Das Wesentliche des katholischen Glaubens


Als katholische Christen sollten wir uns immer wieder auf das Wesentliche unseres Glaubens besinnen. Durch Beschäftigung mit vielen anderen Dingen des Alltags - einige davon sind tatsächlich notwendig - neigen wir ziemlich leicht dazu, uns abzulenken, uns ablenken zu lassen. Wir wenden unsere (inneren) Augen den anderen Dingen zu und sind dadurch oft nicht mehr mit entsprechender Aufmerksamkeit mit dem Wesentlichen beschäftigt. Unter dieser Prioritätenverschiebung leidet dann natürlich das religiöse Leben des Menschen. 

Was ist aber der wesentliche, der zentrale Punkt des katholischen Glaubens? Eine Antwort auf diese Frage gibt uns das Zeugnis von Menschen, die hart um die innere Klarheit kämpfen mußten, bevor sie den schweren und mutigen Schritt der Konversion, der Zuwendung zum katholischen Glauben vollzogen haben. In einem Buch1 über die schwedischen Konvertiten schildern sie selbst ihren eigenen Weg zum Katholizismus. Diese Gedanken sollen auch uns einige Anregungen und Denkanstöße über das Wesen unseres Glaubens geben.

„Eines Tages im März denkt er über seine Konversion und seine großen katholischen Erlebnisse nach. Er denkt an die Jahre, die er bereits als Katholik gelebt hat. Er fragt sich: ´Warum wurde ich Katholik?´ und er muß antworten: ´Um Gott lieben zu können.´ Er fragt sich weiter: ´Warum bleibe ich Katholik?´ und die Antwort ist die gleiche: ´Um Gott lieben zu können.´ Sollte ihn jemand fragen, ob er denn wünsche, daß auch andere ihm nachfolgen, so antwortet er natürlich bejahend. Und fragt man ihn, warum er das wünsche, so gibt er die gleiche Antwort wie früher: ´Damit sie Gott lieben können.´ Natürlich ist er sich bewußt, daß allein die Liebe zur Kirche für viele zum entscheidenden Beweggrund für ihre Konversion wird. Die Vorbereitungszeit erscheint vielen Konvertiten als die Verlobungszeit mit der Kirche, und sie reden sich deshalb vielleicht ein, daß gerade das, was die katholische Religion von den anderen christlichen Konfessionen unterscheidet, der Beachtung wert ist und des gläubigen Bewahrens würdig sei.“

Dann kritisiert dieser Konvertit ein Buch, das vom das Wesen des Katholizismus handelt: „Dieses Buch handelt fast ausschließlich von der Kirche. Es übergeht mit Stillschweigen Gottes Wesen und Seine Eigenschaften, das gegenseitige Verhältnis der drei göttlichen Personen zueinander, das Werk der Erlösung, die Gnade, die eingegebenen Tugenden, die letzten Dinge und die Seligkeit. Folglich behandelt es trotz seines Titels weder das Wesentliche der katholischen Lehre noch der katholischen Lebensführung“.

Er fährt fort: „Das religiöse Leben des katholischen Konvertiten3 muß sich mit der Frage auseinandersetzen, ob man auf die Dauer katholisch bleiben kann, nur weil man die Kirche liebt oder, besser gesagt, weil man die Kirche um ihrer selbst willen liebt. Früher oder später muß man sich wohl sagen, daß es Gott ist, dem man als Katholik dienen will. Denn durch den Wunsch, Gott zu gefallen, und durch die Hoffnung auf Seinen Beistand erhält man Kraft und Ausdauer. 


Es mag notwendig sein, die Kirche zu lieben, ihr Dogmensystem, ihre Hierarchie, ihre öffentliche Verkündigung und ihre Liturgie zu schätzen und ihre Wirkungen in der Geschichte zu bewundern.4 Unser Konvertit hat das auch getan und tut es immer noch. Aber heute sagt er sich, daß vor allem die Gottesoffenbarung selbst seine Liebe wecken muß. Um Gottes willen liebt er die Kirche. Und Gott ist es, den er in der Kirche liebt. Zumindest hofft er es, denn er weiß, daß alles Geschaffene zum Hindernis wird, wenn man es als etwas Gutes an sich betrachtet. Die großen Mystiker haben ihn gelehrt, daß sogar die inneren, von Gott verliehenen Gnadenbeweise unsere geistige Entwicklung hemmen, wenn wir uns mit Wohlbehagen bei ihnen aufhalten, statt unsere Blicke dem göttlichen Spender zuzuwenden. Ohne uns dessen bewußt zu sein, setzen wir andere Dinge als Gott an die höchste Stelle oder lassen jedenfalls Gott den höchsten Platz mit etwas teilen, was nicht Gott in eigener Person ist. Wir werden in unserer Hoffnung und in unserer Liebe so leicht selbstisch und darum erleben wir nichts als Enttäuschungen. Machen sich neue Konvertiten nicht heimlich vielleicht ganz unbewußte Hoffnungen auf geistigen Genuß und Trost, auf herrliche ästhetische Erlebnisse, auf eine interessante Lektüre, auf Glaubensgenossen gleicher Veranlagung, auf Teilnahme an kleinen katholischen ´Vereinen zwecks gegenseitiger Bewunderung´, auf Bekanntschaft mit Heiligen in der Gegenwart? Ja, das gibt es. Nicht selten gehen solche Hoffnungen in Erfüllung. Mindestens ebenso oft aber hält es die Vorsehung für richtig, jede menschliche Erwartung zu enttäuschen. Und darum kann nicht stark genug betont werden, daß es nur die Liebe zu Gott ist, die dem Dasein einen Sinn gibt.“

Im Anschluß daran führt derselbe Autor aus, wie das Werk der Heiligung der Welt (und die eigene Heiligung) überhaupt bewirkt werden kann: „Das geschehe ... am besten dadurch, daß man ständig über das erste und vornehmste Gebot nachdenkt, das da lautet: ´Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele und aus allen deinen Kräften.´ Dieses Gebot ist es ja, welches das ganze Gesetz und die Propheten zusammenfaßt, und die Apostel der Heiligung (so werden jene genannt, die bei diesem Werk der Heiligung mitwirken) glauben, es werde sie anspornen, sich ohne Vorbehalt dem himmlischen Vater zu überantworten, der wünscht, daß alle Seine Kinder Heilige werden. Mit dem ersten und vornehmsten Gebot vor Augen wollen sie mit der göttlichen Gnade zusammenwirken, daß die Menschen auf dem Weg der Gnade zu Gottes Ebenbildern umgeschaffen werden. Ihre eigene Heiligung genügt ihnen nicht. Sie wollen durch ihr Beispiel und ihre gesprochenen und geschriebenen Worte ihre Mitmenschen auf den Weg der Heiligung führen, so daß auch diese das erste und vornehmste Gebot verwirklichen.” Eindrucksvoller kann man den katholischen Glauben, seinen Inhalt und die vornehmste Aufgabe eines Christen kaum beschreiben! 


 


1Stolpe, Sven, Warum wir katholisch wurden. F.H.Kerle Verlag, Heidelberg. 1958.

2Tryggve Lundén, geb. 1917, Lic.phil. und Lic.theol., zum Priester geweiht 1957, schreibt von sich selbst in dritter Person.

3wie auch im folgenden Abschnitt betreffen diese Ausführungen selbstverständlich auch einen Menschen, der als Katholik geboren wurde!

4wohl bemerkt: es handelt sich hier um die Katholische Kirche (dieser Bericht wurde 1955 niedergeschrieben)!

 

 

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