Priestertum der Frau?


Zeugnis der Geschichte

Kaum vergeht in der heutigen Zeit ein Treffen der Theologen oder ein Katholikentag, ohne daß dabei die Frage nach dem Priestertums der Frau besprochen und wie selbstverständlich die Forderung erhoben würde, auch Frauen zur Priesterweihe zuzulassen. Wird darüber in der Presse berichtet, vernimmt man fast ausschließlich die Auffassung der Befürworter des Frauenpriestertums, welcher Umstand natürlich nicht unbedingt förderlich ist, sich zu dieser Frage ein objektives Urteil zu bilden. Wir alle kennen die emotionsgeladenen Äußerungen, durch den Ausschluß der Frau vom Priestertum würde diese diskriminiert und unterdrückt; da jeder Mensch vor Gott gleichviel bedeutet, sei es im höchsten Maß unchristlich, die Frauen nicht zum Priestertum zuzulassen; die Männer wollten nicht ihre Machtposition und den Einfluß in der Kirche aufgeben und würden unentwegt dem Patriarchalismus Vorschub leisten usw. 

Und hinter allem steht die Behauptung, es gäbe überhaupt keine dogmatischen Gründe, die dafür sprechen würden, die Frauen vom Priestertum auszuschließen. Sogar ein slowakischer Geistlicher, der für die Tradition der Kirche zu wirken angibt (Mgr. Oravec), machte sich diese Ansicht zu eigen und begründete sie kürzlich damit, schließlich sei Jesus Christus der eigentliche Sakramentenspender sei, und sonderbarerweise auch damit, eine katholische Frau könne ebenfalls sagen, nicht mehr sie, sondern Jesus lebe in ihr. Auch wenn er persönlich es ablehne, sich für das Frauenpriestertum einzusetzen, stellt er es dennoch dogmatisch als möglich hin und rechtfertigt somit in gewissem Sinn diese modernistische Idee. Warum ließ aber die katholische Kirche immer nur Männer zum Weihepriestertum zu? 

Eine gewichtige Rolle spielt dabei zunächst die historische Tatsache, daß Jesus Christus, das Haupt der Kirche, selbst ein Mann war und nur Männer in Seine besondere Nachfolge berufen hat. Es waren ausschließlich Männer, die zum Kreis Seiner Jünger gehörten (vgl. Lk 6,13: “Er rief Seine Jünger herbei”), aus deren Mitte Er dann die 12 Apostel auswählte. Zwar begleiteten Jesus gelegentlich auch einige fromme Frauen, nur wurden diese nicht zur Verkündigung des Evangeliums ausgesandt. Diese Aufgabe war nur den Aposteln und den von ihnen (durch die Weihe) bestellten männlichen Mitstreitern vorbehalten. 

Jesus wußte auch Seiner menschlichen Natur nach, daß Seine Mutter Maria im wahrsten Sinne des Wortes “voll der Gnade” war und Ihn vom Heiligen Geist empfangen hat. Er wußte, daß sie unbefleckt empfangen war und aus Liebe zu Gott sündenfrei gelebt hat. Maria Magdalena, der großen Sünderin, hat Er demonstrativ die Sünden vergeben und auf ihre große Reue hingewiesen. Sie hat es verdient, als erste den auferstandenen Heiland sehen zu dürfen (Joh 20, 14-16). Dennoch wählte Er weder die heilige Jungfrau, die doch die Mutter Gottes und die Königin der Apostel und aller Heiligen ist, noch Maria Magdalena in den Apostelkreis. Nicht ohne Bedeutung ist, daß Jesus Christus “die ganze Nacht im Gebet zu Gott zubrachte”, bevor Er am nächsten Tag “Seine Jünger herbeirief und zwölf von ihnen auswählte” (Lk 6,12f.). Wenn Er vor dieser wichtigen Entscheidung lang gebetet hatte, dann darf um so mehr ausgeschlossen werden, Er habe die Wahl der Apostel auch in personaler Hinsicht leichtfertig und undurchdacht getroffen! Hoffentlich wird niemand die absurde Behauptung aufstellen, Jesus habe die Frauen diskriminiert - die Heilige Schrift bezeugt eher das Gegenteil davon. 

Seitens der Befürworter des Frauenpriestertums wird gelegentlich der Einwand erhoben, Jesus sei halt ein Kind seiner Zeit gewesen und mußte sich nach den Sitten und Gepflogenheiten des eigenen Volkes richten. Und da die Frauen im damaligen Judentum nicht viel zu sagen hatten, konnte Er sie nicht zu Aposteln bzw. Priestern machen. Denn sonst hätte Seine Verkündigungstätigkeit bei Seinen Volksgenossen nicht die geringste Aussicht auf Erfolg gehabt. Nun hat aber Christus das levitische Gesetz übertreten, wo Er es für notwendig hielt, und zwar ohne jede falsche Rücksicht. Deutlich kommt Seine grundsätzliche Haltung am Beispiel der Einstellung zum Sabbat zum Vorschein. Um Kranke zu heilen, hat Er sich nicht gescheut, auch den Sabbat, den heiligen Tag der Juden, nach levitischer Vorstellung zu brechen. Lieber ließ Er sich “nach dem Leben trachten” (vgl. Joh 5,18), gegen sich den Beschluß der Vernichtung fassen (vgl. Mt 12,14) und Seine Gegner “von sinnloser Wut” entbrennen (vgl. Lk 6,11), als daß Er darauf verzichtet hätte, Seinen Heilandsberuf auszuüben! Hat denn Jesus Christus nicht wiederholt Seinen Zuhörern das berichtigte Verständnis der Gebote und der Einrichtungen des Alten Bundes zu vermitteln versucht? Niemals hat Er sich damit abgefunden, die Menschen in ihrer irrigen Auffassung zu belassen - sie sollten unbedingt die eigentliche Bedeutung der Dinge erkennen. So verhielt es sich bei Ihm auch im Hinblick auf den Sabbat. Hätte Er es also für notwendig und gottgewollt gehalten, auch Frauen zum Priestertum zu berufen, hätte Ihn sicherlich nichts von der Verwirklichung dieses Vorhabens abgehalten, am wenigsten eine allzu menschliche Denkweise! 

Zumal es in der damaligen Zeit im Römischen Imperium das Phänomen Frauen als Priesterinnen gegeben hat. Da Palästina zum Römischen Reich gehörte, war es sich sicher auch dort bekannt, daß es in Rom Frauen als Priesterinnen der heidnischen Göttin Vesta gab. Trotzdem entschied Er sich anders.

Nun ist als Einwand zu hören, im apostolischen Zeitalter habe es ja die Einrichtung der Witwen und weiblichen Diakonissen gegeben, als solche hätten sie folgerichtig auch Anteil am Priestertum besessen. 

Der Dogmatiker Gummersbach schreibt dazu: “Nach den Quellen bestand die Aufgabe der Diakonissen in der Bewachung der Frauentüren im Gotteshaus, der privaten Glaubensunterweisung der Frauen, der Fürsorge und praktischen Liebestätigkeit für die Witwen, der Begleitung der Frauen beim Besuch eines Bischofs oder Diakons, besonders aber in der Bedienung des weiblichen Geschlechts während der (Immersions-) Taufe (durch Untertauchen - Anm. des Autors). Daß hier nur untergeordnete Dienstleistungen, keine klerikalen Amtshandlungen vorliegen, betont eigens eine Stelle in den pseudo-apostolischen Konstitutionen (Constit. Apost. VIII, 28, 6; Funk I, 530 R 1236): ´Die Diakonissin segnet (eulogei) nicht, noch verrichtet sie etwas von dem, was die Presbyter und Diakone tun, ausgenommen, daß sie die Türen bewacht und den Presbytern beisteht, wenn Frauen getauft werden, und zwar wegen des Anstandes´” (Pohle, Gummersbach, Lehrbuch der Dogmatik. III. Band, Paderborn 1960, S.581f.). 

Dasselbe “gilt auch von der kirchlichen Einsegnung einer Äbtissin, welche durch ihre Benediktion weder in den Klerus aufgenommen, noch zur Wahrnehmung einer kirchlichen Jurisdiktion über ihre Nonnen befähigt wird” (ebd. S. 582). Paulus erwähnt in seinen Briefen die Witwen und Diakonissinnen (vgl. Röm 16,1; 1 Tim 5,9ff.). Dennoch spricht er, wenn er von Priestern redet, nur von Männern. Er weiht auch nur Männer zu Priestern (vgl. 1 Tim 4,14; 2 Tim 1,6). Von den Frauen heißt es bei ihm: “Die Frau soll in Stille und aller Unterwürfigkeit Belehrung suchen. Ich gestatte der Frau nicht, das Lehramt auszuüben” (1 Tim 2,11f.). “Die Frauen sollen in der Versammlung (Gottesdienst) schweigen. Es steht ihnen nicht an, das Wort zu ergreifen” (1 Kor 14,34). 

 

Theologischer Hintergrund

Was ist aber der eigentliche dogmatische Grund, weshalb die christliche Religion das Priesteramt nur den Männern vorbehält? In 1 Kor 12 vergleicht Paulus die Kirche mit einem Leib, der zwar eins ist, “aber dennoch verschiedene Glieder hat”. Diese einzelnen Glieder bilden (erst) diesen einen Leib zu einer Einheit: “Ihr seid der Leib Christi und, als Teile betrachtet, seine Glieder”. Da jedes einzelne Glied eine ganz bestimmte Aufgabe innerhalb des Ganzen zu erfüllen hat, dürfe keines davon gegen ein anderes ausgespielt werden, kein Glied dürfe sich persönlich als wertvoller erachten und ein anderes verachten. Die einen sind halt zu Aposteln, die anderen zu Lehrern oder für Hilfeleistungen und Verwaltungsaufgaben usw. bestimmt worden. Zwar gibt es “verschiedene Gnadengaben”, “Ämter” und “Wunderwirkungen”, aber dennoch nur einen Herr und Gott, “Der alles in allen wirkt. Jedem wird die Offenbarung des Geistes verliehen, damit er Nutzen stifte”. 

Die Grundlage des Ganzen bildet die Berufung durch Gott: “Gott hat jedem einzelnen Glied seine Aufgabe am Leibe gegeben, wie es Seinem Willen entsprach”! Also ist der Mensch als Privatperson vor Gott nicht besser oder schlechter, weil er diese oder jene Aufgabe in der Kirche übertragen bekommen hat. Jeder dürfe seine Aufgabe als göttliche Berufung betrachten, ob sie nun in den Augen der Menschen angesehen ist oder nicht, jede Aufgabe hat ihre nicht geringe Bedeutung. Und da es ein Rufen Gottes ist, entscheidet Er allein, wer zu welcher Aufgabe berufen wird! Insbesondere muß der Priester zu seinem Amt berufen worden sein! Der Priesterdienst ist nicht wie ein weltlicher Beruf, den man im Bedarfsfall auch wechselt. Er ist eben keine Tätigkeit, die vorrangig als Erwerbsquelle anzusehen ist. Es muß beim Priesteramtskandidaten unbedingt eine Berufung vorliegen, er muß den Ruf Gottes verspüren, Ihm als Priester zu dienen: “Niemand darf die Würde an sich reißen, sondern er muß wie Aaron von Gott berufen werden” (Hebr 5,4). So sind ja auch sämtliche Apostel von Christus berufen und zu ihrem Apostelamt auserwählt worden. Somit ist das Priestertum eine Gnade, für jeden einzelnen (berufenen) Priester. Es ist völlig unverdient und gänzlich der Güte und Barmherzigkeit Gottes zu verdanken. Niemand, auch der hl. Petrus nicht, kann je einen berechtigten Anspruch darauf erheben, zum Priester bzw. Apostel berufen zu werden. 

Wie auch sonst im Leben können in der Kirche ebenfalls viele Gaben grundsätzlich jedem Kirchenglied verliehen werden. Der eine erhält z.B. eine schöne Stimme, um Gott durch den liturgischen Gesang zu verherrlichen, der andere etwa das Talent der handwerklicher Tüchtigkeit, um prächtige Meßgewänder herzustellen. Beides ist aber prinzipiell nicht an eine bestimmte Person oder Personengruppe gebunden. 

Daneben gibt es aber auch Gnaden, die nach dem Willen Gottes grundsätzlich nicht jedem Kirchenglied verliehen werden können! So ist es z.B. ausschließlich dem weiblichen Geschlecht vorbehalten, Kindern das Leben zu schenken. Und diese Befähigung, neues Leben zu schenken, stellt nicht etwa ein Zufallsprodukt der Evolution dar, nein, sie entspricht dem Willen des Schöpfers. Somit erkennt eine christliche Ehefrau hinter ihrer Fähigkeit, Kinder zu gebären, eben die Berufung Gottes, die an sie bei der Trauung ergangen ist. 

Ein Mann dagegen kann diese wunderbare Aufgabe niemals erfüllen. Aus der Feststellung der Tatsache, daß man als ein Mann auf diese Welt gekommen ist, soll ein männlicher Christ die Erkenntnis ableiten, daß er von Gott eben nicht berufen worden ist, ja nach dem Willen des Schöpfers nie berufen werden kann, Babies zu bekommen und zu stillen. Wollte er sich dagegen auflehnen, müßte er sich schon beim Herrgott beklagen, was ein echter Christ natürlich niemals tun würde. 

Nun gehört aber auch das Priestertum zu jenen Gnaden, die nicht jedem geschenkt werden können! Jesus Christus hat sich - wie das historische Zeugnis belegt - bei der Auswahl Seiner Apostel an der Schöpfungsordnung orientiert, wonach es in der Beziehung der Geschlechter zueinander für den Mann bestimmt ist, zu geben, und für die Frau, zu nehmen. Beides, zu geben und zu nehmen (bitte nicht rein sexuell verstehen!), ist gottgewollt. Trotzdem wird die eine Gabe dem einen geschenkt, die andere dem anderen. Daher muß es (ebenfalls) als der Wille Gottes angesehen werden, daß das Priestertum von Christus an das männliche Geschlecht gebunden worden ist, daß die Berufung zum Priestertum ausschließlich an das männliche Geschlecht ergehen kann! Wie das weibliche Geschlecht berufen wird, natürliches Leben zu schenken, so das männliche, übernatürliches zu zeugen! 

Daraus wird erkennbar, daß man in der aktuellen Diskussion zum Thema Frauenpriestertum von ganz falscher Seite an die Problematik herangeht, indem man versucht, die Geschlechter gegeneinander auszuspielen. Es geht beim Weihepriestertum nicht darum, Macht, Einfluß und Ansehen zu gewinnen. Sollte das den Zweck des Priesterdienstes ausmachen, müßte fast notwendig die Forderung nach der Zulassung der Frauen zum Priestertum erhoben werden. 

Nein, einem Priester muß es darum gehen, durch sein heiliges Amt, das er zunächst dem Ruf Christi zu verdanken hat, Gott und den Gläubigen zu dienen. Ereifert er sich darin, kommt das Interesse an persönlicher Ehre und dem Einfluß in der Kirche erst nicht auf. Besitzen auch die Laien diese Sicht des sakramentalen Priestertums, werden auch sie vom Machtdenken befreit. Der Fehler der Befürworter des Frauenpriestertums besteht ja gerade darin, daß sie von falschen Voraussetzungen ausgehen. Somit gehen ihre Argumente an der eigentlichen Sache vorbei und werden der Fragestellung nicht gerecht. Erkennt man dagegen, daß das Priestertum die Berufung durch Gott und Seine Gnade zur Voraussetzung hat, muß es (auch) in theologisch-dogmatischer Hinsicht als grundsätzlich unmöglich (weil dem Willen Gottes widersprechend) angesehen werden, Frauen Anteil am speziellen Weihepriestertum zu gewähren! 

Wird die heutige Amtskirche das Frauenpriestertum einführen? Johannes Paul II. lehnt es bislang ab. Bislang (!), weil die Amtskirche in der jüngeren Vergangenheit wiederholt Grundsätze aufgab, an denen sie bis dahin offiziell festhielt. Hieß es z.B. noch beim Vatikanum II., die Römische Messe müsse in ihrem Kern erhalten bleiben, wurde bereits wenige Jahre danach ein völlig neue “Messe” eingeführt und verpflichtend gemacht. Sprach sich derselbe Joh. Paul II. zunächst noch gegen Mädchen als Meßdienerinnen aus, gab er später dem Diktat der Menge nach und stellte somit jene Pfarrer bloß, die sich bis dahin auf ihn berufend geweigert haben, in ihrem Bereich Ministrantinnen zuzulassen. 

Hält sich also die moderne Amtskirche an das von ihr inzwischen gut eingeübte Szenario, muß wohl damit gerechnet werden, daß sie früher oder später das Prinzip des Frauenpriestertums einführt. Zumal die momentan noch aktuelle Praxis nach der Meinung vieler aus der eigenen Priesterschaft und dem Episkopat lediglich einer Anordnung rein kirchenrechtlicher Natur zu verdanken ist. Und das Kirchenrecht könne man ja im Prinzip leicht ändern, was andere “Kirchen” (Lutheraner, Anglikaner), die den Boden der kirchlichen Tradition verließen, schon vorgemacht haben. Hat man ja außerdem durch die Zulassung der Mädchen zum Altardienst diesen für das weibliche Geschlecht bereits geöffnet, was wohl als erster Schritt auf dem Weg zur Einführung des Prinzips des Frauendiakonats und -priestertums anzusehen ist! 

 

P. Eugen Rissling



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