Zum Herrn hin! - Zur Stellung des Priesters am Altar


Neben der Tatsache, daß die moderne “Eucharistiefeier” in der überwiegenden Anzahl der Fälle in der jeweiligen Volkssprache begangen wird (so daß man berechtigt von einer allgemeinen Erscheinung sprechen darf), hat sich im Volk auch die Stellung des Zelebranten der sogenannten “neuen Messe” versus populum - zum Volk hin als ein Merkmal dafür eingebürgert, daß nun dieser “Novus Ordo Missae”, und nicht die Römische Liturgie, gefeiert wird. Während der Priester früher vor dem Altar stehend opferte, steht dagegen der Zelebrant der “neuen Messe” ständig dem versammelten Volk zugewendet. 

Eine gewisse Diskrepanz zwischen der früheren und jetzigen amtskatholischen Praxis ist nicht zu verleugnen, die Unterschiede stechen deutlich in die Augen. In welche Richtung soll sich nun der Priester am Altar wenden, welche Stellung ist angebracht? Oder spielt es dogmatisch betrachtet keine Rolle, wohin nun der Zelebrant blickt? 

 

Zeugnis der Geschichte

Die Verfechter der modernen Liturgiereform vertreten die Auffassung, die Zelebration versus populum würde der biblischen und urkirchlichen Praxis entsprechen, ursprünglich sei der Priester dem Volk zugewendet gestanden. Werfen wir also zunächst einen Blick auf die Geschichte. Bei der Einsetzung der Heiligen Messe hielt sich Jesus Christus im Abendmahlssaal genau an die Tischsitten seiner Zeit, zumal Seine neue gottesdienstliche Feier in Verbindung mit der Schlachtung und dem Verzehr des alttestamentarischen Paschlammes stand. Demnach saßen die Versammelten hinter einem Tisch, der eine Sigma-, d.h. eine Halbkreisform besaß. Die Sitzordnung war die, daß der Gastgeber am rechten Ende des Tisches saß, die Gäste neben ihm, und zwar nur auf der einen, nach außen weisenden Seite des Tisches. 

Frühchristliche Abbildungen des Letzten Abendmahles belegen durch ihr Zeugnis, daß auch Jesus mit der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht vor den Aposteln platziert war, sondern am rechten Kopfende des Tisches. Dabei war auch Sein Blick nicht auf die Apostel gerichtet. Diese befanden sich seitwärts von Christus. Michelangelos Abendmahldarstellung (16.Jh.) gibt nicht getreu die historische Sitzordnung bei der Feier der ersten Heiligen Messe wider. Die Christen erster Generationen besaßen das lebendige Interesse, im Gottesdienst alles möglichst genau nach den Vorgaben ihres göttlichen Meisters zu gestalten. Während man bei der Agape, dem frühchristlichen Liebesmahl, das in Verbindung mit der Messe gefeiert wurde, saß, “stand man bei der Feier der Eucharistie von den Plätzen auf und begab sich hinter den am Altar stehenden Zelebranten, wie die Didascalia Apostolorum, eine Kirchenordnung aus dem 2./3.Jahrhundert, im einzelnen vorschreibt und dabei die strikte Ausrichtung nach Osten hin verlangt (II 57,2-58,6 ed. Funk)”60. Man blickte unbedingt in Richtung Osten, weil die aufgehende Sonne (die Liturgie wurde morgens gefeiert) allgemein als ein eindruckvolles Symbol für Gott und Christus, die wahre geistige Sonne, angesehen wurde” (vgl. Joh 8,12: “Ich bin das Licht der Welt”). Stichhaltige historische Zeugnisse, die gegen diese Ordnung sprechen würde, können nicht vorgebracht werden. 

Solange die Christen nicht die Mehrheit der Bevölkerung ausmachten und die Zeit der Christenverfolgung andauerte (Notzeit der Kirche), konnten bzw. mußten sie sich mit relativ kleinen Hauskirchen als dem liturgischen Versammlungsort begnügen. Nicht selten war man gezwungen, sich heimlich auch in den Katakomben (auf Friedhöfen) zu versammeln. Erst als mit dem Toleranzedikt Kaiser Konstantins eine größere Menschenzahl in die Kirche strömte, kam es zur Errichtung von großflächigen Kirchengebäuden. Aber auch da stellten sich die Gläubigen nicht vor dem Priester auf, sondern seitwärts von ihm: “In der nächsten Entwicklungsstufe fallen nach dem Aufhören der Liebesmahle (etwa ab dem 4.Jahrhundert) die Tische weg. Die Gläubigen saßen nun auf Bänken, die an den Wänden des Kirchenraumes angebracht waren. Der einst hölzerne Altartisch wurde zum Steinaltar” (Gamber, ebd. S.28). Die Stehordnung war diese: die Gottesdienstteilnehmer bildeten mit dem Zelebranten einen Halbkreis, alle waren zum Osten hin ausgerichtet. Dabei standen die Gläubigen nun zu beiden Seiten des Zelebranten, entlang der Wand, etwas schräg zum Priester. 

Da sowohl der Zelebrant als auch das Volk in dieselbe Ostrichtung blickten, rückte bald der Altar in den vorderen Kirchenraum. Die Frage, wie nun der Priester in Bezug auf das Volk zu postieren sei, ob er ihm nun das Gesicht oder den Rücken zuwenden müsse, blieb völlig belanglos. Es war selbstverständlich, daß beim Gebet und liturgischen Opfer alle auf den Herrn zu schauen haben! Klaus Gamber zitiert den hl. Augustinus: “Wenn wir zum Gebet aufstehen, wenden wir uns nach Osten, von wo sich der Himmel erhebt. Nicht als ob Gott (nur) dort wäre oder Er die anderen Weltgegenden verlassen hätte..., sondern damit der Geist ermahnt werde, sich zu einer höheren Natur hinzuwenden, nämlich zu Gott (PL 34, 1277)” und kommt zur Schlußfolgerung: “Sich zum Herrn wenden und nach Osten schauen war demnach für die frühe Kirche eins” (S.38). 

Durch diese Verschiebung des Altars nach vorne entstand der sakrale Altarraum, wodurch die Erhabenheit der christlichen Opferfeier zusätzlich hervorgehoben wurde (vgl. “Beiträge” Nr.10, S.18f.). Im kirchlichen Osten entwickelte sich die Bilderwand, die Ikonostase, zur Trennwand zwischen dem Altar- und dem übrigen Kirchenraum (nach dem Vorbild des alttestamentarischen Tempels). Im Westen übernahm mancherorts eine (durchsichtige) Gitterwand diese Funktion, die wohl als die Vorläuferin der Kommunionbank anzusehen ist. Jedenfalls wird auch hier überall der Altarraum zum sakralen Bereich, zu dem nur Berufene Zugang haben. Bei der Errichtung von Kirchengebäuden verfolgte man streng das Ziel, die Kirche mit dem Altar nach Osten hin zu bauen. Wo dies bautechnisch (!) nicht möglich war, wurde der Altar in der nun nach Westen ausgerichteten Kirche ebenfalls im vorderen Teil derselben errichtet. Um trotzdem nach Osten blicken zu können, mußte sich der Zelebrant nun hinter den Altar stellen. Dennoch standen sich auch in diesen Kirchen der Priester und die Gläubigen nicht gegenüber, denn das Volk drehte sich ebenfalls (schräg zum Priester) nach Osten! Die heutige Amtskirche kann sich mit ihrer Zelebration versus populum eben nicht auf die Stehpraxis der gewesteten Kirchen berufen. 

So wurde z.B. auch die Peterskirche in Rom gebaut. Da man den Hochaltar unbedingt auf dem Grab des hl. Apostelfürsten errichten wollte, mußte man sie westen. Der Vatikanhügel erlaubte es nämlich nicht, die Basilika zu osten. Es sieht daher zunächst so aus, als hätten dort die Päpste versus populum zelebriert. 

In der Zeit vor Paul VI., der einen Umbau des Papstaltares vorgenommen hat, standen allerdings auf diesem Altar, wie Fotos belegen, große Leuchter und ein hohes Altarkreuz, das mit dem Corpus zum Zelebranten blickte und nicht zum Volk. Der Papst wurde daher vom Volk kaum gesehen. Also bestand auch in diesem Fall nicht die Absicht, versus populum zu zelebrieren. Es ging auch hier für den Papst letztendlich darum, sich nach Osten, zum Herrn hin zu wenden! Offensichtlich ist das Altarkreuz auf dem Papstaltar zu einer Zeit aufgestellt worden, in der beim Volk das Bewußtsein für die Zelebrationsrichtung nach Osten allmählig verblaßte und es begann, sich zum Altar, d.h. nach Westen hin zu drehen. Mit dem Aufstellen eines (großen!) Kreuzes auf dem Papstaltar sollte einer primär beabsichtigten Zelebration versus populum vorgebeugt werden. Wiederum blieb es den modernen “Neuerern” vorbehalten, mit der kirchlichen Tradition zu brechen! 

In einigen wenigen altkirchlichen Basiliken aus der Zeit Konstantins wurde bewußt das Eingangstor der Kirche im Osten und der Altar im westlichen Teil gebaut. Damit wollte man in Anspielung auf Ez 8,16 erreichen, daß das Licht der aufgehenden Sonne durch deren geöffneten Türen in die Kirche hineinschien. Die Blickrichtung aller Gottesdienstteilnehmer blieb aber auch hier der Osten. Wie die alten Basiliken des 5.-6.Jahrhunderts belegen, wurden zu dieser Zeit auf den Altarraumgewölben (Apsis) Mosaiken angebracht, die entweder allein Christus oder/und Ihn inmitten der Heiligen und Engeln zeigen. Dadurch wurde die Zelebrationsrichtung zum Herrn hin anschaulicher gemacht. So muß die Ikonostase einer im byzantinischen Ritus erbauten Kirche auch heute noch in ihrer Mitte unbedingt ein Bildnis Christi enthalten. 

Ursprünglich stand der Altar nicht unmittelbar an der vorderen Altarwand, so daß man ihn z.B. bei der Beweihräucherung umkreisen konnte. (Spricht ja der Römische Ritus noch heute im Lavabo von der Umschreitung des Altares.) In der Abendländischen Kirche kam es mit der Zeit zur Errichtung von Hochaltären, wie wir sie alle kennen. Das Hochaltarbild enthält zwar nicht immer, aber dennoch häufig ein Geheimnis aus dem Leben Jesu. Jedenfalls befindet sich das Altarkreuz, das laut kirchlicher Vorschrift auf dem Tabernakel stehen muß, unmittelbar in seinem Blickwinkelbereich! 

 “In Kathedral- und Klosterkirchen befand sich seit der Spätromantik regelmäßig ein Volksaltar am Lettner. Dieser stellte eine Art Chorschranken dar, nur etwas höher als die in den frühchristlichen Kirchen, mit zwei Eingängen zum Chor der Kanoniker bzw. der Mönche, der dadurch vom übrigen Kirchenraum abgegrenzt war. Wegen der Kreuzdarstellung, die über diesem Altar ... angebracht war, wurde er allgemein ´Kreuzaltar´ genannt. An diesem wurden ... die Gottesdienste für das ´Volk´ gefeiert, wie überhaupt alle Gottesdienste, die einen größeren Kreis angingen... Am Hochaltar innerhalb des Chores fanden nur die (feierlichen) Konventmessen statt” (Gamber, ebd. S.31f.). Von einer Zelebration zum Volk hin läßt sich aber auch an diesem “Kreuzaltar” nicht die geringste Spur finden! 

Somit entpuppt sich das Argument der heutigen “Neuerer”, die Zelebration versus populum würde der urkirchlichen liturgischen Praxis entsprechen, als eine leere und völlig unbegründete Behauptung. Sämtliche apostolische Liturgien kennen ausschließlich die Zelebration versus Dominum, das historische Zeugnis der kirchlichen Tradition widerlegt eindeutig die gegenteilige Behauptung der neuzeitlichen “Reformatoren”! 

 

Dogmatische Bedeutung

Wenden wir uns nun der Frage nach den dogmatischen Hintergründen für die jeweilige Zelebrationsrichtung zu. Schon aufgrund allgemeiner Überlegungen muß der Opfernde vor dem Altar stehen, da er ja das Opfer darbringt, nicht empfängt. Zwar handelt der neutestamentarische Priester in persona Christi, aber dieses Handeln besteht ja gerade in der Darbringung des Opfers Christi. Christus opfert sich, Er empfängt nicht zugleich Sein eigenes Opfer - Sein himmlischer Vater ist der Empfänger dieses Opfers des Gottessohnes. 

In der Apokalypse des hl. Johannes heißt es: “Dann kam ein anderer Engel und trat mit einem goldenen Rauchfaß vor den Altar. Ihm wurde viel Räucherwerk gegeben, damit er es mit den Gebeten aller Heiligen auf den goldenen Altar vor dem Throne Gottes lege” (Offb 8,3). Der irdische Tempel zu Jerusalem war ein Abbild des himmlischen Heiligtums. Indem nun der Engel nach der Art eines Opferpriesters an den Altar herantrat, gelangte das Opfer vor den Thron Gottes im Himmel. Bezeichnenderweise “trat” aber der Engel ”vor den Altar”. Wenn der Altar den Thron Gottes versinnbildet, dann muß der Opferpriester folgerichtig vor demselben stehen. 

Das Opfer wird Gott dem Vater dargebracht (bzw. - als Opfer der Kirche - dem Dreifaltigen Gott). Der Vater aber “wohnt im unzugänglichen Licht. Ihn hat kein Mensch gesehen, noch vermag er Ihn zu sehen” (1 Tim 6,16). Nun ist aber Jesus “der Abglanz Seiner Herrlichkeit und das Abbild Seines Wesens” (Hebr 1,3), “Wer Mich sieht, der sieht Den, Der Mich gesandt hat” (Joh 12,45), “Ich und der Vater sind eins” (Joh 10,30). Deshalb kann nur das Kreuz bzw. eine andere Christusdarstellung die einzige Richtung sein, in welche sich der Opfernde zu wenden hat!  Nicht zu vergessen ist, daß der Priester als ein mit Sünden behafteter Mensch das versöhnungschaffende Opfer auch für seine eigenen Sünden darbringen muß (vgl. Hebr 5,1). Dies unterstreicht die Notwendigkeit seiner Stellung vor und nicht hinter dem Altar. Die moderne Praxis läßt diesen wichtigen Umstand völlig außer Acht. 

Der Priester ist auch ein Vertreter der Gemeinde. Dem Altar, d.h. Gott zugewandt, spricht er wie Moses am Berg Sinai anstelle der Gemeinde mit Gott, legt er Fürbitte für das Volk ein. Die Gemeinde richtet ihr liturgisches Gebet, Opfer und Verehrung an Gott, und zwar durch den Priester. Er ist es, der den Charakter des Weihepriestertums besitzt, der sich dem Altar “nahen darf” (vgl. Ex 19,22), er ist der Vermittler des Volkes. 

Somit wird durch die Stellung des Zelebranten hinter dem “Tisch” sowohl unterdrückt, daß der Priester ebenfalls dringend des Gebetes und Opfers bedarf, als auch seine Mittlerstellung vor dem Volk “verschwiegen”. Statt dessen wird er auf eine unerträgliche Weise mit Gott, dem Empfänger jeglichen Opfers identifiziert - geradezu eine (einseitige) Vergöttlichung des Zelebranten! Verläßt man die gesunde kirchliche Lehre, wird man eben zunehmend in gewaltige Widersprüche verwickelt! Außerdem erinnert diese moderne “Eucharistiefeier” zu sehr an ein theatralisches Schauspiel: der Priester steht auf einer Bühne und spielt ein frommes Stück vor, auch wenn er nicht unähnlich Oberammergau vielleicht sogar die Rolle Jesu Christi spielen wollte. Die Kirchenbesucher sind Zuschauer, die sich sitzend - welch eine (gewollte) Übereinstimmung! - des frommen Anblicks erfreuen. 

Daran wird überdeutlich klar, wie sehr diese Ordnung in das Konzept der “Neuerer” paßt. Soll ja der “Novus Ordo” bloß mental an das Geschehen im Abendmahlssaal und an die Liebe Christi am Kreuz erinnern, will er ja lediglich die schauspielerische Wiedergabe des Abendmahls darstellen (so spricht dieser “Ritus” bezeichnenderweise nicht mehr von der Wandlung, sondern vom “Einsetzungsbericht”). Die Wendung des Zelebranten am Altar um 180° erfolgte somit offenkundig nicht ohne einen theologischen Hintergrund - man wollte die Messe dem Volk als ein Mahlgeschehen präsentieren! “Der Gedanke eines Gegenüber von Priester und Gemeinde bei der Messe geht ... auf Martin Luther zurück, der in seinem Büchlein ´Deutsche Messe und Ordnung des Gottesdienstes´ vom Jahre 1526 zu Beginn des Kapitels ´Des Sonntags für die Laien´ schreibt: ´...in der rechten Messe unter eitel Christen müßte der Altar nicht so bleiben und der Priester sich immer zum Volk kehren, wie ohne Zweifel Christus beim Abendmahl getan hat´” (Gamber, ebd. S.24) - diese erschreckende Ignoranz des “Reformators” spricht nicht unbedingt zu seinen Gunsten! 

Während diese Art der Zelebration den Gläubigen zur geistigen Passivität verleitet - man hat ja schon alles vor den Augen wie auf einem Präsentierteller -, entfällt bei der Zelebration versus altare dieses theatralische Moment. Da dem Kirchenbesucher nichts (mehr) vorgespielt wird, fühlt er sich eher angeregt, eigene geistige Aktivitäten zu entwickeln, eher angesprochen, sich dem Tun des Priesters anzuschließen, die heilige Handlung, die der Priester vollzieht, mitzufeiern. Somit ist die Bemühung, dem Menschen einen besseren Überblick über das äußere Geschehen im Altarbereich zu gewähren (worauf sich “Neuerer” berufen), auch in psychologischer Hinsicht keinesfalls geeignet, eine fruchtbringendere Teilnahme am liturgischen Leben der Kirche zu erzielen. Nicht nur das, eher das Gegenteil wird erreicht! 

Die Einmaligkeit und Eigenständigkeit der jeweiligen Person läßt sich am besten am menschlichen Gesicht erkennen. Das Gesicht mit seiner Mimik widerspiegelt am stärksten die Eigenheiten und die Charakterzüge der jeweiligen Person, es “macht” den Menschen nach außen hin zur je verschiedenen Person. Somit tritt bei der Zelebration versus altare die Privatperson des jeweiligen Zelebranten in den Hintergrund, er wird in seiner Eigenschaft als Priester, als Opferdarbringer gesehen! Dagegen wird bei der Zelebration versus populum eben die Privatperson des jeweiligen Priesters in den Vordergrund geschoben. Der Priester tritt als Person X oder als Person Y in Erscheinung. Klaus Gamber (ebd. S.53) zitiert Rey, K.G., Pubertätserscheinungen in der katholischen Kirche: “Während der Priester bis anhin, als ein anonymer Mittler, als Vorderster der Gemeinde, Gott zugewandt und nicht dem Volk, stellvertretend für alle und mit ihnen zusammen das Opfer darbrachte ..., tritt er uns heute als Mensch mit seinen persönlichen Eigenarten, seinem persönlichen Lebensstil und mit zugewandtem Angesicht entgegen. Das bedeutet für viele eine Versuchung zur Prostituierung ihrer Person, der sie nicht gewachsen sind. ... Ihre Gestik, ihre Mimik und ihre Gebärden, ihr ganzes Benehmen werden zum suggestiven Blickfang für ihre eigene Person”. 

Laut Gamber (ebd. S.55) macht Lorenzer,A., Das Konzil der Buchhalter, noch auf einen anderen Umstand aufmerksam: “Nicht nur wird jeder Schnaufer und jedes Beigeräusch vom Mikrophon veröffentlicht. Das Schaubild rückt das Geschehen den Arrangements von Fernsehköchen näher als den liturgischen Formen der reformierten Kirche. ... Man sieht, wie ein Mann, umständlich die sperrige Hostie bricht, wie er sie in den Mund schiebt. Man wird Zeuge der nicht immer schönen privaten Kaugewohnheiten, der Eigentümlichkeiten, das trockene Brot herunterzuspülen, der Technik, den Kelch sauber zu schwenken und der mehr oder weniger geschickten ... Art ihn abzutrocknen”. 

Somit kann es bei der Feier der Heiligen Messe nur eine Zelebrationsrichtung geben, die sowohl die Gemeinde als auch der zelebrierende Priester einzunehmen haben: nach Osten, jedenfalls versus Dominum - zum Herrn hin! Die Zelebration versus populum ist sowohl im Hinblick auf die Geschichte als auch unter Berücksichtigung ihrer dogmatischen Aussagekraft - sie fördert die einseitige Auffassung, bei der Messe handele es sich lediglich um ein Mahlgeschehen - unbedingt abzulehnen! 

 

P. Eugen Rissling



1 Gamber, K., Zum Herrn hin! Fragen um Kirchenbau und Gebet nach Osten. Pustet 1987. S.27f.

 

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