150 Jahre seit der Erscheinung Mariens in LA SALETTE (Frankreich) 
 


Eine Botschaft Mariens auch für unsere Zeit?

Zu den Erscheinungen Mariens, die einer ernsthaften kirchlichen Prüfung unterzogen worden sind und als echt bestätigt werden konnten, gehört auch diejenige von La Salette, die sich vor 150 Jahren in den französischen Alpen zugetragen hat. 

Am 19. September 1846 erlebten zwei arme, ungebildete Hirtenkinder in den Bergen über der Stadt Corps eine wunderbare, übernatürliche Erscheinung einer weinenden Frau, die über die Sünden der Menscheit Tränen vergoß und den Mangel an Gebet, Buße, Heiligung des Sonntags und Ehrfurcht vor Gottes Namen beklagte. Von der Kirche wurde diese Erscheinung der Gottesmutter nach gründlicher Prüfung recht bald als echt anerkannt. Jedoch hatten die Seher zeit ihres Lebens mit Mißtrauen und Unverständnis - auch von kirchlichen Würdenträgern - zu kämpfen.

Wer den Bericht über die Erscheinung, den die Seherin Melanie Calvat im Jahre 1878 niedergeschrieben hat, durchliest, dem werden beim ersten Mal sicher manche Fragen zurückbleiben, die besonders denjenigen Teil der Niederschrift betreffen, wo Maria sich über die Zukunft der Kirche und der Welt äußert. Wer ihre Worte ernsthaft erwägt, wird erkennen, daß es hier nicht darum geht, in vorwitziger Weise mögliche Ereignisse in der Zukunft auszubreiten, sondern vielmehr darum, unser Herz für die Liebe Gottes zu bereiten. Vieles an Prophezeiungen - auch in La Salette - erfüllt seinen Zweck erst zu der von Gott bestimmten Zeit und kann auch erst zu dem von Gott bestimmten Zeitpunkt richtig erfaßt und verstanden werden, vorher scheint es eher dunkel und unfaßbar. Gewöhnlich und ohne eine besondere Gnade Gottes erfahren wir von der Zukunft nur das zu unserem Heile Notwendige.

Jedoch stellen die Tränen und die Worte Mariens schon seit 150 Jahren eine unmißverständliche Botschaft dar, die wir bedenken und auch verstehen sollten, sofern wir nicht in vorlauter Gesinnung das Walten des Heiligen Geistes in unseren Seelen verhindern. Die Stimme Gottes, die durch den Mund Mariens zu uns spricht, sollte uns bereit machen, demütig hinzuhören und die Tränen der Mutter Gottes über unsere Sünden wirklich ernst zu nehmen.

Maria spricht in La Salette von Heimsuchungen, welche drohen, wenn man nicht umkehrt. Verschiedene dieser Heimsuchungen sind in den Jahren nach der Erscheinung wirklich eingetroffen. Also eine Botschaft für die damalige Zeit und für die Menschen aus der Umgebung der Seherkinder?

“Meine Kinder, ihr werdet dies meinem ganzen Volk mitteilen!” (Gouin, Paul: Melanie, die Hirtin von La Salette, Stein am Rhein 1982, S. 80), mahnt die Gottesmutter die beiden Hirtenkinder. Wer ist ihr ganzes Volk? Versteht sie darunter nicht die ganze Kirche?

Sie vertraute Melanie ein Geheimnis an, welches diese ab dem Jahre 1858 preisgeben sollte, also dem Jahr der Erscheinungen Mariens in Lourdes. Sie ermahnt darin vor allem die Priester und kirchlichen Würdenträger, gemäß der Größe und Heiligkeit ihrer Berufung zu leben und sagt ein Anwachsen des Bösen und einen großen Abfall auch in der Kirche voraus, der mit der Zeit des Antichrist den Höhepunkt erreichen soll und auch große Erschütterungen und Veränderungen im Lauf der Jahreszeiten und der Gestirne nach sich ziehen soll. “Rom wird den Glauben verlieren und Sitz des Antichrist werden”, sagt Maria (ebd., S. 78). “Die Kirche wird verdunkelt, die Welt wird in Bestürzung sein. Aber Henoch und Elias, erfüllt vom Heiligen Geist Gottes, werden zur Stelle sein; die Kraft Gottes wird aus ihnen sprechen, und die Menschen guten Willens werden an Gott glauben, viele Seelen werden getröstet werden; kraft des Heiligen Geistes werden sie große Fortschritte machen und die teuflischen Irrtümer des Antichrist verurteilen” (ebd., S.79).

Müssen uns diese Worte nicht besonders heute zu denken geben? Wie wir uns die Ereignisse im einzelnen vorzustellen haben, dürfen wir getrost der Vorsehung Gottes überlassen. Jedoch erkennen wir, daß der Kirche vor 150 Jahren schwere Kämpfe vorausgesagt wurden, die ohne eine besondere Gnade Gottes nicht bestanden werden können. Die Kirche soll sogar selbst verdunkelt werden. Wie und wo kann sich da der einzelne Gläubige noch orientieren?

Gott läßt selbst in der Zeit des größten Unheils Seine Getreuen nicht allein. Das ist die zweite bemerkenswerte Botschaft! Das Wirken des Heiligen Geistes hört niemals auf und die Menschen guten Willens dürfen selbst in den dunkelsten Stunden noch Boten der Liebe Gottes begegnen, ja sie dürfen selber solche Boten sein! Es wird davon gesprochen, daß im Jahre 1864 Luzifer mit einer großen Zahl von Dämonen aus der Hölle losgelassen werde. Meinte Maria damit vielleicht die Begründung der sozialistischen Internationale, welche sich damals vollzog?

Viel wichtiger als politische Ereignisse erscheint die Katastrophe des Glaubensabfalls in der Kirche, auf die ausdrücklich hingewiesen und die auch näher umschrieben wird: 

“Die Dämonen werden den Glauben Stück für Stück untergraben, und das sogar bei gottgeweihten Personen, die sie auf eine Weise blind machen, daß sie den Geist dieser bösen Engel annehmen. Falls sie nicht einer besonderen Gnade teilhaftig werden, werden viele Ordensleute ihren Glauben ganz verlieren und viele Seelen ins Verderben stürzen” (ebd., S.75). Handelt es sich hier nicht um einen Aufruf an uns, für Priester und Ordensleute zu noch mehr zu beten, sich der Menschen anzunehmen, die Gott zu verlieren drohen, und das Licht Gottes auch in unserer Zeit leuchten zu lassen? “Ich richte an die Erde einen dringenden Appell; ich rufe die wahren Jünger des lebendigen Gottes auf, der da herrscht in den Himmeln. Ich rufe die wahren Nachfolger des menschgewordenen Christus auf, des einzigen und wahrhaften Erlösers der Menschheit, ich rufe meine Kinder, meine wahrhaft frommen, die sich mir ergeben haben, damit ich sie zu meinem göttlichen Sohne führe, ich rufe jene, die ich gleichsam auf meinen Armen trage, jene, die in meinem Geist leben; schließlich rufe ich die Apostel der Endzeit, die treuen Jünger Jesu Christi, die in Geringschätzung der Welt und ihrer selbst leben, in Armut und Demut, in der Verachtung und im Stillschweigen, in Gebet und in der Kasteiung, in der Keuschheit und in der Vereinigung mit Gott, im Leiden und unerkannt von der Welt. Es ist die Zeit, daß sie sich zu erkennen geben und Licht auf der Erde verbreiten. Kommt her und erweist euch als meine geliebten Kinder. Ich bin mit euch und in euch, sofern der Glaube euer Licht ist, das euch erleuchtet in diesen Schreckenstagen” (ebd., S. 79).

Die Ankündigung eines endzeitlichen Kampfes zwischen Gut und Böse paßt vielleicht nicht in die Klischees eines im Diesseits verwurzelten Wochenend-Christentums. Es dürfte aber dennoch nützlich sein, manche Mode-Erscheinungen unserer Zeit einmal näher unter die Lupe zu nehmen und sich von verschiedenen antichristlichen Strömungen, die äußerlich vielleicht interessant und angenehm erscheinen, loszusagen, um sich nicht unversehens in den Strudel des Bösen mitreißen zu lassen.
Wie wünscht sich Maria das Aussehen der katholischen Kirche? Sie kündigt an, daß vor dem Kommen des Antichrist die Liebe während kurzer Zeit noch einmal erblühen und die Kirche im Glanze Gottes erscheinen soll: “stark, ...demütig, fromm, arm und eifrig ... im Nachleben der Tugenden Jesu Christi” (ebd., S. 77).

Melanie erhält von Maria auch die Regel für einen neuen religiösen Orden, der diese Ideale gerade in schwerer Zeit verwirklichen sollte. Wenn auch die Seherin sich später enttäuscht über die religiöse Halbheit gezeigt hat, mit der gerade dieses hehre Ziel verfolgt und dieser Wunsch Mariens erfüllt wurde, so bleibt das ursprüngliche Ideal und der Wunsch Mariens doch bis heute auch für uns bestehen.

Verlieren nicht auch wir leicht unsere eigentliche christliche Aufgabe aus den Augen? Gilt nicht auch uns die Mahnung, Apostel Jesu Christi zu sein und diese Sendung über alles zu stellen?

Über die “Apostel der letzten Zeiten” schreibt Melanie: “Diese Jünger betreuten die Kranken, die nicht beichten wollten. Sie betreuten die Armen, die Verwundeten,... kümmerten sich um Gefangene, um Angehörige der Sekten u.a. Ich sah sogar solche, die mit Gottlosen aßen und tranken, und auch mit solchen, die weder von Gott noch von Priestern etwas hören wollten. Und da versuchten diese irdischen Engel, mit allen nur denkbaren Mitteln, mit ihnen zu sprechen, sie zu Gott zurückzuführen und diese armen Seelen zu retten, von der jede den Wert des Blutes Jesu Christi besitzt, der uns so unendlich liebt” (ebd., S.207). “Darüber hinaus machten sie das Versprechen, sich selbst und alle ihre Gebete, Bußübungen, mit einem Wort, alle ihre verdienstvollen Werke der Allerseligsten Jungfrau zu übergeben für die Armen Seelen im Fegefeuer, für die Bekehrung der Sünder” (ebd., S. 208).

Ist es nicht gerade das, was sich jeder von uns höchstpersönlich von Maria sagen lassen könnte, selbst wenn manches an der Botschaft von La Salette für ihn noch schwer verständlich sein sollte? Können und wollen nicht wenigstens wir uns ihr zur Verfügung stellen, damit ihre Botschaft fruchtbar werden und die Liebe zu Gott und zum Nächsten wieder wachsen kann?

Maria wünscht sich treue, aufrechte und opferbereite Apostel, welche ihr ihre Hände und ihren Mund leihen, damit wieder mehr Gutes auf unserer Welt geschehen kann.

Wenn wir uns auf diesen Wunsch Mariens einließen und der Maienmonat uns wieder neu zu solchen Dienern Mariens machte, dann wäre ein erster Schritt und damit das eine Notwendige getan, daß Gott wieder Seinen Segen in reichem Maße über Kirche und Welt ausgießen kann.
 


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