Sakramentalien (3. Teil)

2. Weihwasserweihe (Fortsetzung)

c) Wir alle kennen ja das Sprichwort, welches im Volksmund besonders früher ziemlich verbreitet war, dass nämlich der Teufel nichts so sehr fürchtet wie das Weihwasser! Dies hängt zweifelsohne mit der besonderen so genannten lustrativen Wirkung des Weihwassers zusammen, die Menschen vom Einfluss des Herrschers der dunklen Mächte auf sie abzuhalten und sie davon geistig-seelisch zu reinigen. Und dies steht seinerseits sicherlich mit dem Exorzismus in Verbindung, welcher bei der (vorkonziliaren) Weihwasserweihe vom Priester gesprochen wird.
Wie zuvor über das Salz, welches zur Weihe des Weihwassers zubereitet wird, so spricht nun der Priester auch über das Wasser zunächst den Exorzismus, die Beschwörung des Teufels: “Ich beschwöre dich, Geschöpf des Wassers, im Namen Gottes, ✠ des allmächtigen Vaters, und im Namen Seines Sohnes Jesus ✠ Christus, unseres Herrn, und in der Kraft des Heiligen ✠ Geistes: auf dass du ein Wasser werdest, gereinigt vom Bösen, um alle Macht des Feindes fernzuhalten, und vermögest, den Feind selbst völlig zu bannen samt seinen abtrünnigen Engeln durch die Kraft unseres Herrn Jesus Christus, der da kommen soll, zu richten die Lebenden und die Toten und die Welt im Feuer. (Antwort): Amen”.
Im Namen und in der Kraft des Dreifaltigen Gottes gebietet der Priester dem Wasser, eine solche Kreatur zu werden, welche sowohl selbst übernatürlich rein (“gereinigt vom Bösen”) werde, um den besonderen und für sie bestimmten Segen Gottes zu empfangen (bei der Weihe), als auch, um danach diese Fähigkeit, “alle Macht des Feindes fernzuhalten”, auch beim Schutz der mit ihm besprengten Menschen und Gegenstände einzusetzen. Dies soll dadurch geschehen, dass der ärgste (geistige) Feind des Menschengeschlechtes, welcher ihm trotz seiner aufgesetzten und von uns bisweilen sogar als sympathisch empfundenen äußeren Fassade letztendlich doch nie etwas Gutes wünscht und will, “völlig” gebannt werde bzw. gänzlich aus unserer Nähe und unserem Wirkungskreis verschwinde, um nämlich bei und an uns keinen Schaden mehr anrichten zu können. Ebenfalls sollen seine willfährigen Helfershelfer, die “abtrünnigen Engel”, die ja in der Hierarchie etwas unter dem Luzifer selbst stehen und der verlockenden Versuchung, selbst (wie) Gott zu werden, bedauerlicherweise nachgegeben haben, keinen verderblichen Einfluss mehr auf uns haben.
Ein jeder katholischer Priester, der diese Zeremonien und Gebete mit großer innerer Anteilnahme verfolgt, wird an dieser Stelle wohl richtig erschaudern wegen der gewaltigen Vollmacht, die ihm in bestimmter Hinsicht und in gewissem Umfang auch über den Diabolus, den mächtigen Herrscher der Unterwelt, gegeben wurde! Aber er weiß auch, dass er, obwohl selbst schwach und ein Sünder und somit ebenfalls auf die Gnade Gottes angewiesen, dazu bei seiner hl. Weihe befähigt wurde - letzten Endes ausschließlich in der “Kraft unseres Herrn Jesus Christus”.
Und dieser wird dann eines guten Tages wiederkommen, um Gericht zu halten über “Lebende und Tote”! Keiner wird also diesem Gericht, welches auch als ein eindeutiges Strafgericht verstanden werden will, entkommen - das Tun und Lassen eines jeden einzelnen Menschen, welcher im Laufe der Menschheitsgeschichte je gelebt hat, wird dann ohne falsche Rücksichten (“im Feuer”) vor dem Richterstuhl Gottes ausgebreitet. Dann wird aber auch das endgültige Wort über “die Welt” und den Teufel gesprochen, der sich verschlagenerweise die Rechte und die Stellung Gottes anmaßen wollte. Und in gewisser Weise wird dieses Gericht nun vorweggenommen, indem nun dieser Widersacher Gottes und der Feind des Menschengeschlechtes ausdrücklich beschworen wird, von der Kreatur des Wassers zu weichen, damit sich Gott ihrer bei der Verbreitung Seines Segens bedienen kann!
Ebenfalls erinnern uns die ernsten Worte des Exorzismus daran, dass “unser Kampf (letztendlich - Anm.) ja nicht Fleisch und Blut gilt, sondern den Mächten und Gewalten, den finsteren Weltherrschern und den bösen Geistern in den Himmelshöhen” (Eph 6,12). Wer diesen Einfluss der bösen Geister auf uns verharmlosen oder sogar wie auch immer leugnen wollte, würde naiv sein und somit dem betreffenden Feind freiwillig und fahrlässig einen ziemlichen Vorteil einräumen. Denn wer den Teufel nicht ernst genug nimmt, übersieht und erliegt dann umso eher dessen hinterlistigen Schlingen.
So ermahnt uns auch derselbe Apostel Paulus entsprechend: “Seid stark im Herrn durch Seine mächtige Kraft. Legt die Waffenrüstung Gottes an, damit ihr den Ränken des Teufels widerstehen könnt. ... Nur so könnt ihr am bösen Tag Widerstand leisten, alles niederkämpfen und das Feld behaupten” (Kol 1,10f. 13). Zwar “hat Er uns der Gewalt der Finsternis entrissen und in das Reich Seines geliebten Sohnes versetzt” (Kol 1,13), aber wir können diese Gnade natürlich auch wieder verspielen, wenn wir nicht genug Mühe an den Tag legen. Und bei dieser Bemühung möge uns auch das Sakramentale des Weihwassers behilflich sein!
d) In Analogie zum Salz erhält nach der übernatürlichen “Reinigung” im Exorzismus nun auch das Wasser gewissermaßen seine positive Segenskraft. Das entsprechende Formular des überlieferten Rituale Romanum lautet: “Lasset uns beten! O Gott, Du hast zum Heil des Menschengeschlechtes gerade die größten Sakramente auf die Wesenheit des Wassers gegründet; begleite also unser Gebet mit Deiner Hilfe und flöße diesem Element, das bestimmt ist zu vielerlei Reinigungen, die Kraft Deines Segens ✠ ein: möge dieses Dein Geschöpf Deinen Geheimnissen dienen und so die göttliche Gnadenwirkung empfangen, dass es die bösen Geister banne und Krankheiten fernhalte; was in den Wohnungen und in den Häusern der Gläubigen mit diesem Wasser besprengt wird, soll frei sein von jeder Unreinheit und bewahrt werden vor jedem Schaden; Pesthauch und schädliche Luft finde keinen Platz, fern bleibe jeder Anschlag des unsichtbaren Feindes, und was das Wohl der Bewohner oder ihre Ruhe bedroht, soll durch Besprengen mit diesem Wasser verscheucht werden, auf dass die Gesundheit, die wir durch die Anrufung Deines heiligen Namens erflehen, vor allen Gefahren geschützt sei. Durch Christus, unseren Herrn. (Antwort:) Amen.”
In Anspielung auf das Sakrament der Taufe, zu dessen gültigen Vollzug ja gerade das chemische Element Wasser unbedingt erforderlich ist, möge nun auch dieses zu Weihwasser bestimmte Wasser “die Kraft” des göttlichen “Segens” erhalten. Es möge eben “die bösen Geister bannen” und von uns jene “Krankheiten fernhalten”, welche nicht nach göttlichem Ratschluss zu unserem inneren Wachstum bestimmt sind und uns somit zu unserem Nutzen gereichen (werden), sondern sich in uns im folgenden zu einer Art Ursache für die Schwächung (geschweige denn für den ganzheitlichen Verlust!) von Glaube, Hoffnung und Liebe, der drei göttlichen Tugenden, auswirken.
Im folgenden beschreibt das Segensformular ausführlich und eindrucksvoll, welche Wirkung dem Weihwasser bei der Segnung von Häusern und den Wohnungen von Gläubigen zugeschrieben wird. Der Autor dieser Zeilen hatte auch schon einmal ein interessantes Erlebnis im Zusammenhang mit einer solchen Haussegnung. Vor etlichen Jahren ist er nämlich von Verwandten gebeten worden, sie in ihrem neuen Haus, in welchem sie bereits seit einigen Monaten lebten, zu besuchen und dieses unbedingt auch einzusegnen. Seitens der betreffenden Verwandten (eine Oma, deren Tochter und Enkelin) wurde ihm nämlich berichtet, sie hätten bei Nacht in ihrem Haus wiederholt seltsame Geräusche vernommen, die in ihnen einen Schrecken hervorriefen. Auch wenn man unter Umständen hätte annehmen können, dass die betreffende betagte Oma vielleicht deswegen etwas “gehört” hat, weil sie fast blind war, so muss festgestellt werden, dass weder deren Tochter (die damals unter 40 war) noch die junge Enkelin, die ja diese Geräusche gleichermaßen vernahmen, leichtgläubig oder von krankhaftem Gemüt waren (und sind). Was auch immer die Ursache für diese Geräusche war, jedenfalls wurde dem betreffenden Priester einige Wochen später berichtet, sie seien nach der Hauseinsegnung von den betreffenden Personen kein einziges Mal mehr zu hören gewesen!
e) Dann streut der Priester dreimal das Salz in Kreuzesform ins Wasser und spricht einmal: “Die Vermischung von Salz und Wasser geschehe im Namen des Vaters ✠ und des Sohnes ✠ und des Heiligen ✠ Geistes. (Antwort:) Amen.” Damit wird hier sowohl die teufelabweisende Kraft als auch die segenbringende Wirkung des Salzes gewissermaßen mit denen des Wassers verbunden, gebündelt und vereinigt! Außerdem wird dadurch von der Kirche erneut bezeugt, dass der Dreifaltige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, letztendlich die Ursache und das Kreuz Christi, Sein stellvertretendes Leiden und Sterben, die einzige Quelle eines jeglichen Heiles für Leib und Seele des Menschen ist.
Abgeschlossen wird die Weihwasserweihe mit einem etwas längeren und vor allem sehr schönen Gebet, welches fast schon als ein feierlicher Hymnus auf die göttliche Barmherzigkeit angesehen werden kann. Zunächst die Einleitung: “Der Herr sei mit euch. (Antwort:) Und mit deinem Geiste.” Und dann: “Lasset uns beten! O Gott, Du Quelle unüberwindlicher Kraft und König unüberwindlicher Macht, Du immer erhabener Sieger! Du vernichtest die Kräfte der feindlichen Gewalt, überwindest die Wut des brüllenden Feindes, bezwingst die Bosheit des Gegners mit mächtiger Hand; zu Dir, o Herr, flehen wir also, demütig bittend und zitternd: blicke gnädig auf diese Geschöpfe des Salzes und des Wassers, verherrliche sie durch Deine Güte, heilige sie durch den Tau Deiner Gnade; wo sie ausgesprengt werden, möge durch die Anrufung Deines heiligen Namens jede Feindseligkeit des unreinen Geistes abgewendet, der Schrecken der giftigen Schlange verjagt werden, und der Beistand des Heiligen Geistes helfe uns überall, wo wir Deine Barmherzigkeit anflehen. Durch unseren Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn; denn Er lebt und herrscht mit Dir in der Einheit des Heiligen Geistes als Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. (Antwort:) Amen.”
Und erst jetzt haben wir es hiermit mit dem Weihwasser im eigentlichen Sinne des Wortes zu tun. Im Rituale Romanum wird abschließend darauf verwiesen, dass die Gläubigen von diesem geweihten Wasser in Gefäßen nach Hause nehmen können, “um damit Kranke, Häuser, Felder, Weingärten und anderes zu besprengen, und es in ihren Zimmern zu haben, um sich damit täglich und öfters zu besprengen”. Nutzen also auch wir dieses Weihwasser gläubigen Sinnes als ein uns von der Kirche geschenktes gottgefälliges und wirksames Sakramentale.

P. Eugen Rissling

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