nach dessen Tod das Geschöpf Gottes nicht (gewaltsam) vernichtet werden. Hieraus spricht die tiefe Ehrfurcht der Kirche vor dem menschlichen Leib als einem Gebilde Gottes. Außerdem ist die Seele des Menschen hier auf Erden unzertrennbar mit seinem Leib verbunden. Tut man also ihm Gewalt an (welcher Art auch immer), so richtet sie sich auch gegen den Menschen als solchen, trifft man folgerichtig die Person des Menschen. Somit bedeutet die Feuerbestattung nicht nur Ehrfurchtslosigkeit dem Schöpfer, sondern auch Respektlosigkeit dem jeweiligen Menschen gegenüber. Der Verweis auf den entsprechenden Wunsch des Verstorbenen entschuldigt nicht die Hinterbliebenen, da man ja auch auf Verlangen keinen Menschen verletzen oder sogar töten darf! 

Ferner weist die Kirche darauf hin, dass Gott den Menschen nicht nur erschaffen, sondern auch erlöst hat! Wenn ein Mensch die geistige Wiedergeburt erlangen und am beseligenden Leben Gottes teilhaben will, dann ist davon nicht nur die Seele, sondern auch sein Leib mitbetroffen. Denn der Leib bildet mit der Seele eine Einheit: das Wasser der Taufe reinigt durch die Berührung des Hauptes die Seele, durch die Auflegung der Hand des Bischofs auf das Haupt und die Salbung der Stirn empfangen wir den siebenfältigen Heiligen Geist, der eucharistische Heiland wird uns vom Priester auf die Zunge gelegt. Auch alle übrigen Sakramente haben einen klaren Bezug zum Leib des Menschen. Um so mehr ist also der Leichnam eines verstorbenen Christen unantastbar! Auch im Hinblick auf ihn sind die folgenden eindringlichen Worte des Völkerapostels zu verstehen: “Wißt ihr nicht, dass ihr Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn einer den Tempel Gottes zugrunde richtet, so wird Gott ihn zugrunde richten. Denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr” (1 Kor 3,16f.)! 

Schließlich darf auch nicht die feste Glaubensüberzeugung der Kirche unbeachtet bleiben, dass wir einst in demselben individuellen Leib auferstehen werden, der uns hier auf Erden gehört. Wie Jesus Christus bei der Verklärung auf dem Berg Tabor (vgl. Mt 17,1-8) mit sich selbst identisch blieb, wie Er als vom Tode Auferstandener Seinen Aposteln nicht bloß als Geist erschienen war (vgl. Lk 24,37-40) und an Seinem Leibe dieselben Wundmale trug, die Ihm während der Kreuzigung zugefügt wurden (vgl. Joh 20,27), so wird auch ein Mensch, der das ewige Heil erlangt, am Jüngsten Tag zwar einen verklärten, aber dennoch numerisch denselben Leib erhalten, den er zu Lebzeiten auf Erden besaß: “Dies Verwesliche muß mit Unverweslichkeit, dies Sterbliche mit Unsterblichkeit bekleidet werden” (1 Kor 15,53)! 

Wenn der Leichnam im Grab zu Staub zerfällt, dann geht alles den Weg, den Gott(!) jeglicher Kreatur vorgezeichnet und für sie bestimmt hat. Nicht aber wagt ein Christ von sich aus den menschlichen Leib zu vernichten, der ja nach der Absicht Gottes an der ewigen Herrlichkeit des Paradieses teilnehmen soll!  “Schon in der Renaissance und Aufklärung gab es einzelne Stimmen für die Leichenverbrennung. In der Französischen Revolution wurde der erste größere - doch erfolglose - Versuch unternommen, im Kampf gegen den christlichen Auferstehungsglauben die Leichenverbrennung ... einzuführen. [...] Erst als die Freimaurerei massiv die Leichenverbrennung als Waffe gegen die Kirche unterstützte, gewann sie an Boden; 1869 beschloß der internationale Freimaurerkongreß in Neapel als Schlag gegen das Vatikanum die Förderung der Leichenverbrennung. [...] Auch von marxistischer Seite fand die Leichenverbrennung Befürwortung.”2 

Dieser antikirchliche Zug der modernen Feuerbestattung bestärkte die katholische Kirche in ihrer ablehnenden Haltung der Einäscherung von Leichnamen gegenüber. In ihrem kanonischen Recht (CIC von 1917) schreibt sie die Erdbestattung vor und verwirft die Feuerbestattung (can. 1203 §1). Sie verbietet, einen auf Leichenverbrennung gerichteten Willen zu befolgen, und betrachtet sogar eine entsprechende testamentarische Verfügung als für sie nicht bindend, ja als nicht bestehend (can. 1203 §2). Wer für sich Feuerbestattung anordnet, kann kein kirchliches Begräbnis erhalten (can. 1240 §1 n.5). 

Wie inzwischen kaum anders zu erwarten, hat die moderne Konzilskirche auch mit diesem einhelligen Glauben der katholischen Kirche gebrochen. Der erste Schritt erfolgte 1963 durch Paul VI., bei welchem er die Feuerbestattung unter gewissen Auflagen gestattete. Fixiert wurde dieser Bruch mit der Tradition im neuen Kirchenrecht von 1983, wo es im can. 1176 §3 heißt: "Nachdrücklich empfiehlt die Kirche, dass die fromme Gewohnheit beibehalten wird, den Leichnam Verstorbener zu beerdigen; sie verbietet indessen die Feuerbestattung nicht, es sei denn, sie ist aus Gründen gewählt worden, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen."

Zunächst ist zu bemängeln, dass die ausschließliche Beerdigungspraxis der Kirche lediglich als "fromme Gewohnheit" umschrieben wird. Dann ist darauf hinzuweisen, dass die Feuerbestattung, da sie den Schöpfer mißachtet und im eindeutigen Widerspruch zum Auferstehungsglauben der Kirche steht, immer(!) der christlichen Glaubenslehre widerstreitet, auch wenn nicht unbedingt jedem unserer Zeitgenossen der antichristliche und -kirchliche Charakter der Leichenverbrennung bekannt und bewusst sein sollte. Mit einem listigen Trick verhilft man einer Beerdigungspraxis zum Sieg, die als solche nie und nimmer in Einklang mit dem Glauben der Kirche an die Auferstehung von den Toten gebracht werden kann, der seinerseits in den Worten Jesu Christi seine Begründung findet: "Es kommt die Stunde, da alle in den Gräbern Seine Stimme hören werden. Dann werden die, die das Gute getan haben, zur Auferstehung für das Leben herauskommen, die das Böse verübt haben, zur Auferstehung für das Gericht" (Joh 5,28f.)!

 

P. Eugen Rissling

 


1Lexikon für Theologie und Kirche VI. Herder 1961, Sp.916. 

2 ebd. Sp. 915f.

 

Zurück Hoch Startseite